Bewertung: 4 / 5
Je weniger man weiß, desto mehr Spaß und Spannung verspricht Get Out. Was zu Beginn als heile Welt dargestellt wird, entpuppt sich mit jeder Szene als vorgetäuschte Fassade, bei der nichts ist wie es scheint. Jordan Peele liefert nicht nur einen der besten Horrorthriller der letzten Jahre ab, er verbindet es auch noch geschickt mit einer absolut gelungenen Gesellschaftskritik. Dabei dürfte dieser Film auch von mehrmaligem Anschauen profitieren, denn die vielen im Film versteckten Anspielungen wird man wohl erst beim zweiten Mal herausfinden.
Get Out Kritik
Der erste Besuch bei den Schwiegereltern steht für Chris (Daniel Kaluuya) an und eigentlich ist das kein Problem. Zwar macht er sich Gedanken darüber, dass er schwarz ist, aber seine Freundin Rose (Allison Williams) macht deutlich, dass er ganz entspannt sein könne, denn ihre Eltern seien tolerant und ihr Vater hätte sogar ein drittes Mal für Obama gestimmt, wenn es denn möglich gewesen wäre! Doch kaum kommen Rose und Chris an, reihen sich auf einmal merkwürdige Ereignisse aneinander. Zuerst macht sich Chris darüber keine Gedanken, aber als dann auch noch eine große Familienfeier auf dem Programm steht, bröckelt nach und nach die Fassade und auf einmal fühlt er sich gar nicht mehr wohl in seiner Haut bei so vielen Weißen... Was geht hier vor?!
Trailer zu Get Out
Gute Filme müssen nicht teuer sein. Auch wenn das Horrorgenre für viele wirklich schlechte Filme verantwortlich ist, so ist es ebenso für viele wegweisende Filme bekannt, die oft mit wenig Geld, aber einer cleveren Idee entstanden sind. Saw kostete nur 1,2 Mio. $, Blair Witch Project sogar nur 60.000 $ und auch Get Out reiht sich mit 4,5 Mio. $ in diese Reihe ein. Mit Einnahmen von über 170 Mio. $ wurde der Film in den USA bereits zu einem vollen Erfolg, wobei Horrorfilm hier doch zu kurz greift, denn das, was Regisseur Jordan Peele mit seinem Regiedebüt abliefert, ist viel mehr. Es ist ein Spiegel unserer Gesellschaft, verpackt als sozialer Thriller.
Mit Schwiegereltern hat man es nicht leicht, etwas, was sicherlich viele in ihrem Leben am eigenen Leib erleben und schon in vielen Filmen als Storyidee herhalten musste. Dabei ist der erste Besuch immer der schwerste und das musste nicht nur Ben Stiller in Meine Braut, ihr Vater und ich auf die harte Tour erfahren. Doch gegen das, was Daniel Kaluuya in diesem Film durchmachen muss, hatte Ben Stiller Ferien auf einer Farm. Ein Schwarzer und viele Weiße, die weißer nicht sein können und sich doch immer wieder als so tolerant geben.
Genaugenommen erfindet Get Out das Rad nicht neu, doch das, was der Film macht, macht er hervorragend. Die Darsteller füllen ihre Rollen gut aus, die Geschichte besitzt genug Elemente, mit denen jeder irgendwie bereits Erfahrungen sammeln durfte und gerade der Zusammenprall von Schwarz/Weiß gibt hier die nötige Würze. Doch auch wenn die schwelenden Rassismusprobleme in der westlichen Welt einen wichtigen Beitrag zu diesem Film leisten, verzichtet Regisseur Jordan Peele auf den erhobenen Zeigefinger. Stattdessen baut er sie versteckt, aber dennoch gut sichtbar in viele Szenen ein.
Es ist dabei wirklich schwer, Get Out in eine Schublade zu stecken, Horror hier, Thriller dort, Sozialkritik immer mal wieder, und doch bekommt der Film immer wieder die Kurve und lockert die Szenerie mit absurden Momenten auf, manchmal subtil, manchmal gespickt mit Schwarzem Humor. Selbst der Showdown in den letzten 15 Minuten ist davor nicht sicher. Zwar driftet dieser kurzfristig zu sehr ins Horrorgenreklischee ab, kriegt sich dann aber glücklicherweise wieder ein.
Get Out ist ein Film, den man sich auf keinem Fall im Kino entgehen lassen sollte. Auch wenn 70% des finalen Plottwists recht früh erahnt werden können, ist das geschickte Spiel mit Erwartungen, gesellschaftlichen Ressentiments und Vorurteilen ein Paradebeispiel für einen guten Horrorthriller. Jordan Peele hat wirklich ein sehr gutes Regiedebüt abgeliefert, welches wir nur wärmstens empfehlen können. Wir sind übrigens der Meinung, der Trailer verrät einmal mehr viel zu viel. Wer das Maximum aus Get Out rausholen will, sich aber trotzdem unsicher ist, sollte den Trailer also nach der Hälfte ausschalten. So steigt das Spannungspotential noch einmal deutlich.