Bewertung: 4 / 5
Hacksaw Ridge - Die Entscheidung ist ein intensives Filmerlebnis, das man auch von Mel Gibson nicht anders gewohnt ist. Sowohl als Darsteller als auch Regisseur zeigt er vollsten Einsatz und das sieht man dem Schauspiel, allen voran Andrew Garfield, auch an. Dabei ist Hacksaw Ridge ein ebenso mächtiger Antikriegsfilm wie viele seiner Vorgänger, denn Gibson scheut sich nicht, auch dem Publikum viel abzuverlangen. Die aus dramaturgischen Gründen teils abgeänderten Fakten um Desmond Doss sind kein Manko, jedoch wäre Hacksaw Ridge noch ergreifender, hätten auch einige seiner Mitstreiter bzw. die Gegner mehr Kontur bekommen.
Hacksaw Ridge Kritik
Es dauerte einige Jahre, bis Mel Gibson die öffentliche Marter und Regiepause überstanden hat und so präsentiert er uns mit Hacksaw Ridge - Die Entscheidung sein neues Werk, ganze zehn Jahre nach seinem letzten Film Apocalypto. Wie so oft wagt er sich dabei nicht an leicht zugängliche Stoffe und so werden wir mit aller Wucht in einen Schauplatz des Zweiten Weltkriegs geschleudert und erleben das Leiden der Protagonisten hautnah mit. Gibson wählte dafür den Veteranen Desmond Doss, der im Jahr 1942 bei der Schlacht um Okinawa als Sanitäter um die 75 verwundeten Kameraden unter Einsatz seines Lebens rettete. Der Filmtitel ergibt sich dabei aus einem Spitznamen, den man für das unzugängliche Gelände um Okinawa gefunden hatte: Die dort aufragende ca. 110 Meter hohe Steilwand wurde aufgrund der starken japanischen Defensive und ihrer hochgradig tödlichen Fallen im übertragenen Sinne "Sägegrad" genannt, weil alles niedergesägt bzw. gemäht wurde.
Trailer zu Hacksaw Ridge - Die Entscheidung
Doss wird im Film von Andrew Garfield dargestellt, der die sensible und notgedrungen kämpferische Seite des US-Soldaten äußerst eindringlich darstellt. Als überzeugter Christ und Pazifist werden ihm von Beginn an Steine in den Weg gelegt, denn wozu soll ein Soldat (wenn auch Sanitäter) gut sein, wenn er sich weigert, im Krieg eine Waffe in die Hand zu nehmen?! Doch Doss geht unbeirrt seinen Weg und wird so zum Retter in der Not, als niemand an seine Stärke geglaubt hat, womöglich am wenigsten er selbst. Es ist wahrlich beeindruckend, wie selbstlos der junge Mann einst handelte und Hacksaw Ridge schafft es, besonders starke Momente auch durch die passende musikalische Untermalung noch zu steigern.
Dabei ist Hacksaw Ridge - Die Entscheidung wie zu erwarten kein Film für zwischendurch, denn die Kampfszenen sind überaus brutal und realistisch gezeichnet. Gibson legte offenbar sehr viel Wert darauf, die Leistung von Doss zu würdigen, denn man fragt sich nicht nur einmal, wie man sich selbst in solch einer dramatischen Situation verhalten würde. Abgerundet wird das Ensemble von Darstellern, die teils ebenso überragend spielen, allen voran Hugo Weaving als Desmonds Vater. Mit Sam Worthington, Vince Vaughn und dem frühen Gegner, später aber Kumpel Smitty Ryker (Luke Bracey) ist Hacksaw Ridge solide besetzt, wobei Worthington schauspielerisch gereift ist, Vaughn aber weiter eine humoristische Note innehat, die es etwas schwer macht, ihn in der Rolle als Sergeant Howell zu akzeptieren. Was man Gibson dagegen etwas zum Vorwurf machen kann, ist die fehlende Konturenzeichnung der Kameraden. So stark Garfield präsent ist, so wenig erfährt man über die Mitstreiter und hier hätte der Film noch intensiver mitreißen können. Sicherlich ist es schwer, in 131 Minuten allem gerecht zu werden, jedoch sind stets die menschlichen Schicksale der Punkt, der aus einem Kriegsfilm einen Antikriegsfilm macht.
Dramaturgisch einige Freiheiten herausnehmend, ist Hacksaw Ridge - Die Entscheidung nicht in voller Konsequenz akkurat, was so einige Details aus Doss' Leben betrifft. Die Gerichtsszene wegen Kriegsdienstverweigerung ist erfunden, ebenso wurde er mitnichten direkt als Neuling in der Schlacht um Okinawa eingesetzt. Dieser Kampschauplatz erhält mit dieser Entscheidung aber umso mehr Relevanz. Korrigiert uns, aber warum die Japaner den offensichtlichen Vorteil nach dem Rückschlagen der US-Amerikaner so leichtfertig aus der Hand gaben und den Zugang an der Steilwand nicht unzugänglich machten, das erschließt sich nicht. Die Kriegsschiffe schossen nicht 24/7 und hier fragt man sich, ob die Autoren etwas übersehen haben oder die Verteidigung einst vielleicht suboptimal war.
Abschließend bleibt festzuhalten, dass sich Hacksaw Ridge würdig neben anderen Antikriegsfilmen einreiht und sich nicht scheut, äußerst brutal die Schrecken des Zweiten Weltkriegs offenzulegen. Einerseits können die Aussagen des (echten) tiefgläubigen Doss auf den einen oder anderen befremdlich wirken, doch andererseits sind seine Tapferkeit und Vehemenz, mit der er durchs Leben ging und zig Kameraden das Leben rettete, davon unabhängig überaus bewundernswert. Er war der erste Soldat, der als Kriegsdienstverweigerer die Medal of Honor erhielt - und das ohne je eine Kugel im Krieg abgefeuert zu haben.