Bewertung: 4 / 5
Als "Kundenberater" kümmert sich Mr. May bei der Londoner Stadtverwaltung um Verstorbene, die keine Verwandten haben und deren Bestattung in die Verantwortung der Stadt fällt. Doch für den zurückhaltenden und unauffällig wirkenden Mann ist dieser Job mehr als nur tägliche Pflicht. Und so versucht er immer wieder, doch noch Hinterbliebene aufzuspüren, bewahrt persönliche Habseligkeiten auf und schreibt sogar Trauerreden für Beerdigungen, bei denen er oft der einzige Trauernde ist. Als er erfährt, dass sein Job wegrationalisiert werden soll, beschließt er, seinen letzten "Fall" unbedingt erfolgreich zu Ende zu bringen. Und je eifriger er sich auf Spurensuche in der Vergangenheit des Verstorbenen begibt, desto mehr beginnt Mr. May zu begreifen, dass das Leben auch für ihn kleine Überraschungen bereit hält...
Der Held in Uberto Pasolinis Mr. May und das Flüstern der Ewigkeit könnte nicht unauffälliger sein. Und doch ist das, was er leistet, etwas ganz Großes. Noch in den kleinsten Details, Blicken und Handlungen zeigt sich sein Respekt gegenüber allen Menschen, ob tot oder lebendig, auch wenn er damit ziemlich alleine dasteht. Und so ist der Film auch eine Zustandsbeschreibung unserer Gesellschaft, die in ihrer kalten Anonymität keinen Blick mehr für die Menschen in unserer nächsten Umgebung zulässt.
Trailer zu Mr. May und das Flüstern der Ewigkeit
In seiner Bildsprache und den Szenen, die oft mit wenig Dialog auskommen, entwickelt der Film seinen ganz eigenen langsamen Erzählrhythmus, zeigt Mr. Mays Alltag als etwas klar Durchstrukturiertes. Nur in kleinen Schritten erfolgt die Verwandlung, als Mr. May seine "Wohlfühlzone" verlässt und auf ungewohnten Pfaden wandert, den Kontakt mit anderen Menschen sucht. Da leuchtet sein Gesicht plötzlich und es wirkt, als würde das Leben in ihn eindringen. Dies glaubhaft und anrührend zu verkörpern, ist die großartige Leistung von Hauptdarsteller Eddie Marsan. Sein Mr. May ist ein tragischer Held, in dessen Gesicht so viel Güte und zurückgenommene Traurigkeit zu spüren ist, dass der Zuschauer ihn sofort ins Herz schließt. Uberto Pasolini ist ein wunderbar zarter Film gelungen über die Traurigkeit des Todes und die Schönheit des Lebens.
Ein wunderbares Drehbuch war Grundlage für die Gestaltung eindrucksvoller Szenen, welche mit sparsamen, aber zugleich stimmigen Dialogen auskommen und dem Grundtenor der Inszenierungskunst von Pasolini entsprechen. Eine sehr subtile Kamera beobachtet liebevoll viele Details, besonders auch beim Blick in die verlassenen Wohnungen der Verstorbenen, ohne voyeuristisch zu sein. Ein Lob gilt dabei auch dem Szenenbild, der Ausstattung und den Kostümbildnern. Das schöne Musikkonzept unterstreicht noch die liebevolle Grundstimmung dieses Filmjuwels, dessen berührende Geschichte dem Zuschauer auch emotionalen Zugang gewährt.
Prädikat: besonders wertvoll
Quelle: Deutsche Film- und Medienbewertung