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Kritik: Magnolia von luhp92

luhp92 | 27.05.2017

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2 Kommentare
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eli4s : : Moviejones-Fan
27.05.2017 19:11 Uhr | Editiert am 27.05.2017 - 19:12 Uhr
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Dabei seit: 22.02.12 | Posts: 2.702 | Reviews: 31 | Hüte: 115

mögliche Spoiler


Ich war ja schon gespannt auf deine Reaktion und natürlich muss ich darauf eingehen und den Film verteidigen smile. Finde es schade, dass dir der Film nicht noch mehr zugesagt hat. Zunächst - vielleicht solltest du es noch mit Boogie Nights versuchen, wenn du es noch nicht getan hast, sicher Andersons eingängigster Film. "The Master" und "Inherent Vice" würde ich dann eher meiden. Noch deutlich weniger zugänglich.

Vielleicht hättest du dir und dem Film mehr Zeit geben müssen, wie du auch an einer Stelle sagst. Er ist ziemlich umfangreich, sowohl formal als auch inhaltlich, was deine Kritik nur bedingt wiedergibt. (Aus Wikipedia zitieren halte ich ganz nebenbei und unabhängig vom Film für nicht ratsam).

zu deinen Hauptkritikpunkten:

dass du dich im Mittelteil etwas durchkämpfen musstest, kann ich gut nachvollziehen. Bei drei Stunden und acht parallelen Handlungssträngen finde ich es eher erstaunlich wie der Film einen bei der Stange hält, muss er doch ständig hin und her wechseln, was natürlich zwangsweise erstmal etwas entschleunigt, dafür aber in der Summe nachher umso stärker. Da Anderson so ein starkes Händchen für Figuren und unzählige starke Themen hat, empfand ich dabei zu keiner Zeit Langeweile. Der lange und durchaus angebrachte Aufbau zahlt sich in jeder Hinsicht dramatisch aus. Im wahrsten Sinne eine Ruhe vor dem Sturm. Merkt man auch stark im Rhythmus des Schnitts. Das letzte Drittel des Films ist eigentlich eine emotionale Explosion/Implosion nach der anderen.

Was ich gar nicht nachvollziehen kann, ist die Kritik einer "comichaften" Inszenierung. Abgesehen vom Prolog, der ja von der Absurdität seiner Geschichten lebt, bei denen es sich ja um Legenden handelt und damit eine spielerische Inszenierung durchaus rechtfertigen, sehe ich da nicht viel "comichaftes" darin. Vielmehr eine rasante kleinformatige Illustration einiger Aspekte des Films, in dem gerade die unglaublichen Details als solche herausgestellt werden. Im Rest des Films sehe davon nichts. Überhaupt ist Anderson (in all seinen Filmen) sehr überlegt und versiert, was seine Inszenierungen angeht und hat dabei stets den Fokus auf den Figuren.

Für seine langen Trackingshots ist Anderson bekannt, auch das hat für mich nichts mit Comichaftigkeit oder übertriebener Inszenierung zu tun. Gerade die lange Eröffnungsfahrt ist keineswegs Selbstzweck, vielmehr ist sie eine sehr elegante Möglichkeit die Figuren und Geschichte in ihrer räumlichen und zeitlichen Nähe zu zeigen und zu etablieren und die "labyrinth-artigen" Verknüpfungen darzustellen.
Unnötigkeit kann ich da keine finden.

Zur Tonspur. Es gibt keine asynchrone Tonspur oder was du da meinen könntest. Kann mich nicht entsinnen. Das muss ein Fehler gewesen sein.


Auch den Punkt der Esoterik finde ich nicht haltbar.

Der Plot ist bis auf die eine Szene zum Ende (wie alle seine Filme) sehr humanistisch angelegt. Im narrativen Sinn ist es der Deus Ex Machina, ja. Aber ein religiöses Zugeständnis an eine höhere Macht - die natürlich aufgrund der Bibelreferenz, die Anderson aber anfangs gar nicht im Kopf hatte - ist hier nicht beziehungsweise nicht per se oder als feststehend herauszulesen. Auch wenn man Andersons Oeuvre betrachtet sieht man keinerlei Hinweise (anders als zB bei Inarritu, der auch abseits des Screens offen über seinen Glauben an das Überirrdische redet), dass Anderson an eine höhere Macht glaubt, oder daran interessiert ist, diese zu etablieren. Vielmehr äußert er sich, wenn das Thema Gott/Überirrdisches mal auftaucht (zB bei There will be blood) sehr kritisch und ambivalent dazu, wenn nicht gar nihilistisch. Darum geht es bei der Szene meiner Meinung nach auch nicht. Liegt auch in der Beliebigkeit und der Beiläufigkeit auch gar nicht so nahe. Von daher finde ich es falsch, wenn du behauptest, der Film würde das eindeutig so präsentieren. Keineswegs.
Vielmehr sehe ich das Ereignis als narratives Statement, das den Zufall ganz im Sinne der Thematik instrumentalisiert, um die Absurdität des menschlichen Seins im ganzen zu unterstreichen. Manchmal lassen sich Dinge eben nicht vorhersehen. Manchmal muss etwas Unfassbares passieren, um Menschen aus ihrer Lethargie zu rütteln. Manchmal hat man die Dinge nicht in der eigenen Hand und es kommt alles nicht so, wie man es denkt- ganz egal wie sehr man sich anstrengt. Ich denke, das ist das Leben, die "human condition", Sinnsuche. So unglaublich es scheinbar ist. Ich denke, darum gehts.

Gesangsszenen sind ja immer schwierig... Dennoch auch hier finde ich es voreilig, diese als albern abzutun. Sie verbindet die Figuren und das zu einem ganz bestimmten und wichtigen Zeitpunkt, nämlich an ihrem Tiefpunkt. Kündigt außerdem einen narrativen Bruch an. Auch ein schönes Lied. Überhaupt spielt die Musik eine große Rolle für die Erzählung, nicht nur in dieser Szene. (Über den Film bin ich auch auf die Sängerin gestoßen, Aimee Mann. Hat nebenbei bemerkt ein paar wirklich schöne Lieder auch abseits des Soundtracks).

Dass die Konflikte nicht überwunden sind, ist schlicht nicht richtig. In manchen Fällen wird den Figuren eine Katharsis verwehrt, in anderen schon. Zentral sind ja die kaputten Beziehungen und hier tut sich sehr viel. Tom Cruise Figur Frank definitiv. Donnie merkt, wie dämlich seine Handlungen waren und bereut es und akzeptiert sein "Schicksal". Ihm wird vergeben.
Stanley setzt sich endlich zur Wehr und steht für sich selbst ein. Claudia lacht zum ersten Mal wieder und kommt mit Jim zusammen, nachdem sie eigentlich jede Hoffnung in zwischenmenschliche Beziehungen aufgegeben hatte.

Die letzte Einstellung ist vielleicht meine Lieblingsszene überhaupt. Ich finde der Film ist ein kleines Wunder, mit dem ich auch persönlich sehr viel anfangen kann - weshalb ich ihn ja so sehr mag.

MJ-Pat
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luhp92 : : BOTman Begins
27.05.2017 19:34 Uhr
0
Dabei seit: 16.11.11 | Posts: 17.378 | Reviews: 180 | Hüte: 634

Da gleich ein Freund zum Fußball Schauen vorbeikommt und ich noch was essen muss, habe ich aktuell keine Zeit für eine Antwort.

Hier aber schon mal der Link zu meinem Boogie Nights Kommentar, der allerdings mehr als Werbung für deine Kritik fungiert und weniger als eigenständiger Kommentar^^

"Dit is einfach kleinlich, weeste? Kleinjeld macht kleinlich, Alter. Dieset Rechnen und Feilschen und Anjebote lesen, Flaschenpfand, weeste? Dit schlägt dir einfach auf de Seele."

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