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Blade Runner 2049

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Komplettiert das Original, aber sonst?

Blade Runner 2049 Kritik

Blade Runner 2049 Kritik
3 Kommentare - 13.10.2017 von MobyDick
In dieser Userkritik verrät euch MobyDick, wie gut "Blade Runner 2049" ist.
Blade Runner 2049

Bewertung: 4.5 / 5

Vorab einmal ein paar Sachen, damit Ihr das Gelesene einordnen könnt: Ich habe weitgehend darauf verzichtet mich über den neuen Film zu informieren, habe auch jegliche Reviews gemieden. Dann habe ich mir den alten Film kurz vorher nochmal reingepfiffen. Ich war nie ein großer Fan des Filmes, sicher rein auf Filmliebhaber-Ebene kann ich nicht umhin, ihm wirklich vorhandene Klasse zu attestieren, aber emotional hat er mich nie so gepackt, wie er viele andere meines Alters oder noch älter wohl beeinflusst zu haben scheint. Hierzu habe ich auch eine Kritik verfasst, wofür ich wegen meinem Schreibstil angegangen wurde. Nun denn, ich bin zwar der Meinung, dass ich mich für meinen Stil bei Niemandem entschuldigen muss, aber um alle Beteiligten zu beruhigen: Beim neuen Film gibt es keine solche Angriffsfläche für solche kleinen von mir lustig gemeinten (von einigen vulgär empfundenen) Spitzen. Um es vorweg zu nehmen: Der neue Blade Runner ist richtig gut. Er ist richtig, RICHTIG gut. Soweit zum Prolog, auf ans Eingemachte.

Da es wirklich sinnvoll ist, dass der Zuschauer überhaupt nichts über den Film weiss, wenn er ins Kino geht, gehe ich erst gar nicht auf die Handlung ein. Das ist zwar ein Novum für eine Rezension, die ich schreibe, aber ich denke, man kann den Film trotzdem lang und ausgiebig diskutieren. Und zwar in erster Linie auch als Vergleich mit dem ersten Teil.

Trailer zu Blade Runner 2049

Ich will es nicht beschreien, aber BR 2049 gehört jetzt schon in die Klassifizierungen der Fortsetzungen wie Dark Knight zu Batman Begins, Der Pate 2 zu Der Pate, Das Imperium schlägt zurück zu Star Wars, und mit Abstrichen Terminator 2 zu Terminator (wobei das für mich eher ein Remake ist); kurz er ist eine der besten Fortsetzungen aller Zeiten. Wie kommt das zustande?

Es liegt sicherlich nicht an der Story, das muss hier leider schon gesagt werden. Wer die letzten Jahr(zehnt)e auch nur ein bißchen Science-Fiction gesehen und gelesen hat, wird keine, aber auch wirklich KEINE Überraschung erleben. Jeder, der das behauptet, ist entweder zu jung oder ein halbwegs unbeschriebenes Blatt in diesem Genre. Fast jede Entwicklung und fast jeder Twist kündigt sich schon von Weitem an. Die Entwicklung aller Charaktere verläuft im Prinzip genau in den Bahnen, wie man es erwarten würde, der Platz, an dem die Charaktere (künstlich oder nicht)zum Ende des Filmes gelangen, ist immer ungefähr da, wo man es erwarten würde. Die Bösewichter (vor allem Jared Letos Charakter ist bewusst charismatisch, schräg, vage gehalten) sind genau solche Abziehbilder der Bösewichter, wie man sie mittlerweile aus unzähligen Anime, vom alten Blade Runner inspirierten Filmen oder woher auch immer kennt. Als Beispiele sind hier nur mal kurz Equilibrium oder Battlestar Galactica (die neue Serie) eingestreut, wenn man genauer darüber nachdenkt, wird es sicherlich noch weitere Streifen geben. Auch die vorgegaukelte Tiefe mit den Tränen bei einer Figur ist nicht wirklich neu. ABER, der Film, auch wenn er nichts wirklich Neues von sich gibt, verbindet alle Elemente so zu einem voluminösen großen Ganzen, dass einfach alles passt. Ich möchte jetzt nicht unbedingt "Lieber sehr gut geborgt als schlecht erfunden" sagen, aber es geht ein bißchen in diese Richtung. Er ist so rund und perfekt orchestriert, wie ich es ehrlich gesagt, so höchstens bei Park Chan Wooks Lady Vengeance (ich weiss: anderes Thema) bisher gesehen habe.

Auch ist hilfreich, dass er thematisch und inhaltlich den Mumm hat, all die Themen, die im ersten Teil nur angedeutet oder gar der eigenen Inspiration überliessen, anzusprechen und zu hinterfragen. Einer meiner größten Kritikpunkte beim ersten Teil: Dass hier tatsächlich systematisch angeordneter Mord stattfindet und wie die Beteiligten damit klarkommen, ist hier ganz klar ein zentrales Element.

All das macht einen wirklich guten Film aus, doch wie wird dieser Film nun überdurchschnittlich gut, was macht ihn so hervorragend? Fangen wir mal bei den technischen Aspekten an: Schnitt, Ausstattung, Konzeption and Arrangierung der Bilder sind eine Wucht. Die Musik ist bombastisch orchestral. Im Vergleich zum ersten Teil wird dann dennoch sofort (von der ersten Einstellung an sofort) deutlich, dass sich 2049 deutlich unterscheidet: Vangelis Musik war allgegenwärtig, bis zur Penetranz und darüber hinaus, auch sehr diffus, so dass er einen verstörenden Beigeschmack verströmte. Hier ist es auch mal still, die Musik wird nie verstörend oder verstärkt selten den klaustrophobischen Eindruck. Auch ist der neue Film nie so pickepackevoll wie der alte Film es war. Selbst in engsten Bereichen hat man nie ein beengendes Gefühl, dafür ist alles zu "groß und nicht beengt". Der Schnitt beeindruckend, aber auch hier im krassen Gegensatz zum alten BR, der bewußt hektischer geschnitten war, um ein Gefühl der orientierungslosigkeit zu erzeugen. Insofern grenzt er sich bewußt vom alten Film ab, wird was völlig eigenes, und dennoch komplementär zum alten Film.

Denn: Er stellt genau die Fragen, die den alten Film so reizvoll machten, noch einmal, er macht genau die Andeutungen, die der erste Teil auch machte, er spricht genau das aus, was die vielen Fans seit Jahren sagen, nur um diese Fragen wieder nicht zu 100% zu beantworten. So wird zum Beispiel Olmos Charakter kurz reaktiviert und seine Beziehung zu Fords Charakter wird nun geklärt. War dies nötig? Nein, sicher nicht. Ist es trotzdem schön, solche Fragen zu klären. Geschmackssache. Was aber unglaublich effizient an dieser Heangehensweise ist, ist dass uns vor Augen geführt wird, wie überragend inhaltlich der erste Teil war (für mich eher: hätte sein können, wenn besser umgesetzt) und welche Themen dort auch schon thematisiert wurden (wenn auch nur andeutungsweise). BR 2049 macht also auch hier alles richtig, indem er den alten Film nicht kopiert, sondern fortführt, und ihn sogar derart ergänzt, so dass der alte Film "plötzlich" noch ein bißchen größer (überlebensgroß) erscheint und nun doch noch besser wirkt. Das ist auf der einen Seite wirklich großartig, aber auch ein bißchen schade, denn so wird mir vor Augen geführt, dass da tatsächlich mindestens ein bißchen Potential damals verschenkt wurde.

Die Größe des alten Films wird auch dadurch verstärkt, dass Harrison Ford tatsächlich eine der stärksten Leistungen seine Karriere hinlegt. Ein bißchen wirkt es auf mich so, als würde er mit aller Kraft seine Interpretation des Charakters gegenüber der mittlerweile etablierten Meinung verteidigen wollen. Ich persönlich finde diese nach wie vor ambivalente Haltung gegenüber Dekker sehr angemessen, was seinen Charakter plötzlich zu einer der interessantesten Figuren des ganzen Films macht. Dies war für mich zumindest im ersten Teil ein großer Schwachpunkt gewesen: Dekker war obwohl Dreh- und Angelpunkt des Films immer sehr passiv gewesen (wie so üblich bei Scotts männlichen Protagonisten: Gladiator, Königreich der Himmel usw.), obwohl er ja doch aktiv war, und man bekam kaum was von seinem Innenleben mit. Hier ist der Charakter immer noch derselbe, das ist ganz klar, aber deutlich greifbarer. Das trifft ja wie oben beschrieben auf die meisten Charaktere zu. Vor allem Ryan Goslings Charakter ist komplett greifbar und auch komplett erzählt, mit all seinen tragischen Nuancen, welche zwar auf der einen Seite alle meilenweit gegen den Wind zu riechen sind, aber nichts von ihrer Wirkung verlieren.

Villeneuve weiss genau wie Scott, wie Opulenz optisch dargeboten wird, aber im Gegensatz zu Scott weiß er auch immer genau, wie man etwas präsentieren muss, damit es sowohl intelligent als auch massenkompatibel rüber kommt. Wenn es derzeit einen Regisseur gibt, dem ich sowohl eine Neuverfilmung/ adäquate Verfilmung von Dune oder Akira zutraue, dann ihm! Und ich denke, dass ist eine Ansage!

Also dann, zum Fazit: BR 2049 komplettiert und erweitert BR auf so beeidnruckende Weise, dass er eine der besten Fortsetzungen aller Zeiten ist. Er vollbringt das Kunststück, sich selbst großartig zu präsentieren, und den ersten Teil nachträglich zu verbessern. Er ist gleichzeitig intelligent, aber nicht abgehoben, massenkompatibel, weil sehr zugänglich und nicht sperrig wie der erste Film, optisch und akkustisch sehr ansprechend, auf den Punkt besetzt (außer vielleicht Letos Charakter, aber der wurde wahrscheinlich nur für evtl. Fortsetzungen platziert), ist eine in sich geschlossene Story, bietet aber trotzdem genug Raum für Fortsetzungen. Alles in allem fast perfekt. Nun noch die Frage aller Fragen: Ist er besser als der erste Teil? Wie auch bei den anderen oben genannten Filmen wird es hier die eine oder andere Meinung zu geben. Ich persönlich muss zugeben, dass Blade Runner für mich der visuell und akustisch ästhetischere, überragendere Film war. Auch waren die Charaktere derart unzugänglich, dass das alles zur Mystifizierung des Filmes beitrug. Die allumfassende Bedrohung des ersten Teils und das Unbehagen, das man zu jeder Zeit hatte, kann auch nicht so ohne weiteres eingefangen werden. Und wenn ich jetzt die Verweise zum alten Film sehe, komme ich nicht umhin, die ganze Klasse des alten Films zu würdigen. Und umso mehr bedauere ich, wie Scott es einfach nicht gelungen ist, seine damalige Geschichte trotz aller Sperrigkeit runder zu gestalten, dann wäre der erste Teil ganz oben anzusiedeln. So aber: ich finde den ersten Teil tatsächlich besser, weil origineller, ästehtischer, bewerte aber den zweiten höher, da er einfach der zugänglichere Film ist.

9 Punkte (4.5 Hüte)

Blade Runner 2049 Bewertung
Bewertung des Films
910

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MobyDick : : Moviejones-Fan
14.10.2017 14:35 Uhr | Editiert am 14.10.2017 - 19:46 Uhr
0
Dabei seit: 29.10.13 | Posts: 7.688 | Reviews: 254 | Hüte: 620

Sully (das wird jetzt wirklich ein bißchen länger, aber ich hoffe, damit alle Fragen endgültig geklärt zu haben):

Es ist irgendwie ein bißchen wie verhext mit der BR Kritik: Mal wird mir nicht genügend Mühe oder Kenntniss unterstellt, dann wird da Vulgarität und Anfeindung gegenüber Scott herausgelesen, dann werden einzelne Passagen und Wörter auf die Waagschale gelegt und über verschiedene Posts diskutiert und schließlich kommst du und liest es komplett anders. Fast wirkt es mir so, als hätte mein Text genau so viele Deutungsebenen wie der Film selbst :-(

Fakt ist, dass ich tatsächlich, einen provokativen, mal leicht - mal gewichtiger gering wertschätzenden Ton im gesamten Review anschlage, das fängt ja schon in der sehr reißerischen Überschrift an. Dann beschreibe ich die Handlung in groben Zügen, und auch hier sage ich, dass es prinzipiell von der Aufmachung her auf dem ersten Blick nichts großartig anderes als eine Noir Story ist. Außerdem kritisiere ich den Schnitt und die zu aufdringliche Musik, sowie Scotts Inszenierungsstil, sowie die ach so schlaue Inszenierung. Insofern kann man es in der Tat wie einen Verriss interpretieren.

Auf der anderen Seite schreibe ich aber auch meines Erachtens ganz deutlich, dass es sich bei der Story um eine grundsolide Story handelt. Auch wenn ich das auf den ersten Blick herabwertend formuliere, dachte ich schon, dass ich deutlich mache, dass es an der Grundstory nichts auszusetzen gibt - lieber eine halbwegs abgedroschene Story sehr kompetent umgesetzt als eine völlig neuartige komplett in den Sand gesetzt. Und obwohl vom Grundgerüst eine typische Noir Story, ist die Handlung auch noch recht komplex, was aufwertend hinzu kommt.

Ich versuche auch im gesamten Review deutlich zu machen, dass ich den Ansatz des Films und die Durchführung durchaus für seiner Zeit um Jahre voraus halte und auch sehr gut, denn hier wird versucht, Kunst und Kommerz zu vereinen. Und er schafft es auch fast. Aber es gibt halt die paar gewichtigen Punkte, weshalb ich den Film zwar wertschätze, daher auch wirklich hoch bewerte, aber nicht so hoch, wie er es objektiver betrachtet evtl. verdienen würde, da er mir in seiner Inszenierung einfach nicht so sehr zusagt.

Zu den Kritikpunkten zählen die den Grundton des Filmes enorm unerstützenden Elemente wie die eigentlich überragende akkustische Untermalung, die aber an und zu übers Ziel hinaus schießt sowie der sehr abrupte Schnitt. Aber all dies fällt deutlich weniger ins Gewicht als die bewußt offen gelassenen Interpretationsmöglichkeiten seitens Scott, der das so weit treibt, dass ich es eher als ermüdend und von herab empfinde als reizvoll. Und da gehe ich auch hart mit ihm ins Gewicht und behaupte mal, dass er sich bildlich gesprochen einen auf seine Intelligenz runter holt, was zwar als vulgär empfunden wird, aber eigentlich will ich damit nur sagen, dass er sich selbst irgendwie seit Jahren für den Film beweihräuchert, gerade weil so viele verschiedene Deutungsmöglichkeiten vorhanden sind.

Ein Beispiel:

Fords Charakter wird angefordert, einen Test bzgl. der Funktionalität eines Gerätes durchzuführen, was zu seinem Kennenlernen mit Rachel führt. Hier die verschiedenen - in meinen Augen irgendwann immer abstruser werdenden - Deutungsmöglichkeiten, sowie meine Interpretation, natürlich ohne Anspruch auf Vollständigkeit:

1. Er soll tatsächlich nur das Gerät testen. Unwahrscheinlich.

2. Er soll Rachel testen, da Rachel nicht weiss, dass sie ein Replikant ist, wobei Tyrell sehen möchte, wie sie es merkt. Ein Fünkchen Wahrheit ist hier drin.

3. Tyrell möchte sehen, ob die besten Blade Runner erkennen können, ob Rachel ein Replikant ist, da sie ein neues Modell ist. Und er ist stolz auf seine Kreation, die sehr nah am Menschen ist, zudem hat sie ja kein Ablaufdatum. Wird sogar so im Film gesagt, also auch ein großer Funken Wahrheit dran.

4. Tyrell möchte Fords Charakter mit Rachel zusammen bringen, da beides Replikanten sind, es beide nicht wissen und er sehen möchte, ob beide sich ineinander verlieben, mit dem Vorwand des Falles im Hintergrund. Auch möglich, da Ford explizit angefordert wird, setzt aber voraus, dass man die Replikantentheorie mit Ford akzeptiert. Hierfür sprechen immer wieder dezent eingestreute Hinweise, die man aber auch anders interpretieren kann...

5. Ford ist einer der Flüchtigen, dem man die Erinnerung geraubt hat, damit er für die Corporation die Replikanten tötet, gleichzeitig soll er mit Rachel die nächste Vorhut der Replikanten sein. meines Erachtens kompletter Humbug: Er wird erst aktiviert, als ein anderer Blade Runner getötet wird. Er ist deutlich schwächer als die gejagten Replikanten. Auch spricht gegen diese Theorie, weil niemals gesagt wird, dass es nur 6 Replikanten gibt, sondern 6 Replikanten der Serie 6 (wenn ich mich nicht irre) geflohen sind, die es zu jagen gilt. Es gibt auf der Erde auch andere Replikanten, die, solange sie sich unterordnen, leben dürfen. Außerdem sagt Hauer ganz klar zu Hannah, dass sie nur noch zu zweit sind.

Und so geht es in einem Schwall weiter. Immer wieder gibt es mal wirklich subtile Hinweise und Deutungsmöglichkeiten, um dann 10 Sekunden später mit dem Dampfhammer irgendwas überdeutlich zu machen. Für mich ist das alles sehr unausgegoren, und reicht von sehr gut und intelligent bis halt Stilwichserei und Angeberei. Warum muß unbeidngt so überdeutlich die Einhornsituation geklärt werden, wenn es auch subtil den ganzen Film über angedeutet wurde. Scott hat hier einfach nicht das richtige Augenmass in keinerlei Hinsicht. Er spricht Gedanken und Ideen nur an, nur am dann was anderes zu zeigen. Für mich beispielsweise war es nie sonderlich interessant, ob Fords Charakter ein Replikant ist, sondern eher seine Motivation, denn da bleibt der Film sehr steril und sagt nichts aus, als diese Drohung, die ihn dazu bringt, weiter zu morden. Aber die wirklich interessante Frage, wie er damit umgeht, dass er normale Leute auf Befehl tötet, wird nicht angegangen. Wie ich darauf komme: Da Replikanten für ihn augenscheinlich auch nur Personen sind, was man an seiner Reaktion an Rachel erkennt, er versucht sie sogar zu trösten, als sie sich noch nicht gut genug kennen. Also sind es solche Fragen, und solche nach dem freien Willen, die nur angedeutet werden, sehr subtil (zB die kleinen Puppen bei diesem Puppenmacher mit Alterungskrankheit haben teilweise verzerrte Gesichtsausdrücke, was nach einem Zwang und Angst schreit)

Und jetzt kommen wir zum eigentlichen Fazit, was anscheinend nicht deutlich genug geworden ist: Hätte er dieses Augenmass, sowhl stilistisch (Musik, Schnitt) als auch inhaltlich (anstrengend, mal überdeutlich, mal dezent, abrupte Entwicklungen, Metaphern, die man evtl nur versteht wenn man auch noch Philosophie oder Religionswissenschaften studiert hat), dann würde dieser an sich sehr gute und sperrige Film (ich spreche hier nur von mir) absolut als sehr gut angesehen werden können. So aber gibt es leider sehr viele kritikpunkte und deutlich mehr Deutungsebenen, als tatsächlich vorhanden, welche dann auch noch von vielen Anhängern des Films als Fakt weitergegeben werden (so zB auch Snake mit seiner Theorie, die ich erstens für falsch halte, aber auch zweitens nicht als Einzige Deutungsmöglichkeit akzeptieren kann, da es nunmal deutlich mehr gibt).

Um also meinen Unmut über diese verpassten Möglichkeiten kund zu tun, habe ich das Review so verfasst wie ich es verfasst habe, weil ich Scott für sehr intelligent halte, was er ja mit den umrissenen Ideen auch für mich beweist, aber er nicht in der Lage ist, diese Ideen ansprechend umzusetzen. An der Wertung von 8 Punkten habe ich von Anfang an nichts verändert und stehe auch nach wie vor dazu.

Wenn ich jetzt als BR 2049 sehe, und darin die in BR widergespiegelten Interpretationen sehe, und dann auch sehe, wie auf meine oben genannten Ideen in dem gleichen Zusammenhang eingegangen wird, dann sehe ich auch, dass diese Ideen bereits in BR vorhanden waren, nur halt zu sehr versteckt. Aber allein das Aufdecken dieser Ansätze wertet den Originalfilm erheblich auf - aber nur im Gesamtkontext. Alleine für sich betrachtet bleibt er bei 8 Punkten. Im Vergleich mit dem 9 Punkte-Film BR 2049 ist er der bessere Film, aber schafft es nicht, an den 9 Punkten zu kratzen.

Nachtrag: Anders ausgedrückt: BR hat alle Zutaten für ein 10 Punkte Film, leider gelingt es ihm nicht, das fast schon vorbestimmte Resultat abzurufen, sondern landet bei 8 Punkten. Erst duch BR 2049, welcher BR ergänzt und vervollkommnet, wird BR tatsächlich ein 9-10 Punkte-Film, aber aleine für sich betrachtet bleibt er bei 8 Punkten. BR 2049 ist vom Papier her eigentlich typischer 7-8 Punkte-Film (siehe beispielweise 2010 zu 2001), überbietet die Erwartungshaltung jedoch grandios. Was ihm jedoch zu 10 fehlt sind die klitzekleinen Nuancen: Er hat keinerlei Innovationen zu bieten, wärmt im Prinzip bekanntes nur perfekt wieder auf.

Und schließlich ein kleiner Tipp: BR 2049 ist ein FILM, den mE jeder Filmfan im Kino erleben sollte. Auch wer nichts mit BR anfangen konnte, wird BR 2049 gut finden können, denn dafür ist der Film wirklich sehr gut greifbar, und man braucht auch keine Vorkenntnisse - auch wenn diese halbwegs von Vorteil sein können.

Ich hoffe ich konnte jetzt alle Punkte abarbeiten?

Dünyayi Kurtaran Adam
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Sully : : Elvis Balboa
13.10.2017 18:54 Uhr
0
Dabei seit: 29.08.09 | Posts: 10.557 | Reviews: 30 | Hüte: 555

@Moby

Ich möchte weder Deinen Schreibstil (bezüglich der beiden Blade Runner Kritiken) kritisieren, noch Dir Deine Meinung irgendwie absprechen. Ich persönlich finde nur die gesamte Bewertung etwas konfus. In der Kritik zu Teil 1 zerreißt Du den Film in einem Maße, wie ich ich es selten erlebt habe (völlig legitim, wenn Du es so siehst) und ich habe nach Deinen Ausführungen deshalb maximal 1/5 Hüten bzw. 2/10 Punkten erwartet. Stattdessen bekam er 4/5 bzw. 8/10. Da musste ich mir glatt die Augen reiben.

In der Kritik zum 2.Teil betonst Du, dass es für Dich ein "richtig, RICHTIG guter" Film ist. Du vergibst am Ende 4,5/5 Hüten, was der Kritik entspricht. Dann kommst Du aber zum Fazit, dass Teil 1 für Dich besser sei.

Das überraschte mich dann doch sehr, weil es trotz der ausführlichen Erklärungen, jedenfalls für mich, keinen richtigen Sinn ergeben mag.

Ich persönlich bin mit Blade Runner übrigens auch nie richtig warm geworden, kann seine Bedeutung jedoch ebenfalls nachempfinden. Den 2.Teil werde ich deshalb aber erst im Heimkino schauen.

Es kommt im Leben nicht darauf an wie viel Du austeilst, sondern darauf wie viel Du einstecken kannst und trotzdem weiter machst!

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MD02GEIST : : Godzilla Fan #1
13.10.2017 16:16 Uhr
0
Dabei seit: 01.01.13 | Posts: 2.549 | Reviews: 28 | Hüte: 215

@ MobyDick
Vielen Dank für diese Kritik. Nun ergibt sich ein Bild.

Ich finde es sehr gut, wie du es für dich aufgeschlüsselt hast. Deine Kritikpunkte sind nachvollziehbar, aber es zeigt sich doch: wir haben eine unterschiedliche Herangehensweise bezüglich dem Sinn vom BLADE RUNNER 2049.

Nochmals vielen Dank! Ich kann mich wiederholen, wenn ich mal schaffe den ersten Teil wieder zu schauen, schreibe ich eine Kritik so schnell wie möglich und erläutere meine Position. Du bist herzlichst eingeladen diese dann zu lesen.

Monsters are born too tall, too strong, too heavy—that is their tragedy - Ishiro Honda
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