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Dunkirk

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Memento Ryan

Dunkirk Kritik

Dunkirk Kritik
118 Kommentare - 19.07.2017 von Moviejones
Wir haben uns "Dunkirk" für euch angeschaut und verraten euch in unserer Kritik, ob sich dieser Film lohnt.
Dunkirk

Bewertung: 3.5 / 5

Christopher Nolan scheitert bei dem Versuch, einen wahren Kriegsfilm zu inszenieren, denn Dunkirk holt den Zuschauer weder ab noch bewegt er richtig. Als Actionfilm auf künstlerischer Ebene wird dem Besucher aber ein 100 Minuten dauernder Ritt geboten, der von einem Höhepunkt zum nächsten hetzt. Charaktertiefe, eine nennenswerte Story oder Hintergrundwissen werden aber nicht vermittelt, zu sehr steht der künstlerische Anspruch im Vordergrund, etwas anders machen zu wollen, und damit scheitert auch das Vermögen, den Zuschauer emotional zu binden. Dies macht Dunkirk wohl zum teuersten, aber auch einem der sehenswertesten Experimentalfilme aller Zeiten auf der großen Kinoleinwand.

Dunkirk Kritik

Dünkirchen 1940. Die deutsche Wehrmacht ist auf dem Vormarsch und knapp 340.000 britische und französische Soldaten sind am französischen Strand eingekesselt. Während das Militär die Evakuierung plant, tobt ein Kampf zu Land, zu Wasser und in der Luft. In diesem Chaos versuchen Soldaten wie Tommy (Fionn Whitehead), am Strand zu überleben und Piloten wie Farrier (Tom Hardy), Bodentruppen und Rettungsboote zu beschützen. Doch es sind Zivilisten wie Mr. Dawson (Mark Rylance), die in diesem Kampf die entscheidende Wendung bringen und zu einer der größten Rettungsaktionen in der Geschichte aufbrechen.

Trailer zu Dunkirk

Christopher Nolan kann auf eine faszinierende Filmographie zurückblicken und eines muss man sagen, wenn er sich einem Projekt widmet, dann will er keinen gewöhnlichen Film drehen, sondern etwas anders machen. So auch bei Dunkirk, wo er die Ereignisse der Operation "Dynamo" als Basis nimmt und auf seine Weise versucht nachzuerzählen.

Dunkirk glänzt dabei in vielen Momenten und vor allem akustisch und visuell wird viel geboten. Das aus den Trailern bekannte Ticken der Uhr ist bezeichnend für den Film, der von Anfang bis Ende versucht, das Tempo zu halten. Erzählerisch versucht sich Nolan an einem Kniff, den es so in der Form im Kino noch nicht gegeben hat: Er verbindet drei Erzählstränge, die eine unterschiedliche Dauer haben und zu verschiedenen Zeitpunkten stattfinden. Hier werden Erinnerungen an seine Anfänge mit Memento wach. Dadurch kann Nolan das Tempo hoch halten und immer eine actiongeladene Szene an die nächste reihen. Der Nachteil dabei, Zuschauer, die die sehr dezenten Hinweise zu Beginn nicht mitbekommen oder falsch interpretieren, werden erst einmal verwirrt die zeitlichen Abläufe und die innere Logik des Films hinterfragen. Währenddessen werden pausenlos weitere Eindrücke und wechselnde Schauplätze zu brachial hämmernden Beats und dem Ticken der Uhr abgeschossen.

Zusammengehalten wird diese Erzählstruktur von einer Darstellerriege, die sich sehen lassen kann. Mark Rylance, Cillian Murphy, Tom Hardy und Kenneth Branagh - die für Dunkirk ungewohnt wenig Text auswendig lernen mussten. Hier kommt es vor allem auf die Leinwandpräsenz an, denn auf Dialoge wird weitgehend verzichtet, Nolan will die Bilder für sich sprechen lassen und optisch tun sie das auch. Dennoch fehlt einiges zu einem Meisterwerk.

So brillant an vielen Stellen die Optik und Akustik ausfallen, so interessant die Ideen bei der Umsetzung scheinen, so gut die Darsteller ihre Rollen auch füllen, es sollte dem Zuschauer mehr als ein Experimentalfilm hinter der Fassade geboten werden. Die Faszination wird aus der Aneinanderreihung der Szenen gezogen, deren Anordnung manchmal willkürlich erscheint und die sich mitunter immer wieder gegenseitig der Spannung berauben. So viele Stellen es aber auch gibt, bei denen es sich lohnt, genauer hinzuschauen, so wenig lohnt es sich, über die Szenen nachzudenken, denn inhaltlich wird wenig geboten. Weder wird der Zuschauer geschichtlich aufgefangen noch wird eine wie auch immer geartete Story geboten, die über eine willkürliche Momentaufnahme hinausgeht. Die Hinführung zur Operation "Dynamo" und deren Bedeutung gehen im Film völlig unter, wer Hintergründe verstehen will, muss sich anderweitig informieren. Doch auch wenn keine Dokumentation erwartet werden sollte, schadet es nicht, mit gut gewählten Infos den Zuschauer punktuell zu ködern.

Dunkirk ist ein Film, der perfekt zu Christopher Nolans filmischem Schaffen passt. Wie kein anderes Werk in seiner Laufbahn zeigt es, dass er im Grunde ein Scharlatan ist. Die Handlungen seiner Filme sind oft trivial, von komplizierten Themen und Stoffen hält er sich fern, obwohl es so aussieht als ob. Kaum ein anderer Regisseur versteht es so gut, simple Geschichten als etwas zu verkaufen, was sie nicht sind. Einem Jahrmarktzauberer gleich, der mit Rauch und Effekten arbeitet und Magie vortäuscht, kaschiert Nolan Trivialität mit Regiekniffen, hervorragenden Darstellern und einer starken, oft mehrdeutigen Bildsprache. Er versteht es zu inszenieren und verkauft so dem Zuschauer den Eindruck, Komplexität auf hoher Ebene zu erleben. Dies macht Nolan nicht zu einem schlechten Menschen oder einem schlechten Regisseur, nur sollte man seine Filme im rechten Licht betrachten. Viele regen sich auf, wenn die Etikettierung falsch ist und Pferd im Lasagnehack zu finden ist, aber einen Popkornfilm als Kunstfilm zu verkaufen, das ist für viele legitim. Was übrigens passiert wenn ein Nolan-Film erscheint, bei dem nicht Nolan drin steckt, hat man bei Transcendence gesehen.

Genau genommen ist aber nicht vorrangig das der Punkt, woran Dunkirk scheitert, sondern der Versuch, ein Kriegsfilm zu sein. Wir haben es in erster Linie neben dem künstlerischen Fokus mit einem sehr gut gemachten Actionfilm zu tun, daraus zieht der Streifen seine Faszination und seinen Unterhaltungswert. Man sollte sich aber schämen, den Film mit echten Kriegsfilmen wie Der Soldat James Ryan, Apocalypse Now, Platoon, Full Metal Jacket oder Der schmale Grat in einem Satz zu erwähnen. Bedrohlichkeit und Spannung kommen nicht durch die Handlung oder gezeigten Szenen auf, sondern vor allem aufgrund des enervierenden Soundtracks und hohen Tempos, was für stimmungsvolle Unbehaglichkeit sorgt, die Szenen selbst lassen hingegen völlig kalt. Was daran liegt, dass die Figuren weder Tiefe besitzen, noch deren Schicksal dem Zuschauer wirklich nahegeht.

Ein guter Vergleich ist die Omaha Beach-Sequenz von Der Soldat James Ryan. So wie in Dunkirk sind die Soldaten zu Beginn nur namenslose Gesichter. Doch Steven Spielberg schaffte es, dass der Zuschauer geschockt das Schicksal dieser ihm unbekannten Soldaten miterlebte. Nolan hingegen scheitert bereits, überhaupt eine Gefühlsregung beim Zuschauer zu erzeugen. So technisch verspielt der Film auch ist, so nüchtern, kalt, sachlich ist er auf der anderen Seite. Dort wird einer erschossen, dort in die Luft gesprengt, dort ertrinkt jemand. Alles geht unter im Lärm und Tempo. Reflektion ist weder das Ziel, noch erwünscht und so ist es wieder bezeichnend, dass auf Blut nahezu komplett verzichtet wird. Für einen Kriegsfilm indiskutabel. Selbst Michael Bay erzeugte mit Pearl Harbor deutlich mehr Emotionen - und das will was heißen!

Der harten finalen Worte zum Trotz bekommt Dunkirk dennoch von uns eine Empfehlung, denn selbst mit seinen Defiziten gehört er dank seiner Umsetzung zu einem der interessantesten Filme der letzten Zeit und der Mut, so einen Film zu finanzieren, gehört honoriert. Man sollte aber wissen, worauf man sich einlässt und vor allem sollte man mit dem Begriff Meisterwerk vorsichtig sein, denn davon ist Dunkirk weiter entfernt als Dünkirchen von Großbritannien.

Nachtrag: Wir haben mit unserer Kritik extra etwas gewartet, da wir Dunkirk sacken lassen wollten, nachdem ihn mehrere Leute aus der Redaktion gesehen haben. Die überschwänglichen Meinungen vieler Kritiker können wir jedenfalls nicht teilen. Nach der Pressevorführung haben wir mit einigen weiteren Redakteuren gesprochen und nicht selten kam auf unseren Einwand, dass vermutlich bei der zweiten Sichtung manche Stellen klarer werden, die Antwort "Aber Dunkirk ist kein Film, den man ein zweites Mal sehen muss.". Für einen Kriegsfilm, der bewegen sollte, zudem erstaunlich, wenn 3/4 der Kinobesucher pünktlich mit Beginn des Abspanns aufspringen und fluchtartig und mit skeptischem Blick den Saal verlassen.

Dunkirk Bewertung
Bewertung des Films
710

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