Bewertung: 4.5 / 5
Dunkirk ist ein britisch-französisch-US amerikanischer Kriegsfilm von Christopher Nolan aus dem Jahr 2017. Die nachfolgende Kritik ist spoilerfrei.
Trailer zu Dunkirk
Story
Im Jahr 1940 herrscht der Zweite Weltkrieg in Europa. Britische Truppen wurden am Festland in die Enge getrieben und versammeln sich im niederländischen Dünkirchen. Vor ihnen der Feind, hinter ihnen das Meer ohne Anlegemöglichkeiten in einer scheinbar ausweglosen Situation. Erzählt wird die wahre Geschichte der „Operation Dynamo“.
Kritik
Dunkirk ist ein Film, wie man ihn so vermutlich noch nie erlebt hat. Der britische Regisseur Christopher Nolan widmet sich einem Teil der britischen Geschichte, welcher für viele Nicht-Briten bislang nicht sonderlich präsent gewesen sein dürfte. Das Ganze resultiert in einem äußerst persönlichen Film, der einigen Menschen vielleicht den Horizont erweitern kann.
Nachdem es Nolan mit seiner Batman-Trilogie und Inception gelungen ist, sowohl anspruchsvolle und tiefgründige Filme zu drehen, welche aber zeitgleich auch die breite Masse abgeholt haben, so hat sich der ambitionierte Regisseur bereits mit Interstellar von eben dieser breiten Masse ein Stück weit entfernt und näherte sich eher einer künstlerischen Erzählweise an. Diesen Weg ist er für Dunkirk ein ganzes Stück weitergegangen. Dunkirk ist kein Film für die typischen Kinozuschauer, sondern wirkt vielmehr wie ein Leckerbissen für Filmkritiker und Cineasten und stellt für Beteiligte und Angehörige der Operation Dynamo ein filmisches Denkmal dar.
Dass ist mit der Grund, warum Dunkirk selbst keine eigene Handlung verfolgt. Zwar gliedert sich die Erzählweise in Situationen am Festland, auf der See und in der Luft auf, Einzelschicksale rücken aber nur bedingt in den Fokus. Stattdessen präsentiert sich Dunkirk wie eine Art Dokumentarstreifen, verpackt in einem Spielfilm. Im Mittelpunkt stehen nicht die Geschichten von Tommy, Peter oder George, sondern die, des britischen Volkes und der Operation Dynamo.
Dies gelingt dem Regisseur mit einer Intensität, welche ihres Gleichen sucht. Von der ersten Minute an ist man in dieser bedrohlichen Situation und wird über die volle Laufzeit des Films nicht entlassen. Untermauert wird dieser Effekt durch eine eindringliche Musik von Hans Zimmer. Zimmer steht oft bei vielen Leuten in der Kritik und komponiert für so viele Filme. Jedoch kommt bei jeder Zusammenarbeit mit Christopher Nolan etwas Wunderbares und Einmaliges heraus, so auch bei Dunkirk. Neben der spannungsaufladenden Musik bekommen wir großartige Kameraeinstellungen zu sehen und ein äußerst realistisches Kriegstreiben. Nichts fliegt einfach so in die Luft, es gibt keine Helden, welche alles platt machen und ihnen zugejubelt wird. Man sitzt richtig tief im Dreck, in einer ausweglosen Situation. Nolan hat hier ein Inszenierungsstil gefunden, welchen man so in noch keinen Film gefunden hat – und damit sind keine unterschiedlichen Zeitebenen gemeint. Am ehesten findet man vielleicht atmosphärische Parallelen zu Der Schmale Grat von Terrence Malick, jedoch ist Dunkirk in dieser Hinsicht noch deutlich intensiver. Diese Intensität rechtfertigt letztendlich auch die sehr kurze Laufzeit von 107 Minuten. Länger hätte man dieses Tempo wohl nicht aufrecht halten können. Jedoch ist es auch nicht so, dass ständig etwas in die explodiert oder passiert, aber der Zuschauer hat den Eindruck, dass dies jeden Augenblick passierten könnte. Vergleiche mit Der Soldat James Ryan, Platoon oder auch neueren Filmen wie Hacksaw Ridge sind hier nicht zielführend, weil Nolan einen ganz anderen Erzählstil anwendet.
Zugegebener weise braucht man eine Zeit lang, um sich auf diese Art der Erzählung einlassen zu können. Vielen wird dies vielleicht gar nicht gelingen. Gerade die fehlende persönliche Grundstory dürfte einigen Leuten Schwierigkeiten bereiten. Einerseits ist man vom persönlichen Treiben entfernt, andererseits ist der Zuschauer mitten drin. Wenn man sich jedoch auf Dunkirk einlassen konnte, dann lässt einem dieser Film nicht mehr los.
Schauspielerisch stehen vor allem junge und eher unbekannte Leute im Vordergrund. Allen voran Fionn Whitehead, Harry Styles und Tom Glynn-Carney, welche fabelhaft funktionieren. Zu den bekanntesten Darstellern in Dunkirk zählen vermutlich Tom Hardy, Kenneth Branagh, Mark Rylance und Cillian Murphy. Sie stehen dem Nachwuchs in nichts nach und hauchen ihre Rollen, trotz spärlicher Textpassagen, Leben ein. Besonders beeindruckend ist Cillian Murphy, als traumatisierter Soldat und einer unglaublich ausdruckstarken Mimik. Darüber hinaus gibt es sogar einen kleinen gut verstecken Cameo eines sehr bekannten Darstellers, der schon in einigen Nolan-Filmen zuvor zu sehen war.
Viel wurde im Vorfeld über die Altersfreigabe diskutiert. In den USA ein PG-13, in Deutschland eine FSK ab 12 einstufig, kann das bei einem Kriegsfilm funktionieren? Ja das kann es und das ist vor allem auf das Inszenierungsgeschick von Christopher Nolan zurückzuführen. In keiner Sekunde fühlt sich der Zuschauer in diesem Film sicher. Immer wieder schlagen Projektile irgendwo ein. Der Ton und das Sounddesign suchen wohl ihres Gleichen, immer herrscht Anspannung und die Musik von Hans Zimmer tut ihr übriges.
Fazit
Dunkirk wird nicht jedem Besucher gefallen. Die meisten werden ihn vermutlich mit sehr gemischten Gefühlen aufnehmen. Nolan hat sich soweit vom Blockbusterkino entfernt, wie es nur möglich ist. Gerade in den letzten Minuten des Films merkt man, dass nicht nur die Deutschen und die Amerikaner mit dem Zweiten Weltkrieg ein Päckchen zu tragen hatten, sondern auch die Briten ihre Geschichte erlebten. Oft waren sie in Verfilmungen immer nur als Partner der Amerikaner zu sehen. Dunkirk ist die Verbeugung Nolans, vor dem britischen Volk und zeitgleich ein Teil Kriegsaufarbeitung. Das macht ihm zu einem sehr persönlichen Film für das Vereinigte Königreich. Darüber hinaus bedient Christopher Nolan auf allen Ebenen die Filmkritiker und lässt sämtliche Hollywood-Mainstream-Regeln links liegen.