Bewertung: 3.5 / 5
Wie Brüder wachsen Moses (Christian Bale) und Ramses (Joel Edgerton) am Hofe des Pharaos auf. Und Brüder sollen sie auch bleiben, wenn der Pharao einst dieses Leben verlässt und Ramses ihm als neuer Herrscher folgt. Denn Moses ist kein Ägypter und wurde als Kind nur am Hofe aufgenommen. Sein Geheimnis: Er ist Hebräer und damit Teil jenes unterdrückten Volkes, das im Schweiße seines Angesichts die Paläste und Prunkbauten der Ägypter formt und seit Jahrhunderten unter dem Joch leidet. Kurz nach der Machtübernahme Ramses&39; macht ein Gerücht die Runde, welches Moses&39; Herkunft klärt. Ramses schenkt diesem Glauben und wendet sich fortan von seinem Bruder ab. Er schickt Moses ins Exil, wo jener, von Gott berufen, die Aufgabe erhält, das Volk der Hebräer ins Gelobte Land zu führen. Doch um den Exodus zu bewerkstelligen, muss Moses nicht nur seine wahre Herkunft anerkennen, sondern sich auch seinem Halbbruder stellen und dessen Macht herausfordern...
VIDEOKRITIK
Trailer zu Exodus - Götter und Könige
2014 ist fast so etwas wie ein biblisches Kinojahr, nachdem wir doch im April Darren Aronofskys Epos Noah erlebt haben. Mit Exodus - Götter und Könige versucht sich nun Ridley Scott an einer wahrhaft monströsen biblischen Geschichte, welche gleichzeitig als Remake des Klassikers Die zehn Gebote gewertet werden kann. Dabei versucht Scott gar nicht erst, eine identische Nacherzählung und absolute Bibeltreue an den Tag zu legen, wobei aber Joel Edgertons Ramses deutlich an Yul Brynners Rolle angelehnt ist. Nein, Scott zieht es vor, ein bildgewaltiges Epos auf die Beine zu stellen, welches an die großen Bibelfilme von einst erinnert, aber in neuem Gewand auch als moderner Blockbuster funktionieren kann mit umso mehr Schauwerten.
Bei der Besetzung ließ sich Scott dabei nicht lumpen. Sowohl Christian Bale als auch Joel Edgerton tragen ihre Hauptrollen wunderbar. Auch die Nebenrollen sind mit Sigourney Weaver, John Turturro, Aaron Paul und Ben Kingsley großartig besetzt, was den Film ungemein aufwertet. Hinzu kommen atemberaubende Trickeffekte, welche die Plagen, die über Ägypten kommen, wahrhaft anschaulich machen wie noch in keinem Film je zuvor. Es ist die Bildsprache, die Exodus - Götter und Könige vorantreibt, von der ersten bis zur letzten Minute.
Schade nur, dass es davon nicht so viele gibt. Klassische Bibelfilme waren vor allem immer eines: Sie waren lang. Ridley Scott dagegen kommt mit 142 Minuten aus, was wirklich erstaunlich kurz für eine derartige Geschichte ist. Dennoch waren wir überrascht, dass der Film, obwohl er viele Jahre umspannt, an keiner Stelle wirklich gehetzt wirkt. Der Erzählfluss ist gut und passend und hält auch den Durchschnittszuschauer bei der Stange. Erkauft wird dies jedoch dadurch, dass neben den beiden Hauptfiguren nicht viel Platz für die Nebendarsteller bleibt. Während Bale und Edgerton viel Zeit eingeräumt wird und ihr Konflikt bis auf den Bruch gut umgesetzt wurde, sind es Darsteller wie Sigourney Weaver, die im Film jämmerlich verheizt werden und deren Rollen auf zwei Sätze reduziert wurden. Dadurch kratzt Exodus - Götter und Könige auch an vielen Stellen nur an der Oberfläche, soll doch nur die bekannte Hauptgeschichte vorangetrieben und mit optisch schönen Bildern unterlegt werden.
Dies ist durchaus angenehm für jene, deren Aufmerksamkeitsspanne durch YouTube & Co. auf ein Minimum reduziert ist, alle anderen jedoch, die den Film an dem Klassiker messen, werden stellenweise enttäuscht sein. Denn obwohl Exodus - Götter und Könige nicht gehetzt wirkt, wirkt der Film einfach nicht komplett und so wundert es nicht, dass auch noch die Zehn Gebote ihren Weg in den Film finden müssen, was letztlich den Anschein erweckt, dass Scott deutlich mehr Material gedreht hat, aber vieles davon in der Kinofassung ignoriert wurde. Ein Director's Cut oder jede anders geartete Langfassung von Exodus - Götter und Könige wäre daher wünschenswert, denn geboten wird sehr viel, sticht doch neben den Darstellern und Effekten die gesamte Aufmachung des Films hervor, welches das alte Ägypten in neuem Glanz erstrahlen lässt.
Zudem wendet Scott einen guten Kniff an, welches es bibeltreuen Christen und auch Atheisten zugleich möglich macht, den Film zu genießen. Scott bezieht nicht wirklich Stellung, ob er der Geschichte Glauben schenkt und Moses wirklich durch göttliche Fügung geleitet wird oder ob es sich bei ihm nur um einen glücklichen Spinner mit Charisma handelte. Beide Interpretationen sind durchaus denkbar.
Insgesamt betrachtet ist Exodus - Götter und Könige ein guter Film geworden, aber nicht das erhoffte Epos. Es ist ein durchschnittlicher Scott-Streifen, dessen frühere Epen wie Gladiator und Königreich der Himmel deutlich komplexer und interessanter ausgefallen sind. Dennoch reiht sich sein neuestes Werk ohne Probleme in die lange Reihe der sehenswerten Filme in diesem Jahr ein und ist ein gelungener Abschluss des Kinojahres.