Bewertung: 4 / 5
100 Millionen Dollar Produktionskosten für einen Film, der kaum Schauspieler aufzubieten hat, ein dünnes Drehbuch aufweist und die meiste Zeit nur eine Person im Fokus sieht. Verschwendungssucht ? Nein, moderne Cinematographie a` la [i]Alfonso Cuaron[/i], der als Regisseur eines [b]Harry[/b] [b]Potter[/b]-Streifens und als Produzent von [b]Pan´s Labyrinth[/b] seine Vorliebe für aussergewöhnliche Visualisierungen in diesem Gewerbe schon nachdrücklich gezeigt hat. Die Fertigstellung soll 4 Jahre lang gedauert haben, der eine oder andere ursprünglich vorgesehene Darsteller soll abgesprungen sein. Vielleicht lag das daran, daß die Protagonisten nicht nur gegen die Unwirtlichkeit des Weltalls, sondern auch gegen das 3D-Format hätten ankämpfen müssen. Denn dieses Format ist der eigentliche Star des Films. Nicht [i]Clooney[/i], nicht [i]Ed Harris[/i](gönnt man sich als Stimme aus dem “Off”) und auch nicht [i]Sandra Bullock[/i]. Wobei letztere in diesem ohne grossen philosophischen Firlefanz auskommenden astreinen Survivalabenteuer in vielerlei Hinsicht eine gute Figur abgibt. [u]Inhalt[/u] Dr. Ryan Stone ([i]Sandra Bullock[/i]), die eigentlich als Ärztin auf der Erde arbeitet, wirkt ein wenig genervt von ihren Kollegen, die entweder Kaspereien machen oder leicht anzügliche Geschichten erzählen. Für Stone ist es der erste Einsatz im All, ihre Aufgabe ist es die visuellen Fähigkeiten des Hubble Teleskops zu verbessern. Kollege Kowalsky ([i]George Clooney[/i]) ist dagegen ein alter Hase und versucht mit allerlei Scherzen und Charme die Stimmung aufzulockern. Denn für die Ärztin ist es der 1. Weltraumspaziergang und der Stress ist ihr anzumerken. Und dieser Stresspegel sinkt nicht, als Houston vermeldet, daß dringend eine Evakuierung vonnöten ist, da auf Grund von Fehlverhalten auf der Erde eine Menge Trümmer in unfassbarer Geschwindigkeit auf die Weltraumarbeiter und ihre Raumstation zurasen. Die Evakuierung kommt zu spät, Weltraumgerät und Mensch bekommen eine volle Salve ab, Stone und Kowalsky sind die letzten Überlebenden der Mission. Eine Rückkehr auf die Erde von dieser Station aus wird durch die Treffer unmöglich gemacht. Die Ärztin wird unkontrolliert in den Weltraum hinausgeschleudert und der Sauerstofftank in ihrem Anzug neigt sich dem Ende entgegen, während sie völlig orientierungslos im All treibt. Aber dies sollen bei weitem nicht die einzigen Probleme bleiben, die Dr. Stone fortan zu lösen hat. [u]Kritik[/u] Eine echte Mission Impossible im Weltraum, und der Zuschauer ist hautnah dabei. Denn die 3D-Technik sorgt dafür, daß die Schwindelgefühle von Dr. Stone auch beim Zuschauer spürbar werden. Spannung und Verzweiflung ob der verzweifelten Strampeleien im (fast) unendlich leeren Universum werden greifbar gemacht. Es läuft ein ständiger Countdown, da die Trümmer, die zu der Kettenreaktion führen, in einem regelmässigen Zeitintervall immer wieder auftauchen. Neben diesem Handicap geht auch ständig etwas zur Neige. Zu Sauerstoff oder Treibstoff gesellt sich diesbezüglich auch die Moral der Überlebenskünstlerin wider Willen. Und ihre Moral hat schon vor diesem Alptraum etwas abbekommen. Denn eigentlich hat Dr. Stone mit ihrem Leben schon ein Stück weit abgeschlossen, zumindest mit dem auf der Erde. Auf Grund eines persönlichen Schicksalsschlages von dem sie sich nicht lösen kann, ist die Weltraummission auch als eine Art Flucht vor der eigenen Vergangenheit zu verstehen. Aber in dieser Situation kann sie nur überleben, wenn sie bereit ist loszulassen. Sie darf nicht den gleichen Fehler machen wie in ihrem “irdischen Dasein”. Es ehrt die Macher die emotionale Grundierung auf diese Weise gestalten zu wollen, und Paralellen zwischen der Biographie der Hauptperson und den Ereignissen im Weltraum zu ziehen. Leider gelingt es nicht, daß sich diese Emotionalisierung organisch entwickelt, sondern es wirkt alles ein wenig zu gewollt. Schon allein anhand der Spielzeit von 90 Minuten ist erkennbar, daß der Streifen keine grosse Erzählkraft entwickelt, und im Schlussdrittel neigen auch die Spannungsmomente etwas zur Redundanz, es kommt zu Wiederholungen. [u]Fazit[/u] Es wird wohl noch geraume Zeit dauern bis ein Weltraumabenteuer sich traut ohne Geräuschkulisse auszukommen, wenn irgendwo etwas explodiert oder jemand auf etwas draufprallt. Denn im All wird Schall nun mal nicht transportiert. Ansonsten hat man sich in Sachen physikalischer und sonstiger Unlogik halbwegs am Riemen gerissen, lediglich verkopften Astrophysikern ist der Gang ins Kino abzuraten. Alle anderen bekommen für den gerechtfertigten 3D-Aufpreis toll bebildertes Spannungskino geboten, welches im Schlussdrittel etwas der inhaltliche Saft ausgeht bzw. die Emotionalisierung leicht überkünstelt wirkt. Aber dies hat für den Unterhaltungs- und Spannungswert nur einen unwesentlich negativen Effekt. Denn das bietet dieses Mainstreamevent satt. Nicht weniger, aber halt auch nicht mehr.
Gravity Bewertung