Bewertung: 3 / 5
Getrieben von seiner Vergangenheit ist Hercules (Dwayne "The Rock" Johnson) mit seinen treuen Freunden als Söldner unterwegs, gegen Geld bestimmte Aufgaben zu erledigen. Genau, Hercules, der Halbgott, der einst 12 ruhmreiche Aufgaben löste, die kein Mensch je hätte siegreich zu Ende bringen können. Nun steht ihnen ein Kampf in Thrakien bevor, denn Königstochter Ergenia (Rebecca Ferguson) bittet die Truppe um Beistand, ihrem Vater König Cotys (John Hurt) im Kampf gegen einen Tyrannen zu helfen. Manchmal sind Menschen gewiefter als jedes Ungeheuer - wird es ihnen also tatsächlich gelingen, das Land zu befrieden...?
Bevor wir Hercules sichteten, wussten wir eines: Brett Ratners Film kann keineswegs ein derartig missratenes Debakel wie The Legend of Hercules mit Kellan Lutz in der Hauptrolle werden. Zwar werden auch von Halbgott The Rock im übertragenen Sinne keine Bäume ausgerissen, im Gegensatz zum Erstling aus 2014 bekommt der Zuschauer aber etwas mehr Story, bessere Darsteller und auch mehr fürs Auge serviert.
Trailer zu Hercules
Kommt der Abenteuerfilm die ersten 60 Minuten nur recht langsam in Fahrt, wertet gerade so manche(r) Darsteller(in) Hercules ungemein auf. Generell gibt The Rock schon einen passablen Halbgott ab, der zurzeit wie kein anderer Schauspieler einen muskulösen Helden spielen kann und die Rolle auch locker stemmt. Doch besonders die Nebendarsteller heben das Niveau, selbst wenn ihnen nicht viel abverlangt wird. Allen voran Ian McShane, dessen Mimik und Präsenz viel Spaß bringen. An seiner Seite Rufus Sewell, John Hurt und mit großem Lob auch Rebecca Ferguson, die in einer heiklen Szene gegen Ende des Films wahrhaft überzeugend um ihr Leben brüllt und wie eine Löwin ihr Kind verteidigt - das im Übrigen auch sympathisch gecastet wurde.
Die Landschaftsaufnahmen in Hercules sind recht hübsch anzusehen und auch die 3D-Effekte, bei einem Budget von 100 Mio. Dollar darf man aber auch keinen Overkill im positiven Sinne erwarten, dafür bietet der Film insgesamt zu wenig. Zu schnell wird man in Herkules Historie hineingeworfen, zu vorhersehbar ist manches und nur wenig wird aus der mythologischen Vorlage aufgegriffen. Im Grunde schade, dass vieles von der sagenhaften-göttlichen Ebene geholt wird, nicht zuletzt die Zentauren, und Hercules nicht von den zwölf Heldentaten berichtet. Mit der anfänglichen Erwähnung der Hydra, des Erymanthischen Ebers und des Nemëischen Löwen wird die überaus epische Story in weniger als fünf Minuten (!) nur gestreift. Zwar taucht so mancher bekannte Name auf (Megara, Iolaos oder Eurystheus), aber teilweise mit anderem Ausgang und dann auch nur als blasses Beiwerk, was speziell bei Eurystheus zu bedauern ist, der mit Joseph Fiennes interessant besetzt ist. Doch lassen wir dieses Bedauern zurück. Den Autoren ist kein Meilenstein gelungen, die den Namen Hercules nur als akustischen Schauwert einsetzen, dennoch schaffen sie gegen Ende die Kurve, nimmt der Film noch einmal Fahrt auf und überrascht mit der einen oder anderen dramatischen Szene. Diese erlauben mitunter sogar emotionale Nähe zu einigen Figuren. Teilweise werden die berühmten Aufgaben später kurz angeschnitten, die dann sogar - zumindest im Originalton - hin und wieder für einen witzigen Spruch sorgen.
Überhaupt ist Hercules auch konsequenter, was rapide einsetzendes Herzversagen nach unvorhergesehen Situationen wie Sturz vom Kampfwagen und ins Schwert oder in einen Pfeil laufen betrifft. Man sieht Blut (ja, man sieht Blut!) und die Kämpfe sind ordentlich choreographiert. Nur schade, dass vieles schon in den Trailern und Clips verbraten wurde. Gerade die Kampfszenen heben den Schauwert des Films und auch das kurze Leibchen von Pseudoamazone Atalanta (Ingrid Bolsø Berdal). Dennoch fragt man sich als intelligenter Kartenkäufer, warum sie sich um alles in der Welt derart ungeschützt in einen Kampf wirft. Das kann wohl nur der spätpubertäre Ausbruch des Drehbuchautors erklären.
Schreibe ich Herkules, erwarte ich Herkules. Das bekommt man, wenn auch in anderer Form, als es Puristen gefallen dürfte. Insgesamt hat Hercules zu wenige Schauwerte, um die verhältnismäßig lahme Story vergessen zu lassen (anfangs ist auch weit und breit kein Gegenspieler in Sicht), doch gegen Ende macht der Film Spaß. Für ein episches Werk leider zu kurz, so dass man sich immer und immer wieder fragt, warum man sich immer und immer wieder fragen muss, warum Hollywood partout keine Lust hat, eine derartige Steilvorlage auch mal richtig zu nutzen. Man möchte ihnen zurufen "Dreht doch endlich einen Heldenfilm, der diesen Titel auch verdient!" - für einen lauen Popcornkinoabend in Begleitung von The Rock aber bestens geeignet. Punkt.