Bewertung: 3.5 / 5
1945, Deutschland kurz vor Kriegsende. Army-Sergeant Don "Wardaddy" Collier (Brad Pitt) führt seinen Panzer "Fury" (zu Deutsch: Wut, Zorn) nebst seinen Männern hinter die feindlichen Linien. Mit anderen Panzern zusammen will man Stadt um Stadt den Fängen Nazideutschlands entreißen, doch Wehrmacht und SS sind noch nicht so geschwächt, wie es den Alliierten zupass kommen würde. Kein guter Moment, um sich auch noch um den unerfahrenen Norman (Logan Lerman) zu kümmern, der Wardaddy unterstellt wird und noch nie auf einen Menschen geschossen hat. Als die Kämpfe immer heftiger werden, bleibt den Männern nicht viel Zeit und Norman muss seine Pflicht erfüllen, koste es was es wolle...
David Ayer, der End of Watch, aber auch das unsägliche Sabotage in die Kinos brachte, muss sich mit seinem Kriegsfilm Herz aus Stahl nicht verstecken und reiht sich in die ambitionierten Werke der letzten Jahrzehnte ein. Andererseits kann man sich als deutscher Kinogänger auch manchmal überfahren fühlen, wenn Nazideutschland und der Zweite Weltkrieg in kurzen Abständen immer wieder als Blaupause für Kinounterhaltung herangezogen werden, sei es nun in Inglourious Basterds, Operation Walküre - Das Stauffenberg Attentat oder beim überaus zähen Monuments Men - Ungewöhnliche Helden. Die Gradwanderung zwischen dem hohen Anspruch des Mahnens, um nicht zu vergessen, und erhobenem Zeigefinger bis hin zu purem Selbstzweck ist heikel und gelingt nicht immer. Doch wenn Ayer und sein Star Brad Pitt in gut zwei Stunden die letzten Kriegstage aus Sicht der US-Streitkräfte aufleben lassen, muss man dem Film zugutehalten, dass er weder mit zu viel Patriotismus noch mit bloßem Schwarz-Weiß-Gut-Böse-Denken daherkommt und das Grauen des Krieges, eines jeden Krieges, auf brutalste Weise in Erinnerung ruft - und das ist auch heutzutage immer noch allzu nötig.
Trailer zu Herz aus Stahl
Fokus wird auf die Besatzung des Panzers Fury gelegt, die aus Pitt, Shia LaBeouf, Michael Peña, Jon Bernthal und Lerman besteht. Gerade letzterer zeigt, dass er den Teenieschuhen und Percy Jackson entwachsen ist, der den verletzlichen Norman recht eindringlich spielt. Die anderen, im Krieg hart gewordenen Kameraden, lassen ihn seine Schwäche nicht nur einmal spüren und sind doch auf ihn angewiesen, wenn es darauf ankommt. Gerade Bernthal schafft es mit einer Leichtigkeit, nicht überaus sympathisch zu wirken und Retter hin oder her, der Krieg hat den Mann gezeichnet und das spürt man. Erwähnenswert ist noch LaBeouf, der als gläubiger Christ hart und verletzlich zugleich wirkt. Der absolute Fokus liegt natürlich auf Pitt, der seine Rolle gut macht, aber mitunter auch wie die ernstere Version seines Lt. Aldo Raine aus den Basterds erinnert.
Leider schafft es Herz aus Stahl dabei nicht, trotz häufigem Fokus auf die Besatzung, einem die einzelnen Figuren wirklich nah zu bringen. Wir wissen, was sie antreibt, wir wissen, dass sie Tod und Elend in den letzten Jahren gesehen haben, doch trotzdem man dies den Augen von LaBeouf ansieht (der sich als Darsteller wirklich immer mehr und mehr emanzipiert und sich der Authentizität wegen einen echten Zahn hat ziehen lassen), geht es dem Zuschauer nicht so nah, wie es sollte. Herz aus Stahl zeigt die Schrecken des Krieges: Bombenangriffe, Panzerschlachten, Tod, Vernichtung, Kadaver auf den Straßen, Leid... - doch selbst wenn das Ende dramatisch ist, klingt es leider nicht in dem Maße nach. Auf keinen Fall ist Herz aus Stahl emotionslos, aber der Tod ist eine Randerscheinung und ergreift nicht so, wie er sollte. Ganz anders in Filmen wie Stalingrad oder selbst Forrest Gump, der wenn auch nur punktuell den Vietnamkrieg thematisiert.
Was wir Herz aus Stahl zugutehalten ist tatsächlich die fehlende Patriotismuskeule, der in keiner Sekunde mit dem erhobenen Zeigefinger daherkommt. Ja, die SS ist der Teufel und muss ausgemerzt werden, was Pitt im Film mehr als einmal eindringlich beweist, doch lässt man den Deutschen wenigstens eine kleine Chance, auch an Menschlichkeit und das Gute in uns zu erinnern. Hinzu kommt, dass entgegen aller Mär, nur die Russen hätten deutsche Frauen vergewaltigt, auch die US-Army nicht als überkorrekte Helden glorifiziert werden, sondern als Menschen aus Fleisch und Blut, die nach Wochen des Leids und der Entbehrung auch unbeherrscht und brutal auftreten - sofern Ihnen keine vernünftige Autoritätsperson Einhalt gebietet. Ja, Pitts Wardaddy mag hart im Umgang mit sich und Feinden sein, aber er hat sich einen Rest Menschlichkeit bewahrt.
Etwas hollywoodlike wird es gegen Ende, wenn sich die Panzerbesatzung einer unlösbaren Aufgabe gegenübersieht, denn dies wird uns persönlich etwas zu übermenschlich-heldenhaft dargestellt. Zwar haben wir nie erlebt, wenn eine Stiehlhandgranate neben einem explodiert, aber wir erwarten tatsächlich, dass Körper durch die Einwirkung zerfetzter aussehen, vor allem wenn sie auf kleinem Raum explodiert. Herz aus Stahl lässt uns wahrlich die Schrecken des Krieges erleben und schafft es über weite Strecken, den Zuschauer zu packen. Jedoch fehlt etwas zum ganz großen Film, denn die Emotionalität, die wahre Verbundenheit mit den Menschen darf in einem solchen Streifen nicht zu kurz kommen.