Bewertung: 3.5 / 5
„Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels“ aus dem Jahr 2008 ist der vierte Teil der beliebten Filmreihe um den Archäologen Henry Jones und führt dessen Geschichte nach 19 Jahren weiter. Doch bei vielen Zuschauern kam der Film nicht besonders gut an und hat deshalb den Ruf als schlechtester Teil der Reihe. Doch ist er das überhaupt, oder hat auch dieser Film seine Höhepunkte? [u][b]!!ACHTUNG!!DIESE KRITIK ENTHÄLT MASSIVE SPOILER! WER NICHTS VON DER HANDLUNG ERFAHREN MÖCHTE, SOLLTE NICHT WEITERLESEN!![/b][/u] 1957. Nachdem er vom russischen Militär und deren Anführerin Irina Spalko entführt wurde, findet sich Professor Henry „Indiana“ Jones in einer Lagerhalle wieder, in der er eine besondere Kiste und deren Inhalt finden soll. Natürlich schafft der Archäologe das und kann kurze Zeit später fliehen. Zurück an der Universität in den Vereinigten Staaten wird er daraufhin vom Dekan entlassen, weil man Jones vorwirft, dem russischen Feind geholfen zu haben und deshalb macht sich Henry auf den Weg zum Bahnhof, weil ihn hier nichts mehr hält. Doch genau da trifft er den jungen Draufgänger Mutt Williams, der ein guter Freund von Henrys Kollege Oxley ist, der von den Russen entführt wurde und nun soll „Indiana“ Jones einen sagenumwobenen Kristallschädel finden, denn sonst wird Oxley umgebracht. Also begibt sich das kleiner Abenteurerteam auf die Suche nach dem Schädel, auf der die beiden mehr finden werden, als sie zunächst erwarten... Leider ist die Einführungssequenz der ersten 20 Minuten bereits die erste Schwäche des Filmes, denn waren die Prologs der bisherigen drei Vorgängerfilmen immer eine von der späteren Handlung unabhängige, kleine eigene Geschichte, sieht man diesmal eine Einleitung zur späteren Handlung. Zwar bietet der Anfang auch eine legendäre Szene, in der man nur eine Schattensilhouette von Jones sieht und er seinen Hut vom Boden aufhebt und sich aufsetzt, begleitet von der Musik des „Raiders March“, allerdings bietet dieser Prolog für einen „Indiana Jones“ Film leider zu wenig. Die restliche Handlung allerdings ist einmal mehr, dank den Drehbuchautoren David Koepp, Jeff Nathanson und natürlich George Lucas, sehr unterhaltsam und interessant geschrieben und auch die Mischung zwischen Informationen oder Diskussionen, welche die Handlung langsam aufbauen, und Actionszenen passt wieder. Was dem Film meiner Meinung nach sehr gut gelingt ist der Akator Tempel am Ende des Filmes, weil man hier einen Jones als Archäologen sehen kann und auch die reichlichen Fallen und Einfälle sind an dieser Stelle ausgesprochen gut gelungen. Was ebenfalls Spaß macht sind die reichlichen, versteckten Anspielungen auf die ersten Filme, wie zB die Würgeszene mit der Kette, welche an Teil 2 und 3 erinnert, oder der erste Auftritt von Marion Williams, welcher stark an die Himalaya Szene im „Jäger des verlorenen Schatzes“ erinnert. Auch der, für viele problematische, Handlungsstrang um Aliens und Ufos passt meiner Meinung nach perfekt zu den 50ern, als es doch sehr viele Verschwörungen gab und außerdem ist der Kristallschädel wieder ein Artefakt, welches mit dem heiligen Gral oder der Bundeslade zu vergleichen ist. Darüber hinaus gibt es auch erzählerische Gemeinsamkeiten, wie zB das Auftreten des Dekans in Jones Unterricht oder das Schicksal der Gegner im Finale des Streifens. Natürlich musste für das Jahr 1957 ein anderer Gegner als die bösen Nazis aus der Trilogie herhalten, welche in den Russen gefunden wurden und somit perfekt in die Zeit des kalten Krieges passt, wobei man auch wieder ein ganzes Land/Militär als Gegenspieler hat und nicht nur einige, wenige Personen wie Mola Ram im „Tempel des Todes“. Reichliche Actionsequenzen gehören zu einem guten „Indiana Jones“ -Film, wie Laserschwerter zu „Star Wars“, weshalb es sehr viele Nahkämpfe und Verfolgungsjagden gibt, doch das besondere an den Actionszenen der Trilogie war, dass man sich nie wirklich wiederholte und viel Abwechslung selbst innerhalb des eigenständigen Filmes brachte, doch beim „Königreich des Kristallschädels“ gibt es leider fast nur Auto- oder Motorradverfolgungsjagden, welche man irgendwie schon kennt und sehr einfallslos wirken. Ein weiteres Problem der Actionsequenzen, gerade bei der Verfolgung am Amazonas mit Amphibienfahrzeugen, ist, dass sie leider sehr langatmig ist und nicht mehr mit den kurzweiligen, fantastischen Actionszenen der ersten drei Teile zu vergleichen ist. Ein weiteres Problem der Handlung ist der Kristallschädel selbst, denn dieser wird zu oft als Lösung aus einer unausweichlichen Situation, wie beispielsweise den Ameisen, den Ugha in Akator oder als Eingangsschlüssel um eine Tür zu öffnen, und man hätte gerne andere Wege und Ideen als Flucht präsentiert bekommen, weil dadurch die Spannung an diesen Stellen darunter leidet. Doch egal wie interessant und unterhaltsam die Handlung auch realisiert wurde, ein paar denkwürdige „Plot-Holes“ gibt es trotzdem, gerade anfangs, als man den Zuschauer einfach ohne Einleitung Jones und Mac zeigt, ohne zu erfahren, warum gerade Jones ausgewählt wurde, denn anscheinend ist er nicht sonderlich bekannt und er sagt selbst, dass im Bus in New Mexico noch viele andere saßen und er selbst das Objekt nie zu Gesicht bekommen hat. Oder es gibt, nicht zuletzt wegen des Schnittes von Michael Kahn, einige bedenkliche Szenenübergänge, die zu schnell sind, da denke ich gerade an die Szene, als die Reisetruppe vor dem hohen Wasserfall-Schädel steht und in der nächsten Einstellung sich schon im Inneren befinden, ohne zu zeigen, wie sie dort hingekommen sind, allerdings sind diese Handlungsschwächen durchaus verkraftbar und stören den eigentlichen Filmgenuss glücklicherweise nur bedingt. Die Darsteller hingegen sind oftmals sehr gut, wie zB Mutt Williams, welcher der perfekte, archetypische 50er Jahre Draufgänger mit einem Motorrad darstellt, doch leider ist seine spätere Charakterentwicklung schon nach kurzer Zeit vorausschaubar, auch wenn man seinem Darsteller Shia LaBeouf keinen Vorwurf machen kann, weil er seine Figur glaubhaft darstellt. Marion Williams wird wieder von Karen Allen verkörpert, welche viele witzige Momente, vor allem durch Dialoge mit Ford, zeigen darf und die schlagfertige Frau ebenfalls glaubhaft mimt. Harrison Ford gibt wieder den Professor Jones, allerdings mit etwas Lustlosigkeit und Langeweile, es fehlt ihm etwas an Begeisterung für die Handlung, auch wenn man Ford zuschreiben muss, dass er viele seiner Stunts, egal ob es schwimmen, kämpfen oder Fahrzeuge fahren waren, selbst erledigt hat, was man auch im Endeffekt realisiert. Aber auch Ford hat desöfterem seine Höhepunkte, wie zB in seinem Haus, als er mit Begeisterung die Nazca Linien entdeckt oder während Diskussionen mit seiner Marion. Leider lässt Regisseur Spielberg einige legendäre Elemente der Figur weg, wie zB die Peitsche, welche Jones nur ein einziges Mal den gesamten Film über benutzt. Wer jetzt allerdings eine ähnlich amüsante und tiefgründige Vater-Sohn Beziehung zwischen Henry und Mutt, wie im „letzten Kreuzzug“ erwartet, wird leider enttäuscht werden, zwar gibt es einige Momente, bei denen man schmunzeln kann, wie zB das Schulabbrecher-Thema, allerdings will der Funke zwischen beiden Schauspielern nicht überspringen und es wird viel Potenzial verschenkt, auch wenn es schön ist zu sehen, wie ähnlich sich Henry Jr. und sein Senior in der Vaterrolle sind. Auch wenn es nicht die Schuld von Darstellerin Cate Blanchett, die man aus den „Herr der Ringe“ oder den „Hobbit“ Filmen als Galadriel kennt, ist, wirkt ihre Rolle der Gegenspielerin Irina Spalko nie wirklich bedrohlich und es kommt leider nie zu einer direkten Konfrontation mit Jones, sondern diese Arbeit erledigen Handlanger wie Igor Jijikine als Dovchenko. Perfekt besetzt wurde die Rolle des undurchsichtigen George „Mac“ McHale mit Ray Winstone, auch wenn man ein wenig mehr Charakterzeichnung an seiner Stelle gewünscht hätte. Das Setting ist des Films ist in ab der zweiten Hälfte des Filmes der südamerikanische Urwald, weshalb viele dieser Szenen auf Hilo, Hawaii gedreht wurden, sogar einige Elemente der Amphibienfahrzeugverfolgung, allerdings wurden auch viele dieser Szenen mit den Darsteller um Ford, Blanchett oder LaBeouf in den Universal Studios in Los Angeles gedreht. Die Szenen an der Universität wurden, wie auch schon bei den Vorgängerfilmen, an der Yale Universität in New Haven, Connecticut gedreht, wofür extra sämtliche Plakate oder Straßenschilder an das 50er Jahre Setting angepasst wurden. Wurden für die Filme der Trilogie immer riesige Sets entworfen und gebaut, so wurden beim „Königreich des Kristallschädels“ viele Szenen mit Hilfe von Greenscreens im Studio gedreht, was gerade bei der „Atombombenexplosion“-Szene zu erkennen ist oder auch bei der oben genannten Säbelkampfszene auf den Fahrzeugen mit Mutt und Spalko wurde vor einem Greenscreen gedreht, was leider dem Film ein wenig an Authentizität kostet, weil man nicht mehr richtig mitfühlen kann, weil man erkennt, dass es nicht an realen Drehorten entstanden ist, wobei man das von der Trilogie nicht behaupten kann. Und auch die schönen, kleinen Modelle, welchen für den besonderen Charme der Actionszenen der ersten drei Filme verantwortlich waren, wurden durch die heutigen CGI Effekte ersetzt. Klar wären damals auch schon CGI Effekte in dieser Anzahl verwendet worden, wenn sie auf dem Stand der heutigen Technik gewesen wären, allerdings nehmen diese CGI Effekte dem Film seinen typischen Charme und wieder leidet ein wenig die Spannung darunter, weil man einfach sehen kann, dass es sich hierbei nur um Effekte aus dem Computer handelt und man nicht mehr bei den Actionsequenzen so mitgerissen wird, beispielsweise wurde der Baumfräser komplett animiert und leider auch andere Fahrzeuge in dieser Sequenz. Darüber hinaus muss man sagen, dass es einige Szenen im Film gibt, bei denen George Lucas und sein Special Effects Team „Industrial Light and Magic“ nur zeigen wollen, wie gut ihr CGI aussieht, anstatt dass die Szene etwas zum Handlungsstrang beiträgt, wie zB den fragwürdigen Murmeltieren am Anfang oder die Atombombenexplosion, welche dazu auch noch extrem befremdlich und sinnlos wirkt. Was hat sich Lucas dabei gedacht, unseren Helden in einen Kühlschrank zu stecken, außer dass man die tollen CGI-Effekte präsentieren kann? Ein weiteres Beispiel einer solchen Szene ist jene mit Mutt und den Affen im Dschungel und die darauf folgende Sequenz, welche stark an „Tarzan“ erinnert, denn hier wirkt alles sehr unglaubwürdig und man ist einmal mehr nur auf Effekte aus. Allerdings gibt es auch positive CGI Effekte, wie zB während des Prologs, also dem Anfang des Filmes, in der Lagerhalle, denn hier wirkt diese wirklich, als wäre sie unendlich groß und dem Zuschauer fallen die Effekte kaum auf. Allerdings entfernt sich der Film zumindest nicht überall allzu sehr von der originalen Trilogie, denn die Macher um Regisseur Steven Spielberg, versuchen den alten, unvergleichlichen Charme der 80er Filme in Form von Soundeffekten wie zB bei Faustkämpfen oder auch durch den speziellen, satinfarbenen Kamerafilter wiederherzustellen, und das muss man ihnen hoch anrechnen, denn es fühlt sich, abseits der CGI Effekte, nicht wie ein 2008er Film an, sondern wirklich, als wäre er in den 50ern entstanden. Was ebenfalls positiv auffällt ist die ausgezeichnete Kameraarbeit vom Experten Janusz Kaminski, weil es einige tolle Kameraschwenker gibt, wie beispielsweise im Prolog, als man zuerst Jones im Fokus hat, dann aber die Kamera zu seinem Kumpel Mac schwenkt, der mit einer Waffe auf ihn zielt. Darüber hinaus werden auch die Actionsequenzen ohne nervige Wackler und immer mit einem guten Abstand eingefangen, so hat man einen ständigen Überblick auf das Geschehen und ist trotzdem immer mittendrin. Die Filmmusik stammt wieder von Oscar-Gewinner John Williams, welcher sehr oft auf die Grundelemente des Hauptthemas, nämlich dem „Raiders March“ zurückgreift, allerdings komponiert Williams auch viele neue Stücke, die sich allerdings sehr gut in die Musik der ersten Filme einfügen. Besonders auffallend ist des Stück des Kristallschädels selbst, welches durch immer wiederkehrende kurze, wiederholende Noten fast schon den Zuschauer hypnotisiert, so wie es der Schädel mit Oxley oder Indy persönlich anstellt. Es gibt auch passende Gemeinsamkeiten zwischen der Musik von Teil 4 und den anderen, ich denke da vor allem an die Motorradverfolgung über den Campus, welche musikalisch und passenderweise an die legendäre Motorrad mit Beiwagen Sequenz des direkten Vorgängerfilms erinnert. Leider ist die Musik ein wenig zu leise geraten und man hätte durch eine Steigerung der Lautstärke den Zuschauer mehr mitreißen können, aber auch so macht der Soundtrack wirklich Spaß. „Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels“ hat also eine solide Handlung, wenn auch mit einigen Schwächen, weitestgehend tolle Darsteller und auch die Actionsequenzen wissen zu gefallen, auch wenn sie abwechslungsreicher hätten sein können, doch leider wurden zu oft CGI Effekte benutzt, was dem Film ein wenig des Charmes kostet. Der vierte Teil ist ganz klar mit deutlichem Abstand der schwächste Film der Reihe, allerdings ist es trotzdem ein unterhaltsamer Film und es macht Spaß, den legendären Archäologen ein weiteres Mal zu sehen. [b]Bewertung: 7/10 Punkten[/b]
Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels Bewertung