Bewertung: 3 / 5
Wer kennt sie nicht, die Geschichte von Hans und der Bohnenranke? Im Originalmärchen heißt der Junge Jack, so wie auch in der Kinoadaption von Bryan Singer. Gleichnamiger Jack (Nicholas Hoult) ist ein einfacher Bauernjunge, der seit seiner Kindheit Träumen und Märchen nachhängt. Vor allem eine Geschichte hatte es ihm stets besonders angetan: Die Legende von den Riesen, die einst auf der Erde die Menschen bedrohten und nun in einem Land zwischen Himmel und Erde leben.
Als Jack eines Tages von seinem Onkel ausgeschickt wird, Pferd und Karren zu verkaufen, lässt er sich von einem Priester Bohnen - nein, magische Artefakte! - dafür andrehen. Nebenbei stolpert er über Prinzessin Isabelle (Eleanor Tomlinson), die einmal mehr der Enge des Schlosses entkommen wollte. Wieder daheim ist Jacks Onkel gar nicht darüber erfreut, was sein Neffe anstatt Gold mit nach Hause gebracht hat und ehe es einer bemerkt, landet eine der Zauberbohnen auch schon zwischen den Dielen des Hauses. Alsbald nehmen die Dinge ihren Lauf, als kurz darauf im strömenden Regen die Isabelle vor der Hütte steht. Erneut ist sie geflohen, da ihr Vater, König Brahmwell (Ian McShane), sie unbedingt mit Sir Roderick (Stanley Tucci) verheiraten will. Regen und Bohne unter den Dielen, der Rest ist wie 1 und 1 addieren: Eine gewaltige Bohnenranke erfasst die Hütte und trägt Isabelle hinauf in den Himmel, nur Jack bleibt zurück. Zusammen mit den Soldaten des Königs macht sich Jack auf, Isabelle zu retten, doch die Männer ahnen nicht, zu welchen Gefahren die Kletterbohne sie führt. Denn die Legenden über Riesen sind wahr...
Trailer zu Jack and the Giants
Wir machten keinen Hehl daraus, dass schon bei den Trailern im Vorfeld der Funke von Jack and the Giants nicht auf uns überspringen wollte. Entsprechend gering waren unsere Erwartungen und entsprechend groß die Überraschung, dass der Film dann doch unterhaltsamer ist als zuvor befürchtet. Dazu tragen verschiedene Faktoren bei, zuvorderst die Schauspieler. Vor allem Hauptdarsteller Nicholas Hoult machte in den bisher gezeigten Szenen oft einen zu gelackten, recht deplatzierten Eindruck, die Chemie schien einfach nicht zu stimmen. Umso schöner zu sehen, dass sich im Film dagegen ein deutlich besseres Bild ergibt, woran auch die deutsche Synchronisation ihren Anteil haben könnte. Zusammen mit Eleanor Tomlinson als Isabelle gibt er ein passables und glaubhaftes Märchenpaar ab, welches schauspielerisch aber auch nicht an seine Grenzen geführt wird. Schauspieler einer Klasse wie Stanley Tucci als fieser Roderick oder Ian McShane als König Brahmwell schütteln dagegen ihre recht einfach gestrickten Rollen locker, aber souverän aus dem Ärmel. Am auffälligsten unter den Nebendarstellern ist da Ewan McGregor, der seine Rolle als Elmont charmant, süffisant und wirklich überzeugend rüberbringt.
Ebenfalls positiv fällt die angenehme Laufzeit von 114 Minuten auf. Wurde es in letzter Zeit üblich, immer mehr Filme jenseits der zwei Stunden Laufzeit zu schneiden, gibt sich Bryan Singer bei Jack and the Giants genügsam. Der Erzählfluss einer durchaus runden und kurzweiligen Geschichte dankt es ihm. Auf Hänger und unnötige Szenen wird hier komplett verzichtet, Langeweile ist damit im Kino vorerst ausgeschlossen.
Jack and the Giants hat dabei eine lange und bewegte Geschichte hinter sich und viele Jahre war Bryan Singer damit beschäftigt, für Warner Bros. diese Neuauflage in die Kinos zu bringen. Doch die Produktion lief nicht ohne Schwierigkeiten ab. So war der Film bereits Ende 2011 nahezu fertig und der erste Trailer kündigte den Film an, dem Start im Sommer 2012 sollte nichts im Weg stehen. Doch kurz darauf verschob Warner den Film um mehrere Monate auf einen immer recht undankbaren Kinostarttermin im März. Anscheinend konnte man sich nicht entscheiden, was mit Jack and the Giants anzufangen war und was der Film eigentlich darstellen sollte - düsteres Märchen oder Spaß für die ganze Familie? Diese Entscheidungsproblematik merkt man dem Film nämlich deutlich an.
Teils unheimlich, dann wieder mit nervigen Sidekicks vollgepackt, dann wieder abenteuerlich. So präsentiert sich Jack and the Giants dem Zuschauer. Dabei schafft es Singer nur selten, eine klare Linie vorzugeben und es scheint wohl einmal mehr zuzutreffen, dass ein Filmstudio massiv bei der Produktion interveniert hatte. Anders können wir uns diese Unstimmigkeiten nicht erklären. Dazu passt auch, dass der Film in den USA ursprünglich als Jack the Giant Killer in die Kinos kommen sollte, bevor "Killer" zu "Slayer" wurde. "Töter" verkauft sich an ein Familienpublikum offenbar besser in der Warner-Logik. In Deutschland wählten die Verantwortlichen einmal mehr den dusseligsten Weg und so wurde ein englischer Titel durch einen englischen ersetzt. Doch ist dies nicht das Problem, bestenfalls eine lustige Anekdote. Im Film zeigt sich in vielen Szenen, dass durchaus ein düsteres und unheimliches Bild gezeichnet wird, das dann oft mit Slapstickeinlagen und dünnem Humor entschärft wird. Manche Szenen sind gefühlt für einige Kinder zu brutal, für älteres Publikum dann wieder zu harmlos. Da werden Soldaten gefressen und Schweine lebend gebacken, nur um kurz darauf einem dümmlichen Afro-Riesen dabei zuzusehen, wie er sich von einer Biene die Klippe runterstoßen lässt.
Problematisch sind auch die Trickeffekte. So löblich es von Warner war, Singer 195 Mio. $ zu überantworten, so sinnlos scheint diese Entscheidung, sieht man sich das Ergebnis an. Zwar nimmt der 3D-Effekt vielen Szenen etwas von ihrer Künstlichkeit, doch ist dieser an Irrelevanz kaum zu überbieten. Nur selten wird mit dem sich geradezu anbietenden Spiel mit der Höhe herumexperimentiert. Ohne 3D dürfte sich dagegen das Bild aus den Trailern bestätigen: Gestochen scharf wirkt der Film unecht und vor allem die Riesen sind zwar abwechslungsreich, aber ihre Inszenierung als CGI-Figuren lässt einen einfach kalt. Sie wirken nicht wie Wesen, die ins Jahr 2013 gehören, sie sind weder bahnbrechend noch etwas, was wir in der Post-Avatar-/Post-Gollum-Ära von digitalen Hauptfiguren als Zuschauer erwarten dürfen. Auch sonst fehlt es den Effekten oft an Reiz. Vieles sieht gut, aber auch leblos aus, echtes Erstaunen will sich nicht einstellen, zu vertraut wirkt das, was Singer auf die Leinwand zaubert. Ein großer Wald, eine Bauernhütte und ein Schloss, dies hat in einem modernen Märchenfilm als Landschaftsidylle zu reichen. Der Zuschauer kann bei dem Budget eigentlich ein paar mehr Augenöffner erwarten und in diesem Punkt hatte beispielsweise Snow White and the Huntsman im vergangenen Jahr visuell weitaus mehr zu bieten und das für deutlich weniger Geld. Dabei geht es nicht um billige Effekthascherei, sondern darum, dass Märchenfilme auch zum Träumen anregen sollten. In diesem Punkt versagt Jack and the Giants leider.
Über das ziemlich unpassende und für uns auch sehr störende Ende des Films wollen wir uns an der Stelle nicht weiter auslassen, hier soll jeder selbst entscheiden und wir freuen uns auf die folgenden Diskussionen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Jack and the Giants deutlich unterhaltsamer geworden ist als zu erwarten war. Dennoch bietet der Film nicht wirklich etwas Neues, weder als Remake noch als visuelles Spektakel. Was bleibt, ist ein durchaus kurzweiliger Streifen, der aber weder Fisch noch Fleisch ist. Fantasy-Fans und Familien mit nicht ganz zu kleinen Kindern können durchaus einen Blick wagen, der Rest wartet dann doch lieber auf eine Ausstrahlung im TV - als Sonntagnachmittagsfilm ist Jack and the Giants regelrecht ideal.