Bewertung: 3 / 5
1993 nahm uns Steven Spielberg mit auf eine unglaubliche Abenteuerreise in den Jurassic Park. Mit bahnbrechenden visuellen Effekten, die auch heute noch ihresgleichen suchen, erweckte er die Dinosaurier wahrhaftig wieder zum Leben. John Williams kreierte eine unvergleichliche Titelmelodie, welche der Geschichte zusätzliche Ausdrucksstärke verlieh. 1997 und 2001 kehrten wir zunächst erneut unter Spielberg und danach unter Joe Johnston in die Welt der Dinosaurier zurück. Auch wenn diese beiden Fortsetzungen qualitativ weit hinter dem Vorgänger zurückblieben, konnten sie dennoch als Dino-Abenteuer mit charakteristischer Atmosphäre überzeugen. Daraufhin wurde es lange Zeit still um den Jurassic Park. Ein Fortsetzungsgerücht folgte dem nächsten, erst 2012 kristallisierte sich ein ernsthafter Ansatz heraus. Elf Jahre nach Teil 3 wurde die Filmreihe ordentlich umgekrempelt. Die Regie übernahm der Neuling Colin Trevorrow, den Soundtrack schrieb nun Michael Giacchino. Die Dinosaurier stammen diesmal zu einem sehr großen Teil aus dem Computer und aus dem alten Cast kehrt nur B. D. Wong als Dr. Henry Wu zurück. Kann Teil 4 der Reihe trotzdem überzeugen?
Der einst von John Hammond erdachte Jurassic Park ist längst Geschichte, auf dessen Ruinen erbaute Simon Masrani (Irrfan Khan) mit Jurassic World einen neuen und diesmal erfolgreichen Vergnügungspark. Als eine der zahlreichen Attraktionen fungiert ein Rudel Velociraptoren, welches durch den Ex-Navi-Soldaten Owen Grady (Chris Pratt) aufgezogen wurde und ihn als Alphatier anerkennt. Getrieben von den Geldgebern lassen Masrani und die Parkleiterin Claire Dearing (Bryce Dallas Howard) neben normalen Dinosauriern auch einen genmanipulierten Hybridsaurier erschaffen. Dieser aus mehreren Tier- und Dinosauriergenen kombinierte Indominus Rex wird in seiner Intelligenz von den Parkleitern unterschätzt, was in einer verheerenden Katastrophe endet...
Nun, wo und wie soll ich mit der Beschreibung meines Filmerlebnisses anfangen? Ich stelle am besten zu Beginn gleich klar, dass Jurassic World meine Erwartungen nicht wirklich erfüllen konnte. Und dabei fing die Geschichte zu Beginn noch ziemlich spannend und interessant an! Es hat schon was für sich, wenn man nach drei Filmen endlich einen fertigen, funktionstüchtigen und erfolgreichen Dino-Park zu Gesicht bekommt! Trevorrow baut dieses Erlebnis geschickt auf und gibt Stück für Stück mehr von dem Park preis. Zunächst startet er beim Nullpunkt auf dem Flughafen. Die Wirkung des Parks kann man nur aus dem geführten Dialog entnehmen. Danach zeigt Trevorrow den Park auf lokaler Ebene, z.B. die Fahrt durch das Tor oder die Innenräume. Abschließend eine Großbildaufnahme, welchen den kompletten Park enthüllt. Atmosphärisch untermalt werden diese Anfangsszenen sowohl durch das klassische Jurassic Park Thema als auch durch das großartige Jurassic World Thema von Michael Giacchino. Bezugspunkt für den Zuschauer ist hier der von Ty Simpkins gespielte Junge Gray Mitchell. Begeistert vom Park ist er ständig in Bewegung, vollzieht Luftsprünge und möchte am liebsten alle Attraktionen zugleich sehen. Diese Begeisterung färbte unweigerlich auf mich ab, da fühlte ich mich sofort auch wieder in meine Kindheit zurückversetzt. Bei einer der Attraktionen ist mir echt das Herz aufgegangen!
So ein erster Filmabschnitt schürt natürlich die Erwartungen, dass die Geschichte im weiteren Verlauf ähnlich atmosphärisch dicht erzählt wird und obendrein sympathische Charaktere zu bieten hat. Leider weit gefehlt. Potentielle Ansätze sind vorhanden, letztendlich wird daraus aber nur selten etwas wirklich Gutes gemacht. Für mich leidet Jurassic World an zwei Hauptproblemen, zum Einen ist damit der Großteil des Casts bzw. der Charaktere gemeint und zum Anderen der eingespielte Soundtrack. Über die Genialität des klassischen Hauptthemas von John Williams brauche ich kein Wort zu verlieren. Auch das von Michael Giacchino für Jurassic World kreierte Hauptthema hat mir ziemlich gut gefallen. Es hebt sich vollständig von Williams Melodien ab und entwickelt seinen eigenen, bombastischen Klang. Abseits davon besteht der Soundtrack jedoch aus generischen Melodien ohne Wiedererkennungswert, obendrein werden die beiden Hauptthemen nur selten in die Geschichte eingebaut. Aufgrunddessen fehlt Jurassic World zum Großteil der musikalische Pepp, was sich schließlich negativ auf die Atmosphäre und den Nostalgiefaktor auswirkt.
Zweites Problem, die Schauspieler und Charaktere. Der Anteil an belanglosen und unsympathischen Charakteren ist in Jurassic World einfach zu groß. Die eigentlichen Helden sind die Dinosaurier. Fairerweise muss man anmerken, dass die Jurassic Park Filme primär bisher noch nie von den menschlichen Charakteren getragen wurden, aber in den drei Vorgängern war stets eine Grundbasis in Sachen Sympathie, etc vorhanden. Die einzigen Charaktere, mit denen ich über die gesamte Laufzeit etwas anfangen konnte, waren Chris Pratts Owen Grady und Irrfan Khans Simon Masrani. Pratt spielt den "Father of Raptors" cool und sympathisch, des Weiteren ist er wohl der einzige Charakter mit gesundem Menschenverstand in der Geschichte. Darüberhinaus gefällt mir die Fantheorie, dass es sich bei Owen Grady um den nun erwachsenen Jungen handelt, dem Dr. Grant in Teil 1 die Raptoren-Predigt gehalten hat. Irrfan Khan spielt ähnlich cool, vor allem in seiner Rolle als Anfängerpilot. Dr. Henry Wu mutiert hier leider zu einem absoluten Oberarschloch, Vincent D`Onofrio kann seinem schurkischen Militärcharakter keine Tiefe verleihen. Wie oben erwähnt, konnte mich Ty Simpkins als begeistertes Kind in der Anfangssequenz voll überzeugen, im weiteren Verlauf verlor ich jedoch das Interesse an seinem Charakter. Dessen Filmbruder im Teenageralter (Nick Robinson) war komplett belanglos. Die Parkleiterin Claire Dearing empfand ich sowohl wegen ihren Charakterzügen als auch wegen ihren Entscheidungen als unsympathisch. Egal wie unpassend es ist, zwischen all der Dino-Action darf es natürlich auch nicht an einer Lovestory bzw. Familienkitsch fehlen. War es in Teil 1 noch authentisch umgesetzt, wirkte es hier reichlich nervig.
Neben Chris Pratt zeichnen sich definitiv die Dinosaurier dafür verantwortlich, dass Jurassic World nicht in einer Totalkatastrophe geendet ist. Trevorrow setzt dabei mehrmals auf Anspielungen an die Originalfilme, was mal mehr und mal weniger gut gelingt. Es bringt nichts, Momente 1:1 nachzustellen, weil der Wow-Effekt dadurch komplett wegfällt. Einen schönen Nostalgiepunkt stellte für mich dagegen der Abschnitt in der alten Jurassic Park Anlage dar, glücklicherweise setzt Trevorrow jedoch auch auf genügend eigene Impulse. Wie oben schon angedeutet, die eigentlichen Hauptcharaktere der Geschichte sind die Dinosaurier - insbesondere der Indominus Rex und die Velociraptoren. Es wird genau erläutert, wie die beiden Fraktionen handeln und aus welchen Gründen sie das tun. Trevorrow vollführt hier quasi eine "Wesensstudie" des Indominus Rex und der Raptoren. Ich fand diese Vorgehensweise ziemlich interessant, dementsprechend baute sich bei mir auch eine größere emotionale Bindung zu den Dinosauriern auf als zu den Menschen (Chris Pratt ausgeschlossen). In diesem Zusammenhang gefiel mir auch die Kritik an so manchen Lebensbedingungen in Zoos, Veranstaltungen wie z.B. Seaworld oder an fragwürdigen Militärforschungen. So hat mich z.B. die Szene besonders mitgerissen, in der das wahre Gefährdungspotential des Indominus Rex knallhart offenbart wurde. Als besonders spannend empfand ich die erste Begegnung mit dem Indominus Rex, in etwa: [i]"Der ist ja weiß!" - "Den Kindern wird es gefallen, aber die Eltern werden Albträume bekommen."[/i] Soll das eine Moby Dick Anspielung sein? Das wäre schon sehr genial!
Was die Actionszenen bzw. Verfolgungsjagden anbelangt, so vermochte Trevorrow diese stets spannend und beklemmend zu inszenieren, als positiver Effekt kommt das 3D hinzu. Speziell die Kamerafahrten im Raptorenrudel sehen ziemlich großartig aus, sowas fehlt in den alten Filmen einfach komplett! Mehr als positiv überrascht war ich von den visuellen Effekten. Sahen die Dinosaurier in den Trailern noch arg künstlich aus, hat sich das im fertigen Film ganz klar verbessert. Die Dinosaurier wirkten echt und authentisch, was den Actionszenen natürlich noch einen zusätzlichen Kick verliehen hat.
Tja, und dann wäre da noch diese Endszene :D Was soll ich sagen, optisch ist das eindeutig ein Augenschmaus, aber die Idee wirkte sehr befremdlich. Als unfreiwillig komisch oder Parodie würde ich die Szene nicht bezeichnen, eher als unpassend und zu nerdig. Mir kam es vor, als ob sich Trevorrow vor dem Dreh zu viele Kaiju-Filme à la Godzilla und Pacific Rim angeschaut hat und sich danach dachte: "[i]Das brauche ich auch in Jurassic World![/i]" Ich habe jeden Moment damit gerechnet, dass Chris Pratt ein "[i]Let them fight![/i]" in den Kinosaal ruft :D Außerdem hat hier - nur im Rahmen dieses Films - der falsche Dino gewonnen!
[b]Fazit:[/b]
Teil 1 bleibt weiterhin das einzig meisterhafte Werk der Reihe. Alles in allem bietet Jurassic World dennoch solide Unterhaltung in Form eines sympathischen Chris Pratts sowie in Form ordentlicher Dino-Action, die auch visuell überzeugen kann. Leider mangelt es größtenteils an klassicher Jurassic Park Atmosphäre, ein Nachteil im Gegensatz zu den beiden anderen Fortsetzungen. Unter einem anderen Titel wäre der Film eventuell besser aufgehoben gewesen. Allein stehend würde ich 7-8/10 Punkten vergeben, innerhalb der Jurassic Park Reihe eher [b]6/10 Punkten[/b].
Jurassic World Bewertung