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Noch tausend Worte

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Einfach mal die Klappe halten

Noch tausend Worte Kritik

Noch tausend Worte Kritik
0 Kommentare - 17.06.2012 von FBW
Hierbei handelt es sich um eine Kritik der Deutschen Film- und Medienbewertung (FBW).

Bewertung: 3.5 / 5

Eddie Murphy einen Maulkorb zu verpassen, ist in etwa so geistreich, wie ein feuriges Rennpferd eine Postkutsche ziehen zu lassen. Sein gut geöltes Mundwerk, das Synchronsprecher in die Verzweiflung treiben kann, ist das Markenzeichen der unverbesserlichen Quasselstrippe. Doch der Reiz der esoterisch angehauchten Familienkomödie Noch tausend Worte liegt genau darin, dem zuletzt mit seiner Filmwahl etwas glücklosen Hollywood-Star einfach mal den Mund zu verbieten. Weil ihm ein New-Age-Guru eine existenziell bedrohliche Lebensaufgabe auferlegt hat, muss sich der sonst so charmant wie dreist durch Leben schummelnde Literaturagent Jack McCall (Murphy) seine letzten Worte gut einteilen, sonst droht ihm endgültiges Verstummen. Ihm beim verzweifelten Grimassieren zuzusehen, macht trotz akuten Selbsterkenntnis-Kitschverdachts großen Spaß - und auch ein wenig nachdenklich.

Hollywood-Bewohner Jack McCall ist ein zynischer Geschäftsmann, wie er im Klischee-Bilderbuch steht. Er trägt zwar die feinsten Anzüge, hat aber die unfeinsten Manieren, wenn es darum geht, Gesprächspartner über den Tisch zu ziehen. Für seinen eigenen Vorteil lügt er, dass sich die Balken biegen - etwa wenn er im Stehcafé einen Notruf seiner angeblich hochschwangeren Ehefrau simuliert, nur um schneller an sein Koffein-Gebräu zu kommen.

Trailer zu Noch tausend Worte

Flunkern, Betrügen, Aufschneiden ist auch seine wichtigste Büro-Tätigkeit. Dort ist das smarte Selbstvermarktungstalent dafür zuständig, potenzielle Bestseller-Romanverträge an Land zu ziehen. McCall weiß, wie man mit zickigen Autoren umspringen muss. Mit Kleinigkeiten - etwa jenen, die Bücher, um die es ihm geht, vorab zu lesen - hält er sich nicht auf.

Doch wie alle Fans der eher bieder moralisierenden Familienkomödien wissen, kommt auch im harten Big Business der Hochmut vor dem Fall: Als McCall den zurückgezogen lebenden Sektenführer Dr. Sinja (großartig abgedreht: Cliff Curtis) aufspürt, um ihm die Buchrechte für seine Selbsterkennungs-Weisheiten abzuschwatzen, ist der selbstgerechte Hollywood-Manager an den Falschen geraten. Durch einen schmierigen Trick kommt McCall zwar an den entsprechenden Handschlag-Vertrag, allerdings findet er gleichzeitig aufgrund eines märchenhaften Zufalls einen eigenwilligen neuen Baum mitten in seinem prachtvollen Villen-Garten vor. Genau so ein Gewächs stand auch in den Parkanlagen von Dr. Sinja. Nur dass McCalls Exemplar eine besonders perfide Eigenschaft hat: Immer wenn sein Baum ein Blatt verliert, bedeutet das, dass das Plappermaul schon wieder um ein Wörtchen seinem Lebensende näher gekommen ist.

Tatsächlich scheint auf McCall ein Fluch zu lasten, wie er nach und nach herausfindet: pro Wort ein Blatt. Was das für McGall bedeutet, wird ihm klar, als es ihm mit jedem weggewehten Blatt schlechter geht. Also muss er zum Äußersten greifen: McGall sieht sich gezwungen, sich die verbleibenden rund 1000 Wort-Äußerungen genau einzuteilen - und schlagartig sein Leben zu ändern. Doch mit seinem wilden Grimassieren, den bizarren Grunzlauten und der anfänglich völlig unverständlichen Zeichensprache stößt er nicht nur seine Mitarbeiter, sondern vor allem seine sich missverstanden und vernachlässigt fühlende Gattin Caroline (Kerry Washington) schwer vor den Kopf.

Aus der zunächst etwas mechanisch wirkenden Grundidee entwickelt der Komödienspezialist Brian Robbins, mit dem Murphy schon bei Norbit und Mensch, Dave! als Regisseur zusammengearbeitet hat, routiniert ablaufende Unterhaltung mit einigen albernen Slapstick-Elementen und durchaus ernsten spirituellem Überbau. Soll heißen: Während man anfänglich beherzt lachen kann, regt der Film ab dem zweiten Drittel verstärkt zur Nachdenklichkeit an, bis ein Ende eintritt, das nicht ganz unerwartet doch noch versöhnt. Eddie Murphy hat schon Peinlicheres gedreht. Und irgendwie geht es auch dem kaltherzigsten Betrachter nahe, wenn ein so großartiges Quassel-Talent wie er einmal still und leise wird.

Noch tausend Worte bekommt 3,5 von 5 Hüten.


(Quelle: teleschau - der mediendienst | Rupert Sommer)

Noch tausend Worte Bewertung
Bewertung des Films
710

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