Bewertung: 4 / 5
Dass Gore Verbinski ein Western Fan ist, weiß man eigentlich nicht erst seit Rango. Sowohl sein The Mexican, als auch der zweite und dritte Teil seiner Fluch der Karibik- Trilogie zeugen davon. Im Gegensatz zu Kult-Lieblingen wie Tarantino oder Rodriguez ist Verbinski jedoch keiner, der eine sonderlich große Fanbasis hat. Im weiteren Gegensatz zu beiden genannten Regisseuren kann man Verbinski aber auch bescheinigen, dass er ein astreiner und versierter Handwerker ist (Rodriguez ist mal hopp mal Flop, und Tarantino ist immer Tarantino), dessen handschrift mittlerweile auch deutlich erkennbar ist: Sowhl Fluch der Karibik 3, Rango als auch Lone Ranger haben eine ähnliche melancholische Grundschwingung vorzuweisen. Sehr häufig wird diese deutliche Handschrift Verbinskis mit der Johhny Depps irrtümlicherweise gleichgesetzt. Man schaue sich nur noch einmal The Mexican an, um zu sehen, dass es nichts mit Mr Depp zu tun hat. Der wohl einzige Film von Verbinski, der diese Handschrift nicht hat, ist The Ring, was wohl daran liegt, dass es kein Original-Stoff ist, sondern ein Remake eines Japanischen Horror-Klassikers, und auch hier zeigt sich die Klasse eines Verbinski. Aber zurück zum Lone Ranger: The Lone Ranger ist eine Figur aus der amerikanischen Popkultur, jeder kennt ihn und seinen treuen Kumpanen Tonto und weiss um die seichten Geschichten, die im rahmen einer Folge "Western von Gestern" abgehandelt werden können. Im Grunde genommen ist also, wenn jemand von einem Remake für das Kino ausgeht, davon auszugehen, dass eine seichte Westernkomödie im Stile eines Maverick (im besten Fall) oder eines Wild Wild West (im schlimmsten Fall) entsteht. Nichts tiefschürfendes, intelligentes oder länger im Gedächtnis haftendes. Das ist die Erwartungshaltung. Diese Erwartungshaltung wird vor allem dadurch verstärkt, dass der Film mit den Machern von Fluch der Karibik beworben wird. Beworben und unterwandert, muß man sagen. Die Handlung liest sich denkbar einfach: Die Ursprungsgeschichte vom Lone Ranger. Mehr wird nicht verraten, um nicht zu spoilern. Und dennoch, von der ersten Minute an (in diesem Fall tatsächlich so), weiß man, dass hier eine extrem ambitionierte Geschichte erzählt werden soll. Was anfangs mit zaghaften Kritikpunkten am klassischen Western beginnt, wird, je länger der Film dauert, eine zünftige Abrechnung mit dem Western alter Schule, dennoch eine unerhörte Ehrerbietung der Größten des Genres. Klingt auf den ersten Blick paradox? Ist aber so... Es werden solche Filme wie Little Big Man, Young Guns 2, Die Dollar Trilogie, die besten John Ford Western gehuldigt und zitiert mit Szenen, die, wenn es sie so in der Art nicht schon gäbe, für die Ewigkeit wären, und Musikeinspielungen, die ganz klar machen, wer hier gehuldigt wird (nur ein Beispiel: die berühmte Brunnen-Szene von Leone (sosohl in Zwei Glorreiche Halunken als auch in Spiel mir das Lied vom Tod) findet hier eine ähnliche Widerspiegelung wie in Tarantinos Inglorious Basterds, dennoch kommt kein Zuschauer auf dem ersten Blick auf die Idee, dass es hier auch um eine Reminiszens handeln könnte. Dabei entwickelt sich der Film für heutige Sehgewohnheiten recht langatmig (sagen zumindest einige Kritiker), dies stimmt so aber nicht. Der Film nimmt sich nur die Zeit, seine Geschichte richtig und ungehetzt zu erzählen. ich würde daher sagen, dass er sich eher klassisch entwickelt als langatmig. In der heutigen Zeit mögen das einige Leute gleichsetzen. Spätestens wenn der Film komplett seinen kritischen Aspekt auftischt, wird klar, warum er überhaupt so floppen konnte. An der Qualität wird es nicht gelegen haben. Aber vor allem die Amerikaner, für die der Film ja konzipiert ist, wird er mit seiner Message ziemlich vor den Kopf stoßen. Und diese Aussage ist unabhängig vom mystisch überhöhten Metaverlauf in der Handlung. Spätestens hier fragt man sich, ob die Produzenten überhaupt das Drehbuch gelesen hatten, bevor sie das Budget locker machten, denn so ein Film kann nicht ernsthaft damit rechnen, ein Blockbuster zu werden. Dazu eckt er irgendwie doch zu sehr an. Die böse Kritik im Vorfeld des Films und die Unkenrufe, die den Film tatsächlich dann in Bedrängnis gebracht haben, und Disney dazu brachten ihre Exklusivbeziehung mit Jerry Bruckheimer zu revidieren, ist vollends überzogen und eigentlich meines Erachtens tatsächlich das, was die Crew des Films im Vorfeld ja auch beklagt hatte: Im Vorfeld gestreute negative Publicity, um ein Produkt zu zerstören, egal wie gut es ist. Das, was man auf jeden Fall kritisieren kann, ist das mittlerweile berühmt berüchtigte Finale mit zwei Eisenbahnen. Viel zu teuer inszeniert für so etwas relativ unspektakuläres. Hier hätte man Millionen sparen können, nein müssen, indem man auf Computer-Effekte hätte umsteigen können. Aber nein, Geld ist ja dazu da, verpulvert zu werden. Wers hat... Ansonsten ist das Finale aber im Kontext betrachtet absolut amüsant und passen, da hier die gute alte 1930er bis 1940er zelebriert werden, inklusiver deftiger Musik dazu. Alles in allem ein sehr angenehmer Western, der deutlich ambintionierter und besser ist, als allerorts gemacht. Es gab zwei Filme 2013, die im Vorfeld von der Pressen vernichtet wurden, Lone Ranger und World War Z. Und einer konnte sich dennoch durchsetzen. Ich wage zu sagen, dass es nicht der bessere von beiden war. Was hat das alles mit Rango zu tun? Gäbe es nicht Rango vom gleichen Regisseur, der sich ebenfalls als eine Art Western-Hommage gepaart mit Chinatown-anleihen sieht, der eine ähnliche melancholische Athmosphäre hat, der ein besseres Finale hat und der auch in der Metaebene besser funktioniert, wenn das alles nicht wäre, dann könnte man Lone Ranger sogar noch besser beurteilen. Aber den Vergleich verliert The Lone ranger, vielleicht auch, weil er ambitionierter und weniger verspielt ist? Dennoch annähernd sehr gut ist der Film allemal, man muß ihm nur die Zeit lassen.
Lone Ranger Bewertung