Bewertung: 2.5 / 5
Mit "Scarface" revolutionierte Brian De Palma das Gangsterfilmgenre, aus heutiger Sicht muss ich allerdings feststellen: Entweder habe ich mich aufgrund neuerer Gangsterfilme mittlerweile an diesem Stil sattgesehen oder diese Gangsterfilme fallen tatsächlich besser aus als "Scarface" selbst.
Brian De Palma erzählt in unfassbar langen 160 Minuten von einem kriminellen Kubaner in den USA, seinem Aufstieg vom Tellerwäscher zum Millionär und seinem anschießenden Fall. Warum muss der Film so aufgeblasen werden, wenn er sichauf seine Hauptfigur konzentriert und die Nebenfiguren nur als Actio-Reactio-Schemata in seinem Umfeld fungieren? Hier wird schließlich keine komplexe Familiengeschichte wie in "Der Pate" oder "Goodfellas" erzählt, was die Laufzeit rechtfertigen würde. 160 Minuten muss ich einem unsympathischen Arschloch beim Leben zusehen, von Al Pacino zwar meisterhaft gespielt, aber ich kann mir wahrlich etwas Spannenderes und Interessanteres vorstellen! Etwas fragwürdig wird es zudem, wenn Tony Montana zum Schluss einer Jesus-Figur gleich in seinen Tod stürzt und so von De Palma unweigerlich auf ein Podest gestellt wird.
Über die Jahre hinweg avancierte "Scarface" zum Kultfilm, die aufstrebende Hip-Hop-Szene der 80er- und 90er-Jahre machte sich Tony Montana zum Vorbild, Rockstar setzte dem Film mit ihrer GTA-Reihe schließlich ein Videospiel-Denkmal. Jeder von uns hat wahrscheinlich irgendwann einmal in einem GTA-Spiel sinnlos um sich geballert und Autos gestohlen, jedoch würde ich nur "GTA Online" als wirklich gelungenen Teil der Reihe bezeichnen. Hier steht im Gegensatz zu den anderen Spielen der Spaß mit Freunden und anderen menschlichen Mitspielern im Vordergrund.
Im Nachhinein kann man eigentlich nur froh sein, dass Harmony Korine und James Franco sich der Sache mit "Spring Breakers" annahmen und "Scarface", Tony Montana und der Popkultur satirisch den Spiegel vorhielten.
"I got Scarface. On repeat. Scarface on repeat! Constant, y´all!"
https://www.youtube.com/watch?v=kTt-2H5SntE
Dem Remake stehe ich aufgrunddessen sehr aufgeschlossen gegenüber, "Scarface" benötigt meiner Meinung nach dringend eine Frischzellenkur. David Ayer hätte das denke ich sehr gut hinbekommen. Wenn ich allerdings lesen muss, dass sich die Produzenten von Ayer getrennt haben, weil ihnen sein Skript zu düster ausgefallen ist, dann halten sich meine Hoffnungen auf ein überzeugendes Remake leider in Grenzen.