Bewertung: 2.5 / 5
Als Christian Bale zum ersten mal im Film zu sehen war, habe ich meinen eigenen Vorsatz gebrochen, den ich während des Anschauens getroffen hatte: "Ich werde nicht nachschauen, wie viele Minuten ich schon hinter mir habe." Nun war ich allerdings erstaunt darüber, wie lange Bale mit seinem ersten Auftritt auf sich warten ließ, und ich wollte wissen, wie lange er dafür tatsächlich brauchte. Er waren 90 Minuten. 90 Minuten, die sich angefühlt haben wie 120, und es sollten noch weitere 30 Minuten folgen!
Was ich damit sagen will: The New World zieht sich. Und zwar sehr!
Was sich schon in The Thin Red Line offenbarte, zeigt sich hier in vollem Ausmaß. Malick ist niemand, der aktiv auf den Zuschauer zugeht. Vielmehr präsentiert er seine Geschichte und die darin handelnden Charaktere, lässt den Zuschauer damit aber vollkommen allein. Das ist keine Anklage meinerseits, sondern eine Feststellung. Es wird ohne Zweifel Leute geben, die aus "The New World" viel Positives ziehen können und das Werk als Meisterwerk bezeichnen, mein Film war es allerdings nicht. Mit The Tree of Life konnte ich dagegen bedeutend mehr anfangen.
"The New World" erzählt die Geschichte der Gründung Jamestowns durch die Engländer, ihren Konflikt mit den Einheimischen, die Rolle der Häuptlingstochter Pocahontas und ihre Beziehung zu den beiden Engländern John Smith (Colin Farrell) und John Rolfe (Christian Bale). Hervorzuheben sind die Naturaufnahmen sowie die authentischen Kostüme und Kulissen, mit denen Malick seine Geschichte zum Leben zu erwecken versucht. Letztendlich bleibt es bei diesem Versuch, denn weder schafft er es, der Geschichte eine tiefergehende Bedeutung zu verleihen, noch die Gefühlslage der Charaktere für mich greifbar zu machen. Streckenweise konnte ich mich zwar mit Pocahontas identifizieren, zum Großteil verpufft ihre Beziehung zu John Smith und John Rolfe allerdings in der Luft. Der sprunghafte Schnitt zerstört Vieles, auch Emmanuel Lubezkis Bilder kommen daher nie wirklich zu richtiger Entfaltung. Wenn dann auch noch die Kämpfe zwischen Briten und Einheimischen blutlos verlaufen, ist es schnell um die angestrebte Authentizität geschehen.
Insbesondere habe ich mich über das verschwendete Potential geärgert. Man hätte sich durchaus mehr an die historischen Fakten halten können. So macht "The New World" schließlich den Eindruck eines erweiterten Remakes des Disneyfilms, ohne aber dessen Emotiionalität zu erreichen. Des Weiteren sollte man sich "The New World" nicht anschauen, wenn man noch "The Revenant" im Kopf hat, da er im Vergleich dazu wie ein Amateurfilm aussieht. 4-5/10 Punkten.
P.S.: Nichtsdestotrotz habe ich großen Respekt vor Malicks Art, Filme zu drehen. Auch wenn mir "The World" weniger gefallen hat und ich auch "The Thin Red Line" nicht allzu gut fand, braucht es in der Filmwelt eindeutig mehr Regisseure seines Kalibers. Seine Werke stellen stets eine neue Herausforderung dar und das ist bedeutend ehrbarer als gezieltes Anbiedern an die Erwartungen der Zuschauer.