Bewertung: 2.5 / 5
"The Purge" ist ein Film, der mehr von seiner Idee und weniger von seiner Umsetzung lebt. Nachdem die Sirenen läuten, um den Beginn der Purge-Nacht zu verkünden, arbeitet Regisseur James DeMonaco das klassische Home-Invasion-ABC ohne nennenswerte Höhepunkte und Überraschungen ab, gesellschaftskritische Töne werden nur angerissen oder plump verpackt.
Ranghohe Poltiker genießen Immunität, reiche Familien verschanzen sich für zwölf Stunden in ihren Häusern mit teuren Sicherheitsanlagen, während die Armen und Nutznießer der Gesellschaft sich gegenseitig massakrieren oder massakriert werden. Anstatt das dem zugrunde liegende Potential zu nutzen und einen Sturm zu entfesseln, der tief in die Gesellschaft hineinblickt, beschränkt sich "The Purge" nur auf eine neureiche Familie (u.A. Ethan Hawke und Lena Headey) und eine psychopathische Killergang aus der Bildungsschicht (Idealbesetzung: Rhys Wakefield). Sozial und finanziell niedriger gestellte oder bildungsfernere Teile der US-Bevölkerung spielen in der Handlung bis auf eine Person - und die fungiert primär auch nur als Plot Device - keine Rolle.
Trailer zu The Purge - Die Säuberung
Dadurch beschneidet sich "The Purge" selbst, einige hochbrisante Fragen können aufgrunddessen gar nicht erst thematisiert werden. Warum bringen sich zum Beispiel die gesellschaftlich niedriger Gestellten gegenseitig um, anstatt sich gegen das Purge-Gesetz aufzulehnen, obwohl es ihnen vor wie nach dem wirtschaftlichen Zusammenbruch im Jahr 2014 nicht besser geht? Gibt es sogar solche Gruppierungen, die Jagd auf Reiche und Mächtige machen? Man weiß es nicht...
Besonders interessant fand ich die zumindest angedeutete Auseinandersetzung mit der Gewaltbereitschaft des Menschen. Ein TV-Beitrag im Film zeigt zum Beispiel einen Psychologen, der darauf hinweist, die Gewaltbereitschaft sei dem Menschen zwar angeboren, man könne sie aber kanalisieren und bündeln (die Purge-Nacht).
Das ist ein Themengebiet, welches in der menschlichen Evolutionsforschung immer noch ungeklärt ist. Irgendwann im Laufe der Evolution erlernte der Mensch das willentliche Töten eines Artgenossen, um sich einen Überlebensvorteil zu verschaffen, daraus entwickelte sich später der Krieg. Gleichzeitig ist bekannt, dass auch manche Chimpansen-Gruppen Kriege um nahrungsreichen Lebensraum austragen. Folglich könnte sich die Gewalt- und Kriegsbereitschaft schon beim gemeinsamen Vorfahren der Menschen und Schimpansen entwickelt haben, was darauf schließen lässt, dass sie dem Menschen tatsächlich angeboren ist, womöglich gar nicht überwunden werden kann und eventuell sogar unumgänglich für das evolutionäre Fortschreiten des Menschen ist. Für jemanden wie mich, der Gewalt und Krieg als Konfliktlösung aufs Schärfste verurteilt, wäre das eine schockierende Offenbarung!
Aber wie gesagt, in "The Purge" werden solche Fragestellungen nur teilweise oder gar nicht behandelt. So versinkt der Film leider im Mittelmaß, als Home-Invasion-Film unterhält er mit seinen kurzen 80 Minuten, seinem Hauptdarstellerduo und seinem creepigen Schurken dennoch einigermaßen.