Bewertung: 4 / 5
"The Wave" ist ein Katastrophenfilm aus Norwegen, der das Genre im Großen und Ganzen zwar nicht neu erfindet, in seiner Umsetzung allerdings um Einiges bodenständiger, ruhiger und radikaler ausfällt als viele Hollywood-Pendants der letzten 10-20 Jahre.
Ein Regisseur wie Roland Emmerich, dessen Katastrophenfilme ich durchaus mag, hätte basierend auf dem Handlungskonzept ein 120-150minütiges Effektspektakel erschaffen, in dem es ordentlich rummst und kracht. Roar Uthaug schlägt dagegen, unter Anderem bedingt durch das geringe Budget, einen anderen Weg ein. "The Wave" verfügt über eine Laufzeit von knackigen 105 Minuten, beginnt klein, wird im Mittelteil mit dem Tsunami groß und beeindruckend, nur um danach wieder in ruhigere Gefilde zurückzukehren und sich auf die Charaktere zu konzentrieren. Darüberhinaus hat "The Wave" den Vorteil, dass die dargestellte Katastrophe auf einer realen Bedrohung beruht und sich nicht irgendwelcher hanebüchenen Szenarien (Klimakatastrophe, Maja-Weltuntergang, etc.) bedienen muss.
Trailer zu The Wave - Die Todeswelle
Die obligatorische Mittelstandsfamilie, welche getrennt wird und sich wiederfinden muss, darf auch hier natürlich nicht fehlen, wird jedoch nicht so übertrieben kitschig und pathetisch überhöht in Szene gesetzt, wie es zum Beispiel in "2012" der Fall ist. Zum Einen verzichtet Uthaug auf eine gefühlsduselige Musikuntermalung und setzt den Soundtrack primär zum Spannungsaufbau ein, zum Anderen werden die Charaktere bzw. Charakterschablonen bodenständiger gezeichnet. In "The Wave" finden sich keine Überhelden, Heldentum wird mehr oder weniger bestraft, des Weiteren handeln die Charaktere logischer als man es von solchen Filmen normalerweise erwarten würde. Wenn es logischer ist, sich in Sicherheit zu bringen, dann bringt man sich in Sicherheit und setzt nicht zu einer waghalsigen und schwachsinnigen Rettungsaktion an!
Während sich Emmerich in "2012" nur auf die Lebenden fokussiert, konfrontiert Uthaug die Zuschauer darüberhinaus mit dem Tod und scheut auch nicht vor einer radikalen und blutigen Darstellung zurück. Wenn in "The Wave" Menschen sterben, trifft zumindest mich dies überraschend hart und des Öfteren auch unerwartet. Uthaug spielt damit, menschliche Beziehungen und daran anschließende Klischeerettungen anzudeuten, nur um sie letztendlich dennoch wie ein Kartenhaus in sich zusammenstürzen zu lassen.
Schauspielerisch überzeugen vor Allem "Norman Reedus"-Lookalike Kristoffer Joner als Familienvater und Geologe sowie die wunderhübsche Ane Dahl Torp als dessen Ehefrau und Hotelangestellte. Für das geringe Budget können sich die Effekte und das Szenenbild echt sehen lassen und müssen sich meiner Meinung nach nicht hinter den Hollywood-Pendants der letzten Jahre verstecken! Der Tsunami sieht wahrlich beeindruckend und bedrohlich aus, die darauf folgenden Zerstörungen trostlos und düster. Obendrein profitiert "The Wave" natürlich von der schönen Landschaftskulisse Norwegens.
Wer also mittlerweile von typischen Hollywood-Katastrophenfilmen gelangweilt ist, sollte definitiv einen Blick auf "The Wave" werfen! Ich freue mich nun auf Uthaugs "Tomb Raider", habe allerdings so meine Zweifel daran, dass der Film ein großer Bringer wird. Mit einem okayen Abenteueractionfilm der Marke Paul W.S. Anderson auf dem Niveau des Jolie-Erstlings könnte ich mich zwar anfreunden, dies entspräche allerdings nicht meinen eigentlichen Erwartungen.