Bewertung: 4 / 5
Das Reich der Orks ist dem Untergang geweiht. Ihr Führer, GulDan (Daniel Wu), machthungrig und komprmisslos, errichtet mithilfe dunkler Mächte ein Portal nach Azeroth, um das Land der Menschen mit Gewalt in Besitz zu nehmen. Unter der Führung von dem Helden der Allianz Anduin Lothar (Travis Fimmel) stellen sich die Menschen der alles entscheidenden Schlacht. Aber auch innerhalb der Horde gibt es Widerstand gegen GulDan. Doch die wahre Gefahr droht nicht von außen und verlangt allen Beteiligten einen hohen Preis ab...
Wieviele Jahre habe ich auf diesen Film gewartet. Die ersten Meldungen über eine Verfilmung geisterten bereits 2008 durchs Netz, aber nichts hat sich getan. Dann der erste Silberstreif am Horizont, mit Sam Raimi hatte sich ein Regisseur gefunden, doch außer ein paar schönen Worten tat sich wieder nichts. Spätestens, als Raimi (seines Zeichens Regisseur der sehenswerten Spider Man-Reihe, es bestand also berechtigte Hoffnung auf eine würdige Umsetzung) das Projekt wieder abgegeben hatte, ging meine Hoffnung gegen Null, dass der Film jemals Gestalt annehmen würde, vom (nicht ganz ernst gemeinten?) Angebot von Uwe Boll, die Regie zu übernehmen, werde ich hier mal kein Wort verlieren.
Trailer zu Warcraft - The Beginning
Doch dann kam 2013, ganze fünf Jahre nach der ersten Ankündigung, mit Duncan Jones wurde ein junger, unverbrauchter Regisseur gefunden, der mit Moon schon sein Können unter Beweis gestellt hatte. Von nun an sollte der Sache nichts mehr im Wege stehen, sollte man denken...
Drehstart 2014, Film im Kasten, doch von da an stockte der Motor weiter: gute zwei Jahre Postproduktion, ein Marketing, dass vielen sauer aufstieß, weil nur spärlich vorhanden, erste Meldungen über einen möglichen Problemfilm. Der erste Trailer erfüllte bei vielen nicht mal im Ansatz die Hoffnungen, oder besser gesagt die Erwartungen an einen Film, der im umfangreichen und vor Geschichte strotzendem Warcraft-Universum spielt. Negativmeldung über Negativmeldung schienen diesen Film von Anfang an zu begleiten, viele hatten schon mit dem Film abgeschlossen, ohne ihn vorher gesehen zu haben.
Von Studioseite tat sich in der Folgezeit wenig, diese Bedenken zu zerstreuen, manch ein TV-Spot oder die obligatorischen Charakterposter gingen da schon etwas unter.
Mir persönlich fehlte beim Marketing ehrlich gesagt wenig, die bloße Ankündigung hatte mir eigentlich schon gereicht, und nicht damit erschlagen zu werden wie bei dem anderen Extrembeispiel BvS, aber vielleicht ist das Veröffentlichen von Produktionsvideos, dem x-ten Trailer und was der ausführende Produzent zum Mittagessen hatte und warum er danach zum Arzt musste, weil er Durchfall hat, in der heutigen Facebook-Twitter-Hashtag-Instagramm-ich-bin-digital-Welt auch normal geworden, ich weiß es nicht.
Weniger ist manchmal mehr und eventuell hätte das Marketing einfach nur etwas punktueller, etwas gewitzter, sein müssen, um die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, aber diese Gedanken sind jetzt nach Kinostart etwas müßig.
Ich habe mir in den letzten Monaten sehr viele Gedanken darüber gemacht, was viele Leute (auch die User hier) damit meinten, der Film müsse episch werden, daran schienen sich viele Erwartungen zu knüpfen. Erwartung, dieses Wort ist bei mir persönlich eh etwas negativ behaftet, denn wer etwas erwartet, der kann auch (der kann nur?) enttäuscht werden. Zugegeben, Blizzard, die Firma, die das über alle Maßen erfolgreiche Strategiespiel Warcraft und das MMORG World of Warcraft herausgebracht hat, hat sich selbst die Latte in astronomische Höhen gelegt. Ich kann mich daran erinnern, wie Moviejones seinerzeit schrieb, "lasst den Wow-Film bitte so aussehen!" Dieses war und ist übrigens meine absolute Lieblingserweiterung zu WoW, aber das nur am Rande.
Was bedeutet überhaupt das Wort Epos?! Dazu hier eine leicht verständliche Definiton (bei Wikipedia hab ich sie selber nicht verstanden). Dazu aber später mehr...
Irgendwann rückte dann der Kinostart in greifbare Nähe, ich bin mindestens dreimal zum Kino meines Vertrauens gelaufen, um zu fragen, wann denn der Vorverkauf startet, letzte Woche Dienstag war es dann soweit, ich hielt meine beiden Karten in der Hand (Puh, endlich!), aber noch war bei Moviejones wegen eines Embargos (?) vonseiten des Studios keine Kritik zu lesen, langsam konnte man angesichts so einer Herzensangelegenheit schon nervös werden, sollte der Film tatsächlich so schlecht werden? Die Spatzen schienen es jedenfalls vom berühmten Dach zu pfeifen. Aber gut eine Woche vor Kinostart von Legendary (außer bei Seventh Son haben die mich noch nie hängen lassen) bei Youtube veröffentlichte Videos ließen mich etwas beruhigter zurück. Mit 3,5/5 von Moviejones konnte ich dann letzten Endes gut leben...
Der Saal wird dunkel, der Vorhang hebt sich, wie lange habe ich auf diesen einen Moment gewartet?! Jemand stört meine Konzentration, brüllt mittenrein "FÜR DIE HORDE!", Gelächter im Saal, ich hätte ihm am liebsten ein "FÜR DIE ALLIANZ!" entgegen geschmettert, aber der Film fing an, nichts konnte mich noch aufhalten...
Ich muss Duncan Jones und seinem Team danken, dass sie den Mut hatten, nach all den Querelen, nach all den negativen Meldungen und Meinungen, uns einen Film zu präsentieren, der sich vor nichts und niemandem zu verstecken braucht, der den Erwartungen und kritischen Augen in jeder Phase standhalten kann, der die Optik und die technischen Möglichkeiten heutiger Tage auf ein neues Level hebt und an dem sich vielleicht auch so manches Machwerk späterer Tage dran messen lassen muss.
Man merkt, hier waren Profis am Werk, die den Geist dieses einen Spiels, von dem beinahe jeder schon einmal gehört hat, viele lieben es, manche verfluchen es (die Bosse dropen auch nie das, was man braucht!), mit fast jeder Faser eingefangen haben. Solche eine Fülle und Liebe an Details habe ich nur bei Der Herr der Ringe gesehen und ich bin bis zum heutigen Tage davon ausgegangen, sie nie wieder zu Gesicht zu bekommen, manche Dinge sind eben nicht wiederholbar, aber Jones nimmt uns mit auf eine kurzweilige Reise ins Gasthaus Zur Höhle des Löwen nach Goldhain, das wirklich original aussieht wie im Spiel, selbst die Bilder an der Wand sind die gleichen. Sturmwind erwacht zum Leben wie einst Minas Tirith, und die Zelte der Orks versprühen den Charme eines real besuchten Mittelaltermarktes!
Als Zuschauer, egal, ob Nerd oder Laie, fühlt man sich nicht bloß als Betrachter, man wird an die Hand genommen und auf einen Besuch nach Azeroth mitgenommen, tolle Kamerfahrten über Wälder, Berge, Städte und Dörfer verstärken diesen Eindruck nur noch. Wir stehen neben den Protagonisten im Wald von Elwynn, erklimmen die Stufen im Turm von Karazhan (Frage an die Gamer: kann man das Schachspiel auch solo schaffen??) oder schwingen uns mit einem Greifen in die Lüfte.
Diese Welt ist real, sie existiert nicht mehr länger nur am Rechner oder in unseren Köpfen, sie ist greifbar geworden. Und einmal mehr zeichnen sich dafür Weta Workshops verantwortlich, die mit derselben Akribie, Detailversessenheit und Können auch schon Mittelerde zum Leben erweckt haben, ehrlich gesagt habe ich den Eindruck, dass solche monumetalen Aufgaben von niemand anderem mehr umgesetzt werden können, Weta baut nicht bloß Kulissen, sie haben das seltene Talent, uralte Welten zum Leben zu erwecken.
Ob es nun Glück, Zufall oder Können von Jones und seinem Team war, Weta für dieses Projekt zu gewinnen, ist mir letzten Endes egal, anders will ich es mir gar nicht mehr denken.
Das nächste (leidige?) Thema wurde ebenfalls mehr als eindrucksvoll weg gewischt. Schlechtes CGI?! So oft gelesen, niemals so daneben gelegen. Sicher, auf diese Art von Filmen muss man sich einlassen, und wenn man keine Filme mag, in denen computergenerierte Effekte und CGI vorkommen, wird man auch an Warcraft immer etwas auszusetzen haben, aber es ist sowohl einer der großen Pluspunkte des Films als auch eine seiner Schwächen.
Seine Stärke, weil die Orks (und auch Nachtelfen!) so real, so lebensecht wirken, als könnten sie neben uns existieren und uns würde es noch nicht mal auffallen. Haut, Haare, Mund- und Lippenbewegungen wirken so lebensecht, als würden wir vorm Spiegel stehen und Grimassen schneiden. Seit Avatar habe ich niemals mehr solche realen Effekte gesehen, im Laufe des Films fällt es immer weniger auf, mit das größte Kompliment, was man dieser Art von Film machen kann.
Auch hier wurde als Effektschmiede der Platzhirsch an Land gezogen, Industrial Light and Magic greift ganz tief in die Trickkiste, zeigt sein ganzes Können und warum sie die Nummer eins am Platze sind, wie gesagt, Profis und Liebhaber ihrer Arbeit, das verleiht dem Film etwas Besonderes.
Seine Schwäche, weil die Orks mehr Herz besitzen als die (meisten) menschlichen Darsteller. Ihnen sieht man ihre Emotionen an, sie dürfen sich freuen, besorgt oder nach Herzenslust böse sein. Ich, meines Zeichens Allianzspieler aus Überzeugung, konnte zu den Orks und ihrer Nähe untereinander eine viel größere Beziehung aufbauen als zu den Menschen. Diese agieren teilweise hölzern, waren manchmal nicht präsent genug. Die meisten Bedenken hatte ich bei Dominic Cooper (König Llane), der in den Trailern einfach farblos wirkte, aber im Finale des Films wurde ich eines Besseren belehrt, Cooper versucht, dem Charakter etwas Väterliches zu geben, der in ständiger Sorge um sein Volk versucht, das in seinen Augen Richtige zu tun. Und warum so ein toller Schauspieler wie Travis Fimmel erst so spät entdeckt wurde, wird mir auf ewig ein Rätsel bleiben. Schon in der grandiosen TV-Show Vikings spielt er den Wikingerhäuptling Ragnar Lodbrok spitzbübisch, machomäßig und überdreht, es macht mir einfach Spaß, ihm zuzusehen, und genau diese Attribute (außer vielleicht den Macho) bringt er in die Figur des Anduin Lothar ein. Böse Zungen mögen behaupten, er könne nichts anderes spielen, aber er bringt seine Gestik und Mimik jedes Mal direkt auf den Punkt, er passt einfach in diese Rolle. Und wie er das mit seinen Augen immer macht, diese Mischung aus leicht genervt und überheblich, muss er mir mal in einer ruhigen Minute beibringen!
Enttäuscht war ich von Ben Foster in seiner Darstellung des Magiers und Wächters Medivh, sowohl im Film und im gesamten Warcraft-Universum eine DER tragenden Rollen. In Alpha Dog hat mich Foster mehr als überzeugt, hier wirkte er uninspiriert, ebenso wie Ben Schnetzer, der den jungen Khadgar spielt, für ihn gilt dasselbe. Hier hoffe ich, das Lore im Hinterkopf, auf eine deutliche Verbesserung, die nötig sein wird.
Auf der anderen Seite stellt sich mir die Frage, ob es die Schuld der Darsteller ist, oder eher die des hohen Erzähltempos des Films? In den 123 Minuten wird viel Stoff untergebracht, Langeweile kann so nicht entstehen, der Film kommt schnell, knackig und ohne jegliche Umwege auf den Punkt, lässt dabei aber wenig Platz für das Zwischenmenschliche, für die Präsentation der einzelnen, zweifelsohne interessanten, Charaktere. Das geht vor allen auf Kosten der menschlichen Darstellungen, komischwerweise funktioniert es auf Hordeseite beinahe nahtlos. Schade, dass die Menschen hier etwas "verschluckt" werden, auf der anderen Seite gelten die Menschen schon innerhalb von WoW als die langweiligsten Charaktere! Naja, zumindest laufen sie nicht so komisch wie Trolle oder Kühe (Insider!).
Das "Verschlucken" mancher Charaktere bringt mich zurück zu der vielfach zitierten Epik des Films! Wann gilt ein Film als episch? Laut oben genannter Definition dann, wenn "der Sachverhalt in großem Ausmaß dargestellt wird"...
Ich war mit meinem Schwager im Kino, der sich in keinster Weise mit der Warcraft-Thematik auskennt, er mag nur gute Fantasy. Er meinte nach dem Film zu mir, dass er ihm total super gefallen hätte, er sich als Laie etwas mehr Erklärung gewünscht hätte, "Warum sind die Orks böse? Warum ist ihre Welt kaputt gegangen?" Von daher muss ich die Frage nach der Epik des Film mit "Nein" beantworten, denn diese 10-15 Minuten (mehr hätte es vielleicht gar nicht gebraucht) fehlen einfach, um auch den letzten Warcraft-Laien abzuholen.
Auf der anderen Seite aber vielleicht ein Beispiel dafür, das nicht nur Gamer diesen Film mögen können. Lasst Euch drauf ein!
Ferner heißt es, dass Episch in der Gamerszene heutzutage ein Begriff ist für "super, monumetal, unglaublich". Von der Seite aus kann ich die Frage nach der Epik mit einem ganz klarem "Ja, verdammt!" beantworten!
Denn trotz der genannten Kritikpunkte ist dieser Film einfach super! Er schafft es, sowohl die absoluten Nerds wie auch den geneigten Filmfan einzusammeln, ihnen für zwei Stunden ein gutes Gefühl zu geben und sie mit ihren Helden mitfiebern zu lassen! Er ist monumental, denn eine höhere Dichte an Details und Settings habe ich, wie schon erwähnt, lange nicht mehr gesehen, die Farben, die Kamerafahrten und die Protagonisten erwecken eine neue, alte Welt zum Leben, die weiter erforscht werden will.
Vielleicht für Außenstehende nicht zu erkennen, aber als Sturmwind das allererste Mal ins Bild kam und im Hintergrund das Sturmwindthema erklang, hat es mir fast das Wasser in die Augen getrieben. Und Murlocs sind und bleiben furchtbar nervige Gegner...
Der Film schafft es, seine defintiv vorhandenen Schwächen, die leicht hätten verhindert werden können, locker zu kompensieren, dass man sich viel mehr an den kleinen Dingen erfreuen kann, die zusammengefügt ein großes, monumentales Bild ergeben, als sich an manchen Dingen aufzuhängen, denn dann kann ich mich auch über das Wetter aufregen. Einmal loslassen, in diese eine Welt eintauchen und sich für zumindest zwei Stunden auf diesem Fluss treiben lassen, das sollen Filme, das will dieser Film, er macht uns ein Angebot und es liegt an uns Kinobesuchern, es anzunehmen.
Der Streifen hat das Potential, in die Fußstapfen anderer Filmuniversen zu treten, ich nenne hier nur mal das Marvel Cinematic Universe (und in Teilen auch das noch im Aufbau befindliche DC Cinematic Universe), wenn man ihn lässt und ihm weitere Fortsetzungen gewährt, davon bin ich aber schon fast überzeugt, nicht umsonst gibt es den einen oder anderen losen Faden. Hiermit kreiere ich auf eigene Faust ein neues Wort und nenne es das WCU (Warcraft Cinematic Universe), hoffentlich muss ich nicht wieder acht lange Jahre auf eine Fortsetzung warten! Hallo, Universal, habt Ihr das vernommen?!
Habt das nächste Mal ein bißchen mehr Mut im Storytelling und lasst den Frostwolf richtig von der Leine, nicht nur so ein bißchen, ich glaube, es werden Euch nicht nur die Fans der Reihe danken!
In der Schule hat man uns damals auch eine halbe Note schlechter bewertet, um uns für das nächste Halbjahr zu motivieren, es noch besser zu machen, deswegen vergebe ich dieses Mal zur Premiere 4/5 Hüte, in der Hoffnung, dass es beim nächsten Mal heißt "Universal 7, Skeptiker 0" (in Anlehnung an das *Achtung* epische 7:1 der deutschen Nationalmannschaft gegen Brasilien bei der WM 2014!)! Im Herzen trage ich eine 4,5/5 (mit lieben Grüßen an meinen Freund Patrick [Live long and prosper, Alter!]), einfach, weil ich ein Fanboy bin, aber nur daran kann ich den Film nicht bewerten.
Mittlerweile mag ich mir auch nicht mehr vorstellen, wie der Film unter Sam Raimi hätte aussehen können. Duncan Jones hat uns ein Warcraft präsentiert, dass so aussehen muss, anders wäre es nicht möglich gewesen und hätte nicht funktioniert! So einfach kann es manchmal sein.
Die beinahe letzten Worte des Films stehen für sich...
FÜR DIE ALLIANZ!