Bisher war Zack Snyder vor allem für seine schonungslosen Filme wie 300, Watchmen und Dawn of the Dead bekannt. Mit Die Legende der Wächter widmet er sich nun einem neuen Genre und beweist, er kann auch Filme für ein jüngeres Publikum schaffen. Auf den ersten Blick scheint sich Snyder dabei auf Standardkost zu konzentrieren, ein Animationsfilm und Tiere, das passt zusammen wie die Faust aufs Auge und bei Die Legende der Wächter mag so mancher sofort an einen üblichen Animationsfilm denken. Doch obwohl auch Snyder auf gewohnte Elemente setzt, schafft er es dennoch, mit seinem neuen Werk Akzente zu setzen.
Nach einem kurzen 3D-Vorfilm, in dem es Will E. Coyote erneut nicht schafft, den Roadrunner zu fangen, beginnt auch schon der Film. Erzählt wird eine Geschichte aus der Welt der Eulen. Die beiden Jungeulen Soren und Kludd wachsen behütet bei ihrer Familie auf. Doch zwischen den beiden Geschwistern herrscht schon immer eine gewisse Rivalität. Während Soren sich gerne Träumen und Geschichten über Heldenmut hingibt, ist Kludd derjenige, der Stärke und Macht in den Vordergrund stellt. Als sie eines Tages von ihrem Heimatbaum auf den Waldboden fallen, werden sie von merkwürdigen Eulen entführt. Verschleppt aus der Heimat landen sie bei "den Reinsten", eine sich überlegen fühlende Eulenart, die Nachwuchs anderer Eulen stiehlt und diesen einer Gehirnwäsche unterzieht. Die stärksten von ihnen sollen dabei zu Kriegern ausgebildet werden, um die verhassten Eulen des Ga'hoole Baumes zu vernichten. Doch während Soren sich von Beginn an widersetzt, ist Kludd ganz fasziniert von den neuen Möglichkeiten und so trennen sich die Wege der Geschwister. Soren flieht mit seiner neuen Freundin Gylfie und macht sich auf den Weg mit ihr zum Ga'hoole Baum, denn nur dort verspricht er sich Rettung für all die gefangenen Eulen und stets hat er die Hoffnung, auch Kludd aus den Fängen "der Reinsten" zu befreien. Doch der Weg zum Ga'hoole Baum ist beschwerlich und während Soren dabei neue Freunde findet, planen "die Reinsten" bereits die Machtergreifung und Kludd verfängt sich gänzlich bei seiner Gier nach Macht.
Allein dieser kurze Auszug macht deutlich, Die Legende der Wächter ist kein gewöhnlicher Animationsfilm und man kommt nicht umhin, zuerst die überragenden Bilder des Films zu loben. Zack Snyder war schon immer ein visueller Meister und dieses Talent lebt er bei seinem neuen Film gänzlich aus. Mit einem hohen Realismusgrad, einer farbenprächtigen Darbietung und einer Animationsqualität, wie sie in der Form noch nicht zu sehen war. Selbst Pixar kann sich an dieser Stelle noch eine Scheibe abschneiden (!) und wie fedrig die Eulen dargestellt werden, ist wahrhaft fasziniernd. Auch ist es mehr als lobenswert, dass Snyder sich teilweise traut, von den üblichen Klischees der Animationsfilme abzuweichen. Es ist im Kern eine klassische Geschichte zwischen Gut und Böse, über diejenigen, die sich über die Schwachen erheben und herrschen wollen und diejenigen, die Tugenden achten und sich gegen Unterdrückung zur Wehr setzen. Was ziemlich depressiv klingt, kommt im Film selbst aber nicht so stark rüber. Das liegt vor allem daran, dass auch Snyder nicht drumherum kommt, ein paar gängige Konventionen des kindgerechten Animationsfilms einzuhalten. So müssen auch in Die Legende der Wächter lustige Tiere auftreten und immer mal wieder Witze die Stimmung auflockern, teilweise geht dadurch aber auch die Atmosphäre verloren.
Dennoch ist Die Legende der Wächter ein weit düsterer Film als es ihn sonst im Kino zu sehen gibt. Zwar spielen Kämpfe eine wichtige Rolle und so manche Eule muss auf dem Weg zum Finale ihr Leben lassen, dennoch brauchen sich Eltern um ihre Kinder keine Sorgen machen. Die Darstellung von Gewalt ist im Film trotz der teils düsteren Bilder und Snyders Filmographie sehr harmlos ausgefallen. Das geht sogar so weit, dass es als Kritikpunkt gereichen muss. Sicherlich handelt es sich um einen Film für Kinder, doch wird Gewalt in dem Film grundsätzlich zu früh weggeschnitten, teilweise muss man als Zuschauer erahnen, was überhaupt passiert. Hier hätte es durchaus mehr Fingerspitzengefühl gebraucht. Der größte Kritikpunkt bei Die Legende der Wächter ist aber ganz anderer Natur. Zwar wird von Snyder eine epische Handlung angedeutet, aber diese kann der Film kaum umsetzen. Dies liegt vor allem daran, dass es der Regisseur nicht schafft, dem Zuschauer das Gefühl zu geben, die Zeit schreitet voran. In einer Szene planen Soren und Gylfie noch, ihre Flugkünste jede freie Minute zu trainieren, um eines Tages fliehen zu können, in der nächsten Szene sind sie schon beim Training, um kurz darauf wahre Meisterflieger zu sein! Im Film selbst sind dabei höchstens wenige Stunden vergangen, aber auch so fällt es dem Zuschauer schwer zu sagen, ob im Film jetzt Stunden, Tage oder Wochen vergehen. Der Hinflug zum Ga'hoole Baum scheint eine Ewigkeit zu dauern, doch der Rückflug nur wenige Minuten Zeit zu kosten. Das ist einerseits unlogisch, vielmehr aber sehr ärgerlich, dass Snyder hier derart stümperhaft zu Werke geht. Die Vermittlung von vergehender Zeit ist in Filmen oft ein Problem, aber selten fällt es so negativ auf wie in Die Legende der Wächter.
Schaut man darüber hinweg, bleibt dennoch eine gute und vor allem visuell beeindruckende Kinounterhaltung übrig. Ein Wort zum Schluss noch zur Synchronisation. Hier ist es erfreulich, dass Warner Bros. nicht den gängigen Weg geht und Möchtegernstars für die Synchronisation ins Boot holt. Vielmehr wurden die entsprechenden deutschen Synchronsprecher der amerikanischen Pendants engagiert. Ob Hugo Weaving oder Sam Neill, man hört dies auch im Deutschen raus. All jenen, die mal wieder einen schönen 3D-Animationsfilm sehen wollen und genug von diesen cartoonhaft animierten Filmen haben, sei Die Legende der Wächter wärmstens empfohlen. 7 von 10 Punkten können wir daher guten Gewissens vergeben.
Der Film kommt am 14. Oktober in die Kinos.