Bewertung: 4 / 5
Mit Avengers - Endgame liefert Disney das ab, was die Zuschauer erwartet haben, ganz großes Popcornkino, welches zehn Jahre Superhelden abfeiert. Es ist bewegend, es ist spaßig und wie alle Filme im MCU leicht verdaulich. Es ist ein Aufbruch in eine neue Zeit und ein Abschied von dem, was wir kennen. Es ist Anfang und Ende und bleibt sich dabei treu. Wir erleben einen Film, der von Fans für Fans gemacht wurde und sogar versucht, aus den bekannten Mustern auszubrechen. Wen das MCU bisher nicht abholte, der wird auch mit diesem Film nicht warm werden, wer hingegen das Universum seit 2008 abfeiert, wird hier den Fan-Orgasmus seines Lebens haben.
Avengers - Endgame Kritik
Ein Fingerschnipp und alles war anders. Seit Thanos (Josh Brolin) 50% allen Lebens im Universum auslöschte, ist noch immer keine Normalität auf der Erde eingekehrt. Diejenigen, die überlebt haben, versuchen noch immer zu verstehen, was passiert ist und mit den Folgen klarzukommen, während die übrigen Avengers derweil versuchen, die Ordnung aufrechtzuerhalten. Neue Hoffnung fassen sie erst in dem Moment, als der totgeglaubte Scott Lang (Paul Rudd) auftaucht und von einem waghalsigen Plan spricht, mit dem vielleicht doch noch alles ungeschehen gemacht werden kann...
Trailer zu Avengers - Endgame
Zehn Jahre Aufbauarbeit stecken in Avengers - Endgame und dies merkt man dem Film an! Es ist zu jedem Zeitpunkt die Kulmination aller Einzelteile, die in den 22 Filmen zuvor gelegt wurden. Zwar hat nicht jeder zum großen Storybogen beigetragen, dennoch sind es alles Puzzlestücke, die nun ihren Platz im großen Ganzen finden. Dabei muss man die Leistung, egal ob man nun Comicnerd ist oder nicht, erst einmal neidlos anerkennen. Spätestens wenn der Abspann läuft und der Zuschauer realisiert, was in den letzten zehn Jahren geschaffen wurde, wird diese Reise wirklich greifbar. Selbst wem der Bezug zu dieser Welt fehlt, wer Superhelden für infantil hält, kann sich nur schwer der Faszination entziehen, der auf der Leinwand gefeierten Vielfältigkeit.
So wird sich endlich angemessen viel Zeit für eine Comicverfilmung genommen und diese drei Stunden hätte bereits der Vorfilm im letzten Jahr benötigt. Dabei wirkt diese Laufzeit nicht langweilig oder gestreckt, sondern genau richtig. Sie lässt ruhige Minuten zu, emotionale Momente und Abschiede, aber auch viel Zeit für liebgewonnene Charaktere und Gags. Wie viel man aber aus Avengers - Endgame mitnimmt, hängt ganz entscheidend davon ab, wie man inzwischen zum Thema Comicverfilmung steht. Denn auch dieser Beitrag erfindet das Rad natürlich nicht neu und vermischt die üblichen Zutaten des MCU, nur eben in ganz besonderer Weise. Immerhin die Handlung entfernt sich über weite Strecken von den ausgetretenen Pfaden und ist über weite Strecken ein Tribut an die Schaffenskraft all jener, die das MCU zehn Jahre lang aufgebaut haben. Hier den Einheitsbrei hinter sich zu lassen, ist wohl die größte Stärke von Avengers - Endgame, auch wenn sich am Ende wieder einmal alles auf "guter Held und böser Schurke" reduzieren lässt, bei dem der Ausgang weitestgehend feststeht. Hier liefert Disney genau das, was ein Großteil der Zuschauer möchte, eine Befriedigung der Erwartungshaltung. Diese bekommen sie, zu jedem Zeitpunkt, im Guten wie im Schlechten.
Dabei ist Avengers - Endgame besonders dann am stärksten, wenn mit den Erwartungen gespielt wird und diese kurzzeitig in eine andere Richtung gelenkt werden. Vor allem die ersten beiden Stunden sind mit das Beste, was das MCU bisher hervorgebracht hat. Hier wird wunderbar mit dem Erbe der bisherigen Filme umgegangen, Nostalgie bedient, ohne in reinen Fanservice auszuarten und wer die Anspielungen zuordnen kann, wird tolle Momente erleben. Vor allem ist es erstaunlich, wie gut es Joe und Anthony Russo gelingt, die Bedrohung des Films aufrechtzuerhalten und dennoch immer wieder Gags einzuspielen. Mal mehr, mal weniger subtil wird hier Marvel-Humor dem Zuschauer vermittelt, ohne dabei zu albern oder deplatziert zu wirken. Vor allem die Pointen sitzen, wo sich vor allem Filme wie Aquaman eine Scheibe abschneiden können, der oft bereits am Timing für einen simplen Gag versagte.
So stark die ersten beiden Stunden aber auch sind, so sehr bildet das Finale einen Kontrast, an dem sich zwangsläufig die Geister scheiden werden, denn hier wird alles, was zuvor war, beiseitegeschoben und für puren Fanservice geopfert. Es geht nicht mehr darum, den Zuschauer zu überraschen, sondern den bekannten Status Quo wiederherzustellen. Hier sollen die Comicnerds grölen, wenn ihre Helden zur Schlacht aufrufen, der Feind vor einem steht und klar ist, wer vernichtet werden muss. Das, was gezeigt wird, ist optisch ein Fest und egal welchen Liebling man hat, hier dürfte nahezu jeder in mehr als einer Szene auf seine Kosten kommen. Es ist ein Overkill sondergleichen und bedient den simpelsten aller Kinoinstinkte, einfach nur geile Bilder sehen zu wollen.
Doch diese Bilder sind ohne Fanbrille leer und ohne Dramatik und jene Zuschauer, die im letzten Jahr das Ende von Avengers - Infinity War bereits kritisch sahen und als Farce bezeichnet haben, werden ihre Vorahnungen bestätigt sehen. Nimmt man den Nerdfaktor weg, ergibt sich eine erschreckend fade Szenerie, der trotz der geilen Bilder jedwedes Gewicht fehlt. Wem es eben nicht reicht, dass sich unantastbare Superhelden endlos lange prügeln, dem wird das Finale vorhersehbar erscheinen, fast schon geschenkt. So sehr Disney auch versuchte, das Ende geheimzuhalten, so erschreckend ist der fehlende Knall, der bestenfalls ein Pling ist, wo sich ein Kapitel schließt und ein "neues" Kapitel öffnet.
Der Comicnerd wird sich auf dieses neue Kapitel einmal mehr freuen können, auf die vielen Abenteuer, die da kommen mögen, der Kritiker mag sich endgültig abwenden und jetzt den Absprung suchen, es ist halt alles gleich. So gestaltet sich auch die Bewertung: Wer das MCU liebt, wird sich auf einen Film freuen können, der sehr viel bietet, wer hingegen schon immer seine Probleme damit hatte und mehr als nur Fanservice erwartet, der mag nicht über drei Hüte hinauskommen, weswegen wir die goldene Mitte wählen und vier Hüte mit starker Tendenz nach oben vergeben.
Doch damit nicht genug: Wir möchten euch neben unserer Kritik auch folgende Artikel zu Avengers - Endgame vorstellen, wo wir sehr viel mehr ins Detail gehen.
- Avengers - Endgame - Der beste Superheldenfilm aller Zeiten
- Avengers - Endgame - Betrug am Zuschauer