Bewertung: 4 / 5
Die französische Provinz, Heimat der Familie Bélier, einer vierköpfigen Familie, bestehend aus Familienoberhaupt Rodolphe (Francois Damiens), seiner Frau Gigi (Karin Viard) und den beiden Kindern Quentin (Luca Gelberg) sowie Tochter Paula (Louane Emera). Gemeinsam bewirtschaften sie einen Bauernhof und auf den ersten Blick sind die Béliers eine ganz normale Familie - wären sie nicht gehörlos und müssten sich per Gebärdensprache verständigen. Das einzige Familienmitglied, welches hören und sprechen kann, ist Paula, weswegen sie üblicherweise das Dolmetschen übernimmt und so als Sprachrohr der Familie trotz ihres jungen Alters eine wichtige Stellung einnimmt. Auch als sich ihr Vater in den Kopf setzt, Bürgermeister zu werden, scheint dies mit Paulas Hilfe nicht unmöglich. Doch dann treten unerwartete Hindernisse auf, denn Paulas Musiklehrer entdeckt ihr großes Gesangstalent und möchte das Mädchen fördern, damit sie die Chance erhält, in Paris eine Gesangsausbildung zu bekommen. Und dann verliebt sich Paula auch noch! Zum ersten Mal muss sie eigene Entscheidungen treffen und könnte nicht mehr in vollem Umfang für ihre Familie da sein...
Verstehen Sie die Béliers? ist einer dieser typischen französischen Filme wie sie im Buche stehen und wie sie auch nur von Franzosen gedreht werden können, der in unserem Nachbarland äußerst erfolgreich im Kino lief. Mit der französischen Provinz lässt sich schon ein wenig Schabernack treiben - wie bereits Willkommen bei den Sch'tis in der Vergangenheit zeigte - und Regisseur Eric Lartigau macht hier genau das. Verstehen Sie die Béliers? schlägt teilweise in die gleiche Kerbe, setzt dabei aber andere Akzente, indem taubstumme Menschen in den Mittelpunkt gerückt werden mit all ihren verrückt-liebenswerten Eigenheiten. Dabei liegt die Hauptverantwortung auf der jungen Louane Emera, die den Film nahezu allein stemmt und in der nicht nur gesangliches, sondern auch schauspielerisches Talent steckt.
Trailer zu Verstehen Sie die Béliers?
Daneben legt Lartigau großen Wert darauf, Verstehen Sie die Béliers? nicht einfach zu einer seichten Komödie werden zu lassen. Warum er an der Stelle dennoch die Béliers manchmal so überzeichnet, sei dahingestellt, viel wichtiger sind die Töne zwischen den Zeilen, denn Lartigau versucht sich an einer Gratwanderung zwischen lustiger Komödie, jugendlicher Romantik, tendenzieller Gesellschaftskritik, aber vor allem auch familiärem Melodram. Gerade die Ängste und Sorgen, die Paula als junge Schülerin beim Erwachsenwerden durchleben und wie sie lernen muss, immer mehr auf eigenen Beinen zu stehen, überzeugen.
Dennoch fühlt sich der Film an vielen Stellen nicht richtig rund an, dies liegt daran, dass Verstehen Sie die Béliers? ein wenig zu vollgestopft ist mit Nebenhandlungen und dabei teilweise den roten Faden verliert, worum es hauptsächlich gehen soll. Erst wenn dies offensichtlich wird, findet der Film auch seine Mitte, verliert dabei dann aber etliche Nebenhandlungen aus den Augen und löst diese für den Zuschauer nicht zufriedenstellend auf. Diese dienen oft nur der Ablenkung und auch um Paulas charakterlichen Wandel zu begleiten, bereichern den Film jedoch nur bedingt.
Selbst wenn die Gefahr besteht, dass Verstehen Sie die Béliers? deswegen ins Mittelmaß abzurutschen droht, wartet auf den Zuschauer ein Finale, welches unglaublich stark und emotional in seinen Bann zieht. Spätestens wenn Paula ihr letztes Lied singt und alles zusammenfindet, hat sich alles zuvor gelohnt. Denn so bewegend wir hier ein französischer Chanson vorgetragen wird und wie großartig der Text zum Film und Auftritt passt, erlebt man nicht häufig. Genau dieses starke Ende ist es auch, was einem als Zuschauer in Erinnerung bleiben wird und Verstehen Sie die Béliers? zu einem denkwürdigen Film macht.