Bewertung: 3 / 5
Bekannt seit dem 17. Jahrhundert verwebt die italienische Märchensammlung Pentameron, was so viel wie "Fünftagewerk" bedeutet, 50 Geschichten, deren Details so manchem Leser bekannt vorkommen dürften. Kein Wunder, wurden sie später doch von Charles Perrault oder den Gebrüdern Grimm aufgegriffen und teilweise adaptiert, die bei uns deutlich bekannter sind. Mit Das Märchen der Märchen liefert der italienische Regisseur Matteo Garrone ein mannigfaltiges Werk ab, das die Geschichten "Die hinterlistige Hirschkuh", "Die geschundene Alte" und "Der Floh" aus diesem Werk zum Thema hat und bereits in Cannes lief.
Der König von Longtrellis (John C. Reilly) weiß nicht mehr weiter: Seine Königin (Salma Hayek) wünscht sich ein Baby, doch weder stellt sich eine Schwangerschaft ein, noch können Gaukler ihre triste Stimmung erhellen. Erst als er auf Rat eines weisen Alten ein Seeungeheuer erlegt und dessen Herz von einer Jungfrau gekocht wird, gebiert sie einen Jungen... In einer anderen Geschichte ist der König von Strongcliff (Vincent Cassel) hinter jedem Rock her, der ihm attraktiv genug scheint. Eines Tages in den Bann einer wunderschönen Stimme gezogen, will er die holde Maid in sein Bett holen, nur handelt es sich entgegen seiner Erwartung bloß um ein altes Weib (Hayley Carmichael)... Die dritte Geschichte widmet sich dem König von Highhills (Toby Jones), der einen Floh zu Schweinegröße aufzieht und der nach dessen Ableben demjenigen die Königstochter (Bebe Cave) verspricht, der als Erster errät, welchem Wesen die gegerbte Haut gehört. Jedem Bewerber...
Trailer zu Das Märchen der Märchen
Ohne Frage ist Das Märchen der Märchen eine fantasievolle Interpretation der genannten Märchen, die vor allem von den beeindruckenden Bildern und skurrilen, überzeichneten Figuren lebt. Mal macht die Begierde, mal ein unbedachter Scherz, mal der pure Wunsch, Mutter zu sein, die Protagonisten in gewisser Weise zu Unholden, die - als Könige zu allem legitimiert - mit ihren Taten etwas Unvorhergesehenes und teilweise Zerstörerisches heraufbeschwören. Dabei siegt das Gute nicht zwingend, was abwechslungsreich ist, doch unabhängig davon wird keine wirklich greifbare Moral transportiert. Vor allem, wenn wie von Matteo Garrone bevorzugt, die gezeigten Märchen anders als im Original erzählt werden und mitunter auch andere Enden transportieren.
Pentameron klingt wie Dekameron und es ist kein Wunder, dass man sich beim Schauen von Das Märchen der Märchen an Pasolinis Film aus dem Jahr 1971 erinnert fühlt, beide voller lüsterner Szenen und visuell reich bestückt. Vor allem die nicht menschlichen Wesen faszinieren, denn ein paar unheimliche Geschöpfe wurden für den Film raffiniert erschaffen.
Garrone geizt nicht mit Reizen, hüllt seine Figuren nicht in Watte - jedoch wäre es wünschenswert gewesen, wenn im Jahre 2015 tierquälerische Szenen, die nur als begleitendes Entertainment dienen, ausgespart worden wären. Es geht nicht darum, etwas Historisches wahrheitsgemäß zu präsentieren, warum dann also Tanzbären im Film auftreten lassen oder Pfaue mit einem Fußtritt ins Wasserbecken stoßen?! Wir sind nicht der Ansicht, dass Tiere per se aus Filmen verbannt werden sollen, aber mit realen Tieren derartige Szenen zu drehen, muss unserer Meinung nach nicht als "Goodie" in einem Film dienen.
Das Märchen der Märchen Bewertung
Wer schöne Bilder sehen, für zwei Stunden mal die Realität verlassen und sich wie ein Kind auf fantastische Geschichten einlassen will, für den ist Das Märchen der Märchen ein opulente Möglichkeit. Jedoch hätte mehr draus gemacht werden können, denn allein von ein paar bekannten Namen und schönen Bildern kann ein Film nicht leben. Schade, dass die Märchen doch teilweise abgewandelt wurden und auch nur in manchen Szenen eine Verbindung erkennbar wird. Dennoch ein Film, der den Kinosommer bereichert.