Bewertung: 3 / 5
Tenet hat auf IMDb wenig überraschend aktuell eine sehr hohe Note und auch viele deutsche Kinomagazine sind voll des Lobes. Wir stimmen ihnen zu, was die Inszenierung der Actionszenen angeht, die zugrundeliegende Idee und insbesondere den Soundtrack betreffend, der uns mitgerissen hat. Aber für uns gibt es - bestimmt wenig überraschend für einige Leser - auch ein B-Moll.
Tenet Kritik
Ein unbenannter Agent (John David Washington) wird mit einem neuen Auftrag betraut, dem es obliegt, den Dritten Weltkrieg zu verhindern. Doch ein simpler Atomkrieg wäre zu wenig, die Gefahr droht von anderer Stelle. Das Codewort "Tenet" fällt und plötzlich ist nichts mehr, wie es scheint: Der Protagonist erfährt, dass die sogenannte "Inversion" eine Rolle spielt, wenn z.B. Pistolenkugeln aus der Zukunft ins Jetzt gelangen - eine Tatsache, die Wissenschaftlern Kopfschmerzen bereitet. Der Agent setzt nun alles daran, hinter das Geheimnis zu kommen und geht mit seinem Partner Neil (Robert Pattinson) an die Grenzen des Menschenmöglichen, um an Informationen zu gelangen...
Trailer zu Tenet
Christopher Nolan ist unbestritten einer der größten Regisseure unserer Zeit, dem es eine Freude ist, das Publikum mit Wendungen und abgefahrenen Geschichten zu beeindrucken. Ähnlich wie Shyamalan sucht er stets nach dem gewissen Extra, etwas, das seine Filme von anderen Regisseuren abhebt. Schon mit der Batman-Trilogie schaffte er Überraschendes, doch Filme, die auf eigenen Ideen beruhen wie sein Memento oder Inception, haben nicht ganz zu Unrecht den Ruf, etwas Neues und Großartiges den Zuschauern zu präsentieren. Die Einspielergebnisse sprechen für ihn und so ist es auch kein Wunder, dass Tenet nach langer Corona-bedingter Atempause sehnsüchtig von vielen Fans erwartet wird.
Verständlicherweise werden wir in unserer Kritik wieder nichts zur Handlung verraten, um euch nicht zu spoilern, aber fangen wir doch damit an:
Inszenatorisch spielt Tenet auf sehr hohem Niveau, speziell was die Actionszenen angeht, die in Echtzeit und Zeitlupe begeistern, und auch der Anne-Clark-ähnliche Soundtrack durchwebt den Film fulminant. Durch die eingebauten Zeitreisen und die verkapselten Ebenen wird speziell der Showdown am Ende zu einem nahezu undurchdringlichen Geschwindigkeitsrausch, der viele Fans in seinen Bann ziehen wird. Die Darstellerleistung, insbesondere von Washington und Pattinson ist absolut überzeugend, ohne Kenneth Branagh und Elizabeth Debicki in ihren Rollen zu vergessen. Handwerklich ist Nolan ein Einserkandidat, der weiß, mit welchen Effekten er Aufmerksamkeit generiert und Eindrücke schafft.
Dennoch möchten wir das B-Moll nicht ungehört lassen, denn Tenet gewinnt vor allem durch sein Handwerk an Qualität - doch wie so oft ist der Mindfuck in Nolans Filmen nichts als Illusion. Beginnen wir bei den Stereotypen und der zugrundeliegenden Geschichte: Ein Netter soll die Welt retten, Punkt. Bei dem Film handelt es sich um nichts anderes als ein klassisches Filmdrama, das nur komplex inszeniert wird, um etwas zu erreichen, was es am Ende nicht ist.
Täuschung ist die große Stärke von Nolan, im Positiven wie im Negativen, und seine Begeisterung für Wendungen und verschachtelte Erzählebenen. Nur bedeutet es nicht zwingend, als großer Cineast auch immer Geschichten gut zu erzählen. Persönlich haben uns z.B. die Schnitte an vielen Stellen eher verstört, die den Film teilweise richtig blockartig zerfallen ließen, der dann nur durch den über allem liegenden Soundtrack verknüpft wurde.
Das Gute an Tenet ist, dass der Film wenn auch kühl inszeniert, die Leute nicht kalt lässt (und das wird sich auch an den Reaktionen auf unsere Kritik zeigen ;-). In unserem Saal hat ein Teil der Leute beim Abspann applaudiert, wieder andere haben aber 20min vorm Ende den Kinosaal verlassen. Bei 150 Minuten, die uns auch zu lang vorkamen, kann man das verstehen, da Tenet keine Erklärung auf dem Silbertablett serviert.
Für uns bleibt es im Kern ein extrem typischer Nolan, der eine weitgehend simple Handlung extrem aufbauscht, handwerklich versiert und mit seiner ihm ureigenen Handschrift, aber eben auch zu verkopft und kompliziert, für das was am Ende das Ergebnis ist. Nolan bietet uns seinen Blick aufs Kino an, wenn man so möchte, aber für uns persönlich mangelt es dieser prätentiösen Inszenierung an dem ganz großen Reiz.