Bewertung: 3.5 / 5
Es dauert nicht lange, bis der Erste ihn anfeuert. "Spring endlich!" Bald steht unten auf der Straße eine ganze Horde Passanten, die "Spring! Spring! Spring!" skandiert. Sie jubeln dem Mann zu, der 70 Meter über ihnen auf einem schmalen Sims steht. Doch Nick Cassidy (Sam Worthington) wird nicht springen. Zumindest vorerst. Denn was ihn auf diesen Sims getrieben hat, so wird schnell klar, ist nicht die Selbstmordabsicht - sondern Ein riskanter Plan. Regisseur Asger Leth gelingt mit seinem Spielfilmdebüt ein unterhaltsames Stück Hollywood-Popcorn-Kino.
Polizeipsychologin Lydia Mercer (Elizabeth Banks) ist bass erstaunt, als sie zu dem Suizidgefährdeten gerufen wird. Schließlich ist sie stadtbekannt - dafür, dass es ihr vor ein paar Monaten nicht gelang, einen "Springer" von seinem Plan abzubringen. Seitdem zirkuliert das YouTube-Video im Netz, während sie Schuldgefühle und Versagensängste in selbstverordneten Alkoholdosen ertränkt. Doch Cassidy hat ausdrücklich nach ihr verlangt. Warum, das wird erst nach und nach enthüllt.
Trailer zu Ein riskanter Plan
Cassidy war einst Polizist, der sein Gehalt nebenher noch mit Sicherheitstransporten aufbesserte. Bis bei einem Überfall ein wertvoller Diamant verschwand - und er wegen Raubes hinter Gitter kam. Um seine Unschuld zu beweisen und sich an dem wahren Übeltäter zu rächen, will er den Diamanten stehlen. Diesmal wirklich. Dazu hat er einen ausgeklügelten Plan entwickelt. Sein Gang auf den Sims, die Einbeziehung von Mercer - alles nur ein großes Ablenkungsmanöver, um die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, während sich im Gebäude gegenüber sein kleiner Bruder Joey (Jamie Bell) gemeinsam mit seiner Freundin Angie (Genesis Rodriguez) in Richtung Safe vorarbeitet. Doch das Trio hat seinen Gegner unterschätzt: Der skrupellose und machtbewusste Immobilienhai David Englander (Ed Harris) hat selbst mehr als ein As im Ärmel.
70 Meter - das sieht selbst in 2D noch schwindelerregend hoch aus. Umso beeindruckender, dass sich Sam Worthington, der eigentlich selbst unter Höhenangst leidet, für die Dreharbeiten auf den Sims wagte. Möglicherweise ist die Anspannung seines Helden also nicht nur gespielt. Allerdings gerät Worthingtons solide Performance immer dann in Vergessenheit, wenn Jamie Bell auf der Leinwand erscheint. Als jüngerer, sympathisch verpeilter Bruder des Helden stiehlt er nicht nur den Diamanten, sondern auch mit einem Augenzwinkern die Show.
Asger Leth hat, was ein "Mann auf dem Sims" (so die Übersetzung des Originaltitels) braucht: Ein gutes Gefühl für Balance. Er kontrastiert Cassidys angespanntes Warten über der Stadt gekonnt mit den amüsanten Wortgefechten, die sich die Amateur-Einbrecher Joey und Angie liefern, und räumt dabei jeder Szene nicht mehr Raum als nötig ein. Durch den steten Wechsel zieht er die Temposchraube so sehr an, dass sein Film über die zahlreichen Ungereimtheiten und haarsträubenden Zufälle, die das Drehbuch vorschreibt, einfach hinwegrast. So findet auf der Leinwand quasi ein doppeltes Ablenkungsmanöver statt - das des Helden und das des Regisseurs. Ob beide damit fette Beute machen können, wird sich an den Zuschauerzahlen zeigen.
Ein riskanter Plan bekommt 3,5 von 5 Hüten.
(Quelle: teleschau - der mediendienst | Sabine Metzger)