Bewertung: 3.5 / 5
Der Versuch, die internationale Presse zu beeinflussen, ist wohl noch sein geringstes Vergehen: Admiral General Aladeen verlangt in den Vorankündigungen zu Larry Charles Komödie Der Diktator, dass die Berichterstattung ausschließlich wohlwollend erfolgt. Zumindest in Teilen kann diesem Gesuch Folge geleistet werden, denn Charles und sein Hauptdarsteller Sacha Baron Cohen nehmen aktuelle politische Themen satirisch witzig unter die Lupe. Einige geschmacklose Gags sind jedoch redundant und scheren aus dem ansonsten gelungenen Drehbuch aus.
So beispielsweise die Geburtshilfe, die der kurzfristig entmachtete Diktator (Baron Cohen) im Gemüseladen seiner Angebeteten Zoe (Anna Faris) leistet: Als einer Kundin die Fruchtblase platzt, fuhrwerken die herrlich überzeichnete Klischee-Feministin mit Öko-Tick und Aladeen mit ihren Händen in deren Uterus herum, um das Baby zu holen - und verlieren dabei auch gleich noch ein Handy im Bauch der armen Frau. Unpassend. Eklig. Überflüssig. Zwei bis drei solcher grenzwertiger Episoden muss das Publikum jedoch verschmerzen, wird dafür jedoch mit der gelungenen Karikatur aktueller Machthaber entschädigt.
Trailer zu Der Diktator
Die Selbstherrlichkeit von Despoten wie Gaddafi, dem iranischen Präsidenten Ahmadinedschad oder Saddam Hussein ist in Aladeens überzogenem Auftreten gebündelt. Der Rauschebartträger lebt in einem pompösen Palast, bestellt sich Hollywoodstars ins Bett und lässt jeden enthaupten, der ihm nicht passt. Je skurriler die Situation, desto lächerlicher wirkt Aladeen stellvertretend für die echten Diktatoren.
Das ist zumindest so lange der Fall, bis er in eine Intrige verwickelt wird: Nach seiner Ankunft in New York, wo er vor den Vereinten Nationen sein Atomprogramm ("Wir reichern Uran nur für friedliche Zwecke an!") rechtfertigen soll, wird er kurzerhand aus dem Verkehr gezogen und durch ein Double ersetzt. Der echte Despot irrt daraufhin unerkannt durch die Straßen der Metropole und wird von Gutmensch Zoe aufgegabelt, die ihn mehr oder minder erfolgreich in ihr Öko-Kollektiv eingliedert.
Pointiert kommentiert Aladeen das Selbstverständnis Amerikas, fürt dessen ständig schwelende Terrorangst brüllend komisch ad absurdum und singt letztlich ein wunderbar pathetisches Loblied auf die von ihm eigentlich verhasste Demokratie - die Liebe zu Zoe, die zart in ihm aufkeimt, verändert den jovialen Diktator erwartungsgemäß, zumindest ein wenig.
Im Gegensatz zu seinen Alter Egos Borat (2006) und Brüno (2009) konfrontiert Baron Cohen als Admiral General Aladeen keine erstaunten Zivilisten in Mockumentary-Manier mit seinen Ansichten, sondern agiert im kontrollierbaren Umfeld eines Spielfilms. Das nimmt der Figur zwar die Spontaneität, sorgt jedoch dafür, dass die Gags das passende Timing haben und zünden - auch, wenn der Brite auf Teufel komm raus nicht darauf verzichten will, unter die Gürtellinie zu gehen.
Der Diktator bekommt 3,5 von 5 Hüten.
(Quelle: teleschau - der mediendienst | Christina Freko)