Bewertung: 3.5 / 5
Tja, was soll ich sagen, wo soll ich anfangen?
Als erstes vielleicht eine kleine Anektode aus einer früheren Zeit: Ich lebe nicht in Berlin, und bin nur alle Jubeljahre dort, doch wenn ich dort bin, versuche ich, wenn irgends möglich ins Sony IMAX Kino zu gehen. So kam es, dass ich damals sogar zweimal in BvS im IMAX war, und den lieben CGN nur haarscharf verpasst habe, der sogar am gleichen Tag im gleichen Kino wie ich war. Also haben wir lose festgehalten, dass wir das irgendwann nachholen sollten. Langer Rede kurzer Sinn: Zu Weihnachten war ich tatsächlich in Berlin, konnte Mr ChrisGenieNolan endlich live kennen lernen und mit ihm zusammen einen DC-Film anschauen. Nur so viel: Der Junge ist genauso DC-verrückt wie hier und weiss eigentlich alles über das DC, was er eindrucksvoll beweisen konnte, aber dennoch immer fair auch gegenüber anderen Verlagen, einfach nur eine coole Socke - Saludos Companero ! :-)
Trailer zu Aquaman
Hat wirklich Spass gemacht :-)
Wenn der Film schon vor Beginn so positiv losgeht, ist es ja eigentlich schon schwer ihn nicht zu mögen, aber ich versuche mal so objektiv wie möglich an die Sache ranzugehen. Und da es ja anscheinend der sargnagel des bisherigen DCEU zu sein scheint (was ja eigentlich schon SS und JL waren), warum sich in der Vergangenheit suhlen und den Film nicht einfach als das bewerten, was er sein will: Ein einfacher, dumpfer Crowdpleaser? Und wenn man so an die Sache rangeht - was man ja auch tun sollte, da die Trailer eigentlich nie was anderes zu vermitteln versucht haben - dann kann einem alles bisher verfilmte so mal schön am behaarten Hinterteil vorbeischrammen, dass selbiges plötzlich enthaart und aalglatt wird.
Also denn, auf zur Kritik?
Ach was, da ich schon mal dabei bin zum Neujahr alle möglichen Quatschköpfe zu grüßen: Herzliche Grüße ins Neustadt and der Weinstrasse, wo es ja anscheinend ein ähliches Gelage gab, und man sich ähnlich unterhalten gefühlt hat (sublim, Kayin, Halespare!!) :-)
So, nun zur Kritik:
James Wan hat bei mir einen recht schweren Stand: Er ist in meinen Augen ein kompetenter Auftragsarbeiter, der routiniert seinen Stiefel runter drehen kann und der in dieser Arbeit dann völlig untertauchen kann, so dass man nicht genau erkennt, was sein Stil ist. Death Sentence ist in meinen Augen eine faschistoide Frechheit ohne Gleichen, und sein Beitrag zur FF Reihe, welche er als 1970er Jahre Grindhouse-mäßige Rache-Story ankündigte (zugegebenermassen vor Paul Walkers plötzlichem Ableben), war dann letztendlich eine recht miese Justin Lin Kopie und objektiv betrachtet vielleicht sogar mit der mieseste Teil der neueren FF-Ära. Sein Saw damals war schon eher ein mittelmäßiger Film, bei dem ich mich bis heute frage, was die leute an sowas finden, aber zumindest hat er hier erstmals gezeigt, wo er sich heimisch fühlt: Im Horror- und Gruselgenre, was ja seine Conjuring reihe bis heute eindrucksvoll beweist. Also gab es zwei Möglichkeiten für mich, wie sein Fischmann-Film sein könnte: Erstens könnte er einen düsteren gruselnden Fantasyfilm drehen, der funktionieren könnte, oder er könnte komplett als individueller Regisseur verschwinden und eine pure Auftragsarbeit abliefern. Wie gesagt, da mir seine Auftragsarbeiten nicht zusagen, hoffte ich auf ersteres. Und merkte schon bei den Trailern, dass ich mich irrte. Tja, ja ich irrte mich, aber diesmal war es wohl zum Besseren...
Um es kurz zu machen. Aquaman ist kein genialer Film, er ist noch nicht einmal sonderlich intelligent, der Film ist eigentlich ziemlicher Murks. Aber das mit solcher Innbrunst, dass man sich fast im falschen Jahrzehnt wähnt, und das ist gut so. Und jetzt machen wir es mal etwas länger, zumindest deutlich länger als es das ohnehin schon ist - ich sehe schon die (nehmt hier die MJ-Pats die ihr nicht mögt) dieser Welt die Augen rollen, hehe :-)
1. Wan erzählt eine epische Geschichte in einer epischen Laufzeit: Check!
ABER: Er macht das so cheesy - und zwar bewußt! - und baut mehr als nur eine kitschige Hintergrundgeschichte dazu mit ein, dass so manch einer befremdet sein haupt senken möchte. Das muss man mögen, oder es kommt einem ein bißchen Fremdschämen in den Sinn (hallo nochmal ChrisGenieNolan). Aber ganz ehrlich, der Film umarmt diesen Aspekt mit solch einer Innbrunst, dass ich diesen Aspekt komplett angenommen habe, ohne in Fremdscham in Grund und Boden zu zerfließen.
2. Wan imitiert angeblich das MCU. Check ;-)
ABER: Lustige, kalauernde Superheldenverfilmungen wurden nicht von MCU erfunden, man erinnere sich mal an den Adam West Batman. Außerdem ist der Film eher wie eine Schnitzeljagd a la Indiana Jones meets Brendan Frasers Mumie aufgebaut, als ein neuer Dr Strange, Iron Man oder sonstwer. Der Humor, der häufig ins infantile abrutscht, kommt also sicher nicht als Kopie des MCU her, sondern --- Trommelwirbel:
3. Wan huldigt dem 1980er Action-Trash-Stallone-Schwarzenegger-Ikonografie-Kino:
Jason Momoa wird einfach dermassen Over The Top (Pun Intended) eingeführt und einfach weiter so im Film vermittelt, dass es jedem Zuschauer auf der Welt ein Rätsel ist, wieso dieser Mann nicht schon längst ein Superstar ist - Hust Nispel hust. Und damit hört Wan aber nicht auf, er bedient sich auch 1980er Snythie-Musik, 1980er Kalauern (die aus Michael Douglas, Kathleen Turner Filmen oder einem Goonies-Abklatsch geklaut sein könnten) und setzt seinen Helden spätestens in einer ikonografischen und völlig deplatzierten Knutschsequenz so sehr ins derbe schlechte Licht, dass sogar die Idee Casablanca in Farbe neu zu drehen (Gremlins 2) dagegen wie ein Geniestreich wirkt.
Dazwischen setzt Wan in dieser üppigen Laufzeit ein paar Action-Ideen um, die er wahrscheinlich nicht mehr in seinen FF-Film reinquetschen konnte und erzählt eine recht nachvollziehbare Rachegeschichte auch noch in Szene. Ja, ein bißchen überfrachtet ist der Film schon.
Und dann geht er natürlich noch einen riesigen Schritt weiter und imitiert sogar in einigen Kompositionen Herrn Zack Snyder, dass einem Hören und Sehen vergeht. Es ist schon ziemlich schwer, eine eigene Handschrift James Wans heraus zu lesen. Spätestens wenn es am Ende auch noch versöhnliche Töne gibt, ist Wan komplett verschollen und der Auftrag mit Bravour bewältigt.
Aquaman ist ein Koloss von einem Unterhaltungsfilm, der seine Qualitäten nicht unbedingt aus einer zeitgemäßen Wahrnehmung von Qualität heraus zieht, sondern verschiedene andere Faktoren ins Spiel bringt, die den Film einfach zu einem reinen Spassfilm machen:
1. Er ist irgendwo eine Hommage an die legendären Einzelkämpfer-Filme der 1980er gepaart mit den Abenteuerfilmen, in denen Mann und Frau sich in einem Abenteuer zusammenraufen müssen und sich verlieben. Hier holt er schonmal eine Wagenladung von Leuten ab.
2. Er erzählt eine unglaublich kitschige Liebesgeschichte und hat den vielleicht gerade sexiest Man Alive - den auch wahrscheinlich kein Mann beneiden dürfte - als Bonus drin und dürfte daher deutlich mehr Frauen ansprechen als sonst jeder andere Superheldenfilm der letzten Jahre (Statistiken in den USA belegen dies!)
3. Er erzählt eine abgeschlossene Geschichte mit einem sehr versöhnlichen Finale und ignoriert die guten und schlechten Filme des DCEU gleichermassen.
Und alle Teilnehmer sind gut gelaunt, was schon mal mehr als die Hälfte der Miete ist.
Als qualitative Einordnung in das DCEU:
Bisher finde ich immer noch - und eigentlich immer mehr, dass BvS der beste Film ist. Und dann wird es schon schwer.
Vergessen wir mal GL und SS. JL war zwar eine Frechheit, aber nur weil wir wissen, was wir nicht bekommen haben, an und für sich ist der Film völlig ok und unterhaltsam. Besser ist da noch WW, aber ehrlich gesagt ist der Film völlig belanglos, und nur dank der wunderbaren Gal Gadot sehenswert. Und MoS hakt an allen Ecken und Enden ist aber ein guter Start und bei Weitem nicht so schlecht, wie viele ihn heutzutage machen. Für mich kommt Aquaman direkt nach MoS auf Platz 3, deutlich vor WW! Und auch hier nochmal. Chapeau vor diesem Besetzungscoup!
Nun noch meine kurze gar nicht so bescheidene Meinung zur MJ-Kritik: Das ist ein völlig belangloser Hohlbratzenfilm, das ist in diesem Fall mal positiv gemeint, wer in solch einen Film ZWEI Redakteure hinschickt, um ja keinen Fehler zu machen oder zu wiederholen, wie vergangene Shitstorms bei DC-Filmen suggerrieren, hat schon den ersten Fehler gemacht, da der Film nur ernster genommen wird, als er es verdient, und dadurch auch nur verlieren kann ;-)
Wie auch immer, ich schweife ab:
Aquaman ist ein Film irgendwo zwischen 6-7 Punkten, dem ich auf Grund seiner äußerst sympathischen Haltung 7 Punkte gebe und mich auf eine Fortsetzung freue. das ist mehr als ich es beispielsweise über Dr Strange 2, Wonder Woman 2 oder Dark Phoenix behaupten kann, nur um mal sicherheitshalber alle wichtigen Franchises abzudecken:-)