Bewertung: 4 / 5
Wie immer vorab die obligatorische Warnung vor Spoilern. Wer den Film noch nicht gesehen hat, sollte ab hier nicht weiterlesen.
Diesmal waren nicht nur Kayin, Halespare4 und ich dabei, sondern mein alter Herr, von uns allen “Vadder“ genannt. Für die Meinungsbildung hatten wir also ein recht großes Altersspektrum abgedeckt.
Trailer zu Avengers - Endgame
Für Endgame hatten wir uns erneut das IMAX in Sinsheim ausgesucht. Die 3D Vorstellung sollte es sein, damit man auch das größtmögliche Filmerlebnis hat und was soll ich sagen, wie immer hat das Kino aus technischer Sicht nicht enttäuscht. Ich bin ja bekanntlich kein großer Fan von 3D, aber einmal mehr muss ich sagen, dass das 3D Erlebnis in einem IMAX Kino nicht dasselbe, wie in einem herkömmlichen Kino ist. Zumindest empfinden meine Begleiter und ich das so. Der Ticketpreis ist mit unter 20€ p.P. auch nicht wirklich teurer, als es in einem herkömmlichen Kino der Fall gewesen wäre, von daher, alles im Lot. Überraschenderweise war das IMAX, trotz der Tatsache, dass Endgame schon mehrere Wochen läuft, recht voll. Vor gut besuchtem Haus ging es nun also los. Die Spannung hätte kaum höher sein können.
Zur Handlung:
Infinity War hatte damit geendet, dass die Avengers es nicht verhindern konnten, dass Thanos mit seinem Snap die Hälfte aller Lebewesen auslöscht. Endgame setzt genau dort wieder an und zeigt zu tiefst deprimierte Superhelden. Zusammen mit der neu dazugekommenen Captain Marvel, starten sie einen erneuten Versuch, Thanos zu besiegen und seinen Snap rückgängig zu machen. Überraschend schnell wird dieser ausfindig gemacht. Ebenso schnell wird Thanos aufgesucht und die traurige Wahrheit ans Licht gebracht, nämlich, dass die Steine nicht mehr existieren und es keine Möglichkeit mehr gibt, die verlorenen Seelen zurückzuholen. Man macht kurzen Prozess mit dem schwer gezeichneten Thanos und muss erkennen, erneut versagt zu haben.
Hier macht der Film einen Zeitsprung und zeigt, wie fünf Jahre später Ant-Man zurück auf der Bildfläche ist. Da für ihn die Situation recht neu ist und er sich noch nicht aufgegeben hat, im Gegensatz zu seinen Kollegen, bringt er frischen Wind in die Sache. Mit einer waghalsigen Idee von einer Zeitreise, mit der man die Steine zurückholen könnte und somit alles rückgängig machen könnte, gelingt es ihm, die schwer demotivierten Avengers neu zu motivieren. So machen sie sich erneut auf, dem Titanen ein Schnippchen zu schlagen und die Verlorenen zurückzuholen.
Zur Kritik:
Das war er nun also, der Film der die ganzen losen Fäden eines Jahrzehntes an Storytelling zusammenführen soll. Die Erwartungen waren verständlicherweise sehr hoch. Ob sie erfüllt wurden? Nun, da gehen die Meinungen offensichtlich recht weit auseinander. Selbst unser Vierergespann kam nicht zu hundert Prozent auf einen Nenner, zumindest nicht, was die Benotung angeht. Doch dazu gleich mehr.
Fangen wir mit dem Positiven an. Absolute Einstimmigkeit gab es bei Ton, Bild und Optik. Wie bei einer Big-Budget Produktion nicht anders zu erwarten, ist der Film ein optischer Bombast. Planeten, Schachten, Licht, Ton, Farbgebung, alles ohne Beanstandung. Vor allem die Musik kam bei unserer Runde gut an. Allen voran unser Vadder, der von den Songs aus seiner Jugend begeistert war. Es scheint so, als würde sich im MCU der Guardians-typische Stil durchsetzen. Gute Songs, gemischt mit emotional passenden Szenen kommen, zumindest bei musikaffinen Menschen wie uns, immer sehr gut an.
Zur Schauspielleistung braucht man im Prinzip nicht viel zu sagen. Der komplette Cast ist über Jahre gewachsen, absolut professionell und sowieso jedem MCU Fan gut bekannt.
Eine andere Sache ist, was man aus den einzelnen Charakteren gemacht hat, bzw., wie man ihre Entwicklung der letzten Jahre in Endgame fortgeführt hat. Auch hier möchte ich mit dem positiven anfangen. So finde ich, dass man (mal völlig unabhängig vom Mangel an Logik) Captain America einen schönen Abschluss seiner Geschichte ermöglicht hat. Ja, die Tatsache dass er dort sitzt ist, nach der zuvor erfolgten Erklärung, wie Zeitreisen im MCU funktioniert, ein absolutes Logikloch, aber dennoch ist es ein schönes Ende für den ersten Avenger. Mein Wunsch nach einem filmischen Happy End ist hier deutlich maßgeblicher, als mein Zwang, alles immer zu hundert Prozent logisch erklären zu müssen. Interessanter Weise sehe ich auch Iron Mans Ende, als absolut richtig und konsequent an. Natürlich kann man bei seinem Ableben alles andere als von einem Happy End für den Eisenmann sprechen, doch es ist wie Pepper Potts so trefflich sagte, Tony Stark hätte nie Ruhe gefunden. Spätestens bei der nächsten Bedrohung, wäre er wieder vorne dabei gewesen. Das einzige Ende für ihn ist jenes, welches man ihm hat angedeihen lassen, nämlich der Tod, aufgrund der Rettung der Erde. So musste es einfach enden. Auch wenn man hier einmal mehr über Sinn und Unsinn dieser Situation streiten kann, war es einfach das Ende, das man für Iron Man gebraucht hat. Der bittere Beigeschmack ist leider, dass man in dieser Szene sehr stark spürt, wie konstruiert dieses Ende wirkt.
Am wenigsten gefallen hat uns allen vieren, wie man mit Thor umzugehen beliebt. Dass der Gott des Donners zutiefst deprimiert, ob seines erneuten Versagens ist, sehen wir alle als absolut glaubwürdig an, doch dass man ihn gleich zur Witzfigur degradieren musste, passt nicht zu der tollen Charakterentwicklung, die der Sohn Odins durchgemacht hat. Hier sind wir uns alle einig, dass Thor der erste Charakter ist, der im MCU unnötig verheizt wurde. Schon bei Thor 3 war ich nicht so wirklich zufrieden, sie sehr man diesen (eigentlich sehr ernsten) Charakter quasi durch den Kakao gezogen hat. Ihn hier zu einem unnützen Sidekick zu degradieren, gefiel keinem meiner Begleiter und mir ebenso wenig.
Über das Ende von Black Widow kann man sagen was man will, aber ich denke, es wird niemand widersprechen, dass ihr Tod überraschend kam. Von uns hat jedenfalls keiner damit gerechnet. Hier war die Erwartung wohl bei allen gleich, nämlich dass Hawkeye seinen großen Moment bekommt. Im Nachhinein war es aber die logischere Entscheidung, soll der Bogenschütze doch eine eigene Serie bekommen. Letzten Endes bin ich mir selbst noch nicht ganz sicher, wie ich Black Widows Ableben finden soll, denn sie ist für mich mit Abstand meine Lieblingssuperheldin.
Das bringt mich zu Captain Marvel. Die als Heilsbringerin angeteaste Retterin, die letzten Endes absolut keine Bedeutung für Endgame hatte. Und ganz ehrlich: Das ist auch gut so! Denn ich hätte nichts schlimmer gefunden, als wenn es so geendet hätte, dass alle Helden an Thanos scheitern und sie dann einfach mal so den Titanen besiegt hätte. Für mich wäre dies das schlimmste Ende überhaupt gewesen, denn die Erklärung “Sie war halt vorher nicht da“ zieht bei mir einfach nicht und hätte den gesamten Kampf zuvor ad absurdum geführt. Stattdessen sah man, wie auch sie am Titanen scheiterte und es eben eine Gemeinschaftsleistung aller Helden war, dass Thanos besiegt wurde. Hier waren wir uns auch alle einig, dass dies gut gelöst wurde, auch wenn Kayin anmerkte, dass man bewusst eine Erlöserin angeteast hatte, die letzten Endes eben keine war.
Die negativen Meinungen zu Hulks Entwicklung kann ich nicht nachvollziehen, hat er doch die größte Entwicklung aller Avengers durchgemacht. Man ist in diesem Fall dem Verlauf der Comics gefolgt und hat aus Banner und Hulk letztendlich den Professor gemacht. Hier waren wir uns einmal mehr einig, dass die CGI Darstellung einfach nur grandios war. Mir persönlich war die Szene in der Cafe Bar allerdings ein wenig zu albern.
Bei Thanos gehen die Meinungen wieder auseinander. Während Kayin und ich finden, dass man in Endgame Thanos wieder einen Gegner, wie er im MCU üblich ist, in Erscheinung hat treten lassen, nämlich ohne genügend Tiefe, sind Halespare4 und unser ältester Begleiter in der Runde recht zufrieden mit dem Titanen. Natürlich muss einem bewusst sein, dass der Thanos, den wir in Endgame zu Gesicht bekommen nicht der Thanos ist, der am Ende von Infinity War gegen unsere Helden antritt. Er ist an einem sehr viel früheren Stadium seines Lebens und hat einige Erfahrungen weniger gemacht. Dennoch bleibe ich dabei, dass der Thanos aus Infinity War der interessantere ist.
Kommen wir zum Storytelling ansich.
Hier sehen wir alle das größte Manko bei Avengers:Endgame. War Infinitv War noch ein absolut runder und stimmiger Film, hatte man das Gefühl, dass Endgame einfach unrund war. Die Story war irgendwie holprig und hatte, vor allem in der ersten Hälfte, sehr viele Momente, die man bestenfalls als unnötig bezeichnen könnte. Vor allem die Fanservice-Momente mit Captain America waren mir hier und da zu viel des Guten. Einstimmig waren wir in der Besprechung nach dem Film der Meinung, dass eine halbe Stunde weniger dem Film sehr gut getan hätte. Würde man den Film in zwei Hälften teilen, wäre der erste Teil höchstens Mittelmaß, der zweite allerdings ein sehr guter Film. Kayin geht sogar so weit und sagt, dass der Film für ihn, ohne das tolle Ende, kaum über drei Hüte hinweg gekommen wäre.
Sehr unzufrieden war vor allem ich mit der Handhabung der Zeitreisethematik. Für mich ist es absolut unlogisch, wie hier die Gesetze der Zeitlinien präsentiert werden. Mag sein, dass ich da von Filmen wie Zurück in die Zukunft oder auch Terminator zu sehr geprägt bin, aber dieser Logik kann ich wesentlich besser folgen und finde sie auch plausibler, als die Erklärung von verschiedenen Zeitsträngen. Mit anderen Worten, wenn ich mein Ich aus der Vergangenheit erschieße, ist es nur logisch, dass ich in der Zukunft auch nicht existiere. Von daher macht der Gesamte Plot für mich eigentlich keinen Sinn. Hier gingen die Meinungen allerdings weit auseinander. Halespare4 findet die Erklärungen sehr plausibel und ist auch recht begeistert von der Theorie, dass die geschehene Vergangenheit eine Zukunft erzeugt, die für den erlebenden unveränderbar ist…so oder so ähnlich^^
Das Fazit:
Trotz aller Logikfehler, unnötiger Längen und unerwünschter Charakterentwicklungen hat Avengers:Endgame seine Hauptaufgabe meiner Meinung nach gelöst, nämlich alle offenen Enden, alle Storybögen und alle Charakterentwicklungen zu einem Ende zu bringen. Bevor man über Logiklöcher und unglaubwürdige Handlungsbögen sinniert, sollte man sich vor Augen führen, dass das MCU die Filmische Umsetzung von mehreren Jahrzehnten Comicgeschichte ist. Wenn man bedenkt, wie abstrus so mancher Comic daherkommt und wie geschickt diese Geschichten in einem Franchise zu einer durchgehenden Story verwoben wurden, dann kann man eigentlich nicht anders, als den Hut ziehen. Dass man dabei die eine oder andere Szene hat, bei der leichtes Kopfschütteln hervorgerufen wird, ist für mein Verständnis absolut nachvollziehbar. Fragen wie: „Warum konnte Captain America auf dieser Bank sitzen, wenn er doch eigentlich in einer anderen Zeitlinie sein müsste?“ oder: „Wieso konnte Tony Stark seinen Anzug verwenden um die Infinitysteine zu benutzen, wenn er dafür doch extra einen Handschuh bauen musste?“, bleiben unbeantwortet und ganz ehrlich, ich finde auch nicht, dass man sich allzu viel Gedanken darüber machen sollte. Trotz oder gerade wegen der extrem hohen Erwartungen, die wir alle wohl an den Film gestellt haben, wurde uns alles andere als ein schlechter Film präsentiert. Für mich ist Endgame ein recht würdiger Abschluss des bisherigen MCU, kommt allerdings nicht an die Qualität von Infinity War heran.
Die Punktevergabe gestaltet sich hier wie folgt:
Kayin gibt in einer zehn Hüte Tabelle 6,5. Mein Vadder gibt 8, ebenso wie Halespare4. Ich selbst bin bei 7,5 Hüten, was eine Gesamtzahl von 7,5 Hüten ergibt. Da man keine dreidreiviertel Hüte vergeben kann, runde ich großzügig auf und wir landen bei guten vier Hüten.