Bewertung: 4 / 5
Hut ab, dass Disney es geschafft hat, die Zuschauer bis zur Veröffentlichung zwar anzuteasern, aber ihnen nicht im Vorfeld den ganzen Film zu verraten. Das schaffen nur wenige Studios. Und auch wenn die Handlung recht banal ist, kann sie dennoch mit Überraschungen glänzen und alle Helden sinnvoll in den Gesamtkontext unterbringen. Mit Thanos gibt es endlich ein Bedrohungsszenario, welches diesen Namen auch verdient. Marvel-Fans bekommen hier also genau das geliefert, was sie schon immer auf der Leinwand sehen wollten - den totalen Superduperheldenmegaoverkillorgasmus!
Avengers - Infinity War Kritik
Thanos (Josh Brolin) ist da und will für Ordnung im Universum sorgen und dafür braucht er die Kraft der sechs Infinity Steine. Diese, verteilt im ganzen Universum, sind die letzte Hoffnung der Helden auf und jenseits der Erde. Von den Guardians bis zu den Avengers, bei dieser Schlacht gibt es keine Zurückhaltung, denn es geht dieses Mal nicht um ein Land, einen Kontinent oder eine Welt, es geht um das Leben an sich! Denn wenn Thanos es schaffen sollte, die Infinity Steine zu vereinen, erlangt er unvorstellbare Macht...
Trailer zu Avengers - Infinity War
Wir wollen in dieser Kritik niemanden spoilern, weswegen wir uns sehr zurückhalten werden und nur grob verraten, ob sich der Kinobesuch lohnt.
Es ist ein Film von Fans, für Fans und das merkt man Avengers - Infinity War an allen Stellen an. Marvel will überraschen und schockieren, bleibt sich dabei aber treu. Es ist die Kulmination dessen, was das Studio in den vergangenen zehn Jahren geschaffen hat und es zeigt, wie sehr sich das MCU wandelte. Seit die Avengers vor sechs Jahren zum ersten Mal im Einsatz waren, ist viel passiert, das MCU wurde größer, bunter und abgedrehter und von der realistischen Darstellung im ersten Iron Man ist nichts mehr geblieben. Magie trifft auf Technik, Fantasy auf Science Fiction, von allem ein wenig, für alle ein bisschen.
Dies macht es müßig, den Film einzuordnen, denn die Fans werden ihn lieben und feiern, während neue Zuschauer wohl nicht gewonnen werden dürften. Wer bisher mit dem MCU Probleme hatte, wird auch bei Avengers - Infinity War nicht zu einem Fan avancieren und sich mehrmals langweilen. Auch sind die klassischen Schwächen vorhanden, vom uninteressanten Soundtrack bis hin zu übermäßig aneinandergereihten Actionszenen. Gerade die Action ist verglichen mit anderen Teilen der MCU-Reihe sogar noch gesteigert worden, was für einen ununterbrochenen Effektoverkill sorgt. Wer Substanz sucht, wird sich zu Recht am Kopf kratzen und sich schnell an den hübschen, aber eigentlich immer gleichen Actionsequenzen sattsehen. In einer Tour hauen sich Übermenschen, die immer genau so stark sein dürfen, wie es die Szene gerade bedarf. Aber geht man deswegen schon wieder ins Kino?
Was Avengers - Infinity War liefert, sind Helden und Schurken und mit Thanos endlich ein Schwergewicht, welches die Bezeichnung auch verdient. Er hat für MCU-Verhältnisse sogar etwas wie Tiefe, Motivation und ist keine eindimensionale Marionette. Von der ersten Minute an wird klar, dass das kein Zuckerschlecken für die Superhelden wird. Über Logik sollte man sich nicht den Kopf zerbrechen, denn so manche Szene soll den Zuschauer nur hinhalten. Gemeinsamkeiten zu Star Wars - Die letzten Jedi sind nicht von der Hand zu weisen. Die Tonart ist überraschend düster, aber auf Witze wird auch während dieser Apokalypse nicht verzichtet. Entwarnung kann aber gegeben werden, die Gags sind gut platziert, zünden fast immer und sind deutlich weniger als in Thor - Tag der Entscheidung.
Stichwort Thor, hier liegt vielleicht eine große Schwäche des Films. Wo gehört Infinity War hin? Was setzt er voraus? Denn auch wenn Thanos im Film gut zur Geltung kommt, ein wenig mehr Screentime wäre nicht verkehrt gewesen, so ist die Figur bis auf einige Momente in Guardians of the Galaxy dem Normalzuschauer eigentlich nicht vertraut. Seine Motivation und Pläne mehr ein Produkt der Avengers-After Credits-Szenen, auf die sich der Film hier zu sehr verlässt. So wirft Avengers - Infinity War den Zuschauer mitten rein in eine Handlung, die er nur versteht, wenn er wirklich alle MCU-Filme gesehen hat. Wer Thor - Tag der Entscheidung nicht kennt, steht storytechnisch auf dem Schlauch, wer den Abspann nicht bis zum Ende verfolgte, wird nichts vom bereits dort revidierten Ende mitbekommen haben. Auf Exposition als dramaturgisches Mittel wird verzichtet, was dem Film fehlt ist ein Anfang, der nie richtig, aber irgendwo anders bereits erzählt wurde. Was aber dann wieder zum Ende passt, welches zu abrupt und unerwartet den Actionzug vorerst zum Stehen bringt. Doch diese spoilerbehaftete Debatte verschieben wir auf die kommenden Tage. Nur so viel: Hier hat Disney entweder wirklich Eier bewiesen oder verschaukelt nur den Zuschauer. Wir wissen es momentan nicht, aber Letzteres ist leider durch das Wissen über kommende Filme anzunehmen, was jedwede emotionale Wirkung dieses Films zunichtezumachen droht.
Avengers - Infinity War ist auf keinen Fall die beste Comicverfilmung aller Zeiten, aber eine, die im MCU Auswirkungen haben wird und Eindruck schindet. Nahezu alle Superhelden vereint zu sehen, das hat schon was, vor allem wenn die galaktischen Helden endlich auf die irdischen treffen. Doch im Moment ist es nicht möglich, diesen Film wirklich in seiner Bedeutung einzuordnen. Erst in ein bis zwei Jahren ist dies machbar, denn der Grat zwischen "Betrug am Zuschauer" und echtem Schocker ist verdammt schmal. Für Fans ein großes Ding, ohne Frage. Was bleibt, sind gemischte Gefühle, den Film momentan nicht wirklich einschätzen zu können. In den kommenden Tagen wollen wir dies in etwas detaillierter beleuchten und wünschen euch bis dahin viel Spaß im Kino!