Bewertung: 5 / 5
Hallo allerseits,
heute bespreche ich mal wieder etwas ungewöhnlich (die gewöhnlichen Bewertungen sind bei mir derzeit in der Unterzahl), indem ich die komplette Trilogie bespreche. Um es vorweg zu nehmen, das ist nicht nur eine der besten Comic-Trilogien aller Zeiten, es handelt sich hierbei auch um eine der besten Film-Trilogien überhaupt. Weiter braucht man eigentlich inhaltlich nicht zu lesen und kann sofort zu den Punkten springen
Trailer zu Batman Begins
Aber sei es drum, los gehts:
Als Christopher Nolan mit der Regie von Batman Begins betraut wurde, lag die Marke in Trümmern. Zu groß war der Schaden, den ein gewisser Joel Schumacher mit irgendwelchen Nippelsuits angerichtet hatte. Selbst ein schelmischer George Clooney, der optisch deutlich besser zum Batman taugte als die beiden Vorgänger Michael Keaton und erst recht Val Kilmer, konnte an dieser Katastrophe von Film einfach nichts mehr retten.
Dass ausgerechnet Nolan mit so einer regie betraut wurde, war jedoch nicht selbstverständlich: Mit Following hatte er ein sehr schönes Debut abgeliefert, was er mit Memento, mittlerweile einem modernen Klassiker, sogar noch toppte. Als nächstes Regiewunderkind abgefeiert, war seine nächste Regiearbeit Insomnia (ein Remake eines skandinavischen Krimis) für viele eine herbe Enttäuschung. Nicht dass der Film schlecht wäre, im Gegenteil, dies ist der seltene Fall, dass ein Remake mal nicht schlechter ist als das Original (ich halte beide für komplementär und gleichwertig, da unterschiedliche Nuancen und Ansätze durchgesprochen werden), aber die Kritiker hatten sich wohl ein ähnlich fulminantes Werk wie Memento erhofft, und das Publikum hatte wohl auf einen reißerischen Thriller gehofft. Wie dem auch sein, guter Film, trotzdem kleiner Karriereknick (wenn man überhaupt von sowas sprechen kann), aber WB wußte um die Qualitäten von Nolan und ergriff die Gunst der Stunde und gab ihm die zu dem Zeitpunkt etwas undankbar wirkende Aufgabe, Batman wieder salonfähig zu machen. Wie sich später heraus stellen sollte: Ein Gewinn für alle!
Batman Begins
Tatsächlich ist dies der erste Batman-Film, der Batman eine Origin-Story gibt. Es wird minutiös erzählt, wie der kleine Bruce seine Eltern verliert, wie er wütend auf die korrupte Welt beschliesst, als Heranwachsender etwas dagegen zu tun, wie er ursprünglich einem Orden beitritt, dort alles lernt, nur um dann für seine eigene Überzeugung sich gegen diesen Orden zu stellen und Gothams Retter zu werden.
Batman begins ist aus heutiger Sicht nichts besonderes, da so ziemlich jede heutige Origin-Story sich quasi nach diesem Ablauf richtet, aber zum zeitpunkt des Erscheinens war Batman Begins tatsächlich eine Frischzellenkur und Offenbarung. Die Ähnlichkeiten zu Daredevil beispielsweise sind nicht nur zufällig, da beide Figuren und vorliegenden Stories ganz stark von Frank Miller inspiriert sind.
Batman Begins ist inhaltlich sehr konservativ gehalten für Nolansche Verhältnisse und man merkt dem Film in jeder Sekunde an, dass es eine reine Auftragsarbeit ist. Gleichzeitig merkt man dem Film aber auch an, dass ein extrem talentierter junger Filmemacher am Werk ist, der die Chance, die sich ihm bietet, bravourös nutzt. Er erzählt seine Geschichte routiniert zu Ende, etabliert einen Grundton für die komplette Reihe, und hat im Ganzen sogar den Mut, den helden die Frau eben nicht zu bekommen.
Sehr sehr solider Film, der dann auch an den Kinokassen die moderaten Erwartungen übertraf und Nolan die Möglichkeit gab, sich in den folgenden Teilen weiter und vor allen Dingen auch persönlicher auszutoben.
8 Punkte
The Dark Knight
Zwei wichtige Personalien vorweg: Katie Holmes wurde durch Maggie Gyllenhall ersetzt, eine Wahl, die passt wie die Faust aufs Auge. Die Neubesetzung gibt dem Charakter eine feminine Art, die man der mädchenhaften Holmes einfach nie abgekauft hat und weiterhin auch hätte. Ganz unabhängig davon, dass man auch die bessere Schauspielerin jetzt zur Verfügung hatte. Und noch wichtiger: Heath Ledger tritt in die übergroßen Fussstapfen eines Jack Nicholson und reisst die Rolle komplett an sich. Nein, er reisst den kompletten Film an sich. (In diesem Zusammenhang verweise ich auch nur zu gerne auf den Fanmade Trailer zu Dark Knight auf Youtube von diesem CarpenterSound) Der Mann macht aus seiner Darbietung eine Jahrhundertperformance, die zu erreichen für jeglichen Nachfolger in dieser Rolle eine nahezu unüberbrückbare Bürde darstellen sollte.
Batman hat die Gangster in Gotham komplett in die Ecke getrieben, so dass selbst die Gesetzeshüter wieder ihre Arbeit zu verrichten angefangen haben. Ein neuer aufstrebender Staatsanwalt will dem Mob nun sozusagen den Todesstoß versetzen. In ihrer Verzweiflung geben sich die Gangster in die Hand eines völlig neuartigen Bösewichts, dem Joker. Während Batman und Joker sich bekriegen, gerät alles andere zwischen die Fronten und wird zermalmt: Der Polizaiapparat, der Rechtsstaat, der Staatsanwalt, liebgewonnene Personen, einfach alles.
Der Film ist von der ersten Minute an ein fiebriger Alptraum, der für einen Blockbuster dieser Art auch deutlich ambitionierter rüberkommt, und einen bis zum konsequenten Ende auch nicht mehr losläßt. Er nimmt keine Rücksicht auf Konventionen oder Personen, sondern zieht sein bitterböses Ding durch, als gäbe es kein Morgen. Dabei hangelt er sich von einem Höhepunkt zum nächsten, sowohl inhaltlich als auch optisch und läßt den Zuschauer mit deutlich mehr unbequemen Fragen zurück als mit befriedigenden Antworten.
Das hier ist ganz klar Nolans Baby, der nach dem künsterlisch und finanziellen Erfolg von Batman Begins die Gunst der Stunde nutzt, sein Ding zu machen. Dabei verquickt er mehrere Handlungen in sein Meisterwerk, dass der Film zum Bersten voll ist mit Messages, die auch beim zigsten Anschauen wie neu wirken.
Hinzu kommt, dass Nolan als Fan analogen Filmens erstmals für ausgewählte Szenen IMAX-Kameras benutzt. Und was für eine Auswahl an Szenen das ist. Selbst heute haben manche Blockbuster große Probleme mit diesen Einstellungen mitzuhalten.
Schlicht ein Meisterwerk: 10 Punkte
The Dark Knight Rises
Nolan beendet seine Batman Trilogie auf gewichtige und gewollt schwere Art und Weise, so dass wir ein Finale für Bruce Wayne als Batman bekommen, der schwelende Plot aus Teil 1 beendet wird, Batman aber dennoch weiter existieren kann.
Die Hypothek von Teil 2 war schon Tonnenschwer, zudem hatte Nolan urpsrünglich vor, den Joker auch im dritten teil auftreten zu lassen, doch Legers viel zu früher Tod machte ihm einen Strich durch diese Rechnung. Und Nolan machte das Beste aus der Sache, indem er die berühmte Bane Saga benutzt, um Batman zu brechen und wieder aufzurichten.
Zum ersten Mal in einer Nolan Verfilmung hat man so etwas wie "Herz", was auch daran liegt, dass Nolan sich weiter entwickelt hat in den Jahren seit Insomnia: War er anfangs ein sehr talentierter Filmemacher mit einem Hang zum Zynischen, ist er mittlerweile eine Marke, die in regelmäßigen Abständen Eventfilme produziert, die sich nur wegen seinem Namen alleine schon vermarkten. Damit ist er in der heutigen Zeit einfach auch eine Ausnahmeerscheinung. Mittlerweile dreht er Filme, die nicht mehr den Mindfuck suchen, sondern den kleinsten gemeinsamen Nenner für ein Massenpublikum, was im Prinzip zwar einem Ausverkauf seines Talents gleichkommt, aber gleichzeitig nur eine Weiterentwicklung auf hohem Niveau ist.
The Dark Knight Rises nimmt sich vor, ein Gesellschaftsroman zu sein, der die Grenzen eines Pulp-Comics nun komplett transzendiert, doch der Film ist in vieler Hinsicht, auch wenn er gewichtig sein will, deutlich leichter als Dark Knight, er ist holpriger in Szene gesetzt, Entwicklungen finden statt, damit man von A nach B kommt und so weiter. Und er hat die mit großem Abstand lächerlichste Sterbeszene eines Bösewichts aller Zeiten. Dennoch, er hat das Herz an der rechten Stelle und mit Michael Caine eine Figur, die einen mit ihren Sehnsüchten zu Tränen rühren kann.
Eigentlich auch nur 8 Punkte, aber da The Dark Knight Rises doch deutlich besser als Batman Begins ist, und ich jenen nicht schlechter als 8 Punkte sehe. Außerdem wird es letztlich soweiso zur Gesamtbetrachtung der Reihe kommen, daher also nur als ungefähre Richtgröße: 9 Punkte
Zur Reihe allgemein:
Hier gibt es diverse Herangehensweisen:
1. Das Leben und der Tod von Bruce Wayne
Im Grunde genommen handelt es sich bei der Trilogie um die Lebensgeschichte von Bruce Wayne, der im ersten Teil von Schuldgefühlen und Wut geplagt, das Lebenswerk seines übergroßen Vaters auf seine ihm eigene Art vervollständigen will. Hierfür gibt er im ersten teil seine komplette Existenz auf und setzt eine Maske auf, im Zweiten Teil kämpft er verzweifelt darum, sein Leben zurück zu bekommen, nur um resigniert feststellen zu müssen, dass die Geister, die er rief, einfach zu mächtig für seine Schultern sind. Im dritten Teil geht es irgendwie darum, dass er lernen muss, los zu lassen, um überhaupt ein Leben haben zu können. Bis er das merkt, etabliert sich ein unstillbarer Todeswunsch in ihm, so dass er wider besseren Wissens und entgegen den bestgemeinten Ratschlägen quasi mit einem Messer zu einer Schiesserei geht.
2. Die Geschichte einer Stadt
Gotham ist eine korrupte Stadt, die eigentlich ein Sündenpfuhl biblischen Ausmasses geworden ist. Es geht darum der Stadt und den Menschen wieder den Glauben, die Hoffnung und das blühende Leben wieder zu geben. Es geht aber auch darum, dies nicht von oben herab zu machen, sondern es muss aus der Gesellschaft heraus geschehen. Zivilcourage gegen Korruption. So kommtz es nicht von ungefähr, dass es letztlich im Finale als Höhepunkt zu einer riesiegen Strassenschlacht kommt. Auch dass der nächste Batman seine Polizeimarke wegwirft geht konform mit einer aufgeklärteren Sichtweise, alle Kontrolle nicht in die Hand der Exekutive zu geben. Dies bedeutet aber nicht zwangsläufig, dass der Film dem amerikanischen Prinzip des Law and Order untersteht, denn Bruce Waynes Batman wird ganz klar auch als eine Art Initiator des Unheils, dem an einer Stelle ganz klar und auch völlig richtig psychische Probleme attestiert werden, angesehen und die Nachahmer werden auch richtiggehend verdammt. Es geht um eine - soweit es für solch eine reaktionäre Figur überhaupt möglich ist - ausgewogene freiheitliche Gesellschaftsform, welche fair ist und den Unterschichten mehr Möglichkeiten einräumt.
3. Ein Symbol
Batman wird in diesem Zusammenhang schon vom ersten Film an zu einer Art Symbol erklärt, er hat unabhängig zu sein von der Person unter der Maske und er soll eigentlich erst tätig werden wenn ein Gleichgewicht ausgesetzt wird. Je seltener er in Erscheinung tritt, desto besser und desto mythischer wird die Figur.
Problematisch
Problematisch ist in dieser ganzen Trilogie für mich wirklich nur ein Punkt. (Die ganzen ideologischen Punkte lasse ich mal weg, da das auch sehr stark von der jeweiligen Interpretation der Person abhängig ist und ich die Reihe trotz aller fehlgeleiteter Diskussionen in den Filmen für doch recht progressiv halte)
Das ist die Behandlung der Figur Harvey Dent: Er verkommt im Laufe des zweiten Films fast nur noch zum Plot-Device, und das obwohl er anfangs noch ein gut austarierter Charakter war. Und nicht nur das: Er ist ganz eindeutig ein Opfer, das Hilfe braucht, und doch muss er getötet werden, damit Batmans Reise in die gewünschten Bahnen gelenkt werden kann. Auch die Weiterführung dieses Charakter-Arcs läßt stark zu wünschen übrig, denn plötzlich steht mit dem Dent-Act auch noch das personifizierte Böse im Staatsapparat am Pranger. Und es wird mehr als nur angedeutet, dass deswegen sogar der aufrechteste Polizist erstens korrumpiert und zweitens auch deshalb von seiner Familie verlassen wurde. Das wird der Person Dent einfach nicht gerecht.
Nolan dreht seine Filme gewichtig und oft hat er den einen oderen Denkansatz in seinen Filmen, mit denen ich ganz klar nicht konform gehe, um nicht zu sagen, denen ich moralisch komplett entgegen stehe. Und sehr häufig führt das dazu, dass ich diese Filme dann weitaus schlechter beurteile als die Leute, mit denen ich den Film gemeinsam schaue. Das ist in Inception so, das ist in Interstellar so, das ist in Dunkirk so. Beim Dark Knight verzeihe ich diesen üblicherweise riesigen Lapsus aber sehr gerne, eben weil der Film für seine Laufzeit einfach zum Bersten voll ist und immer einen drauf setzt, trotzdem gelingt es ihm auch noch, die Two Face Story reinzuquetschen und das Ende ist einfach Dynamit. Hier verzeihe ich das nur zu gerne.
Erst am Wochenende wieder mit Gänsehaut gesehen, das will schon was heissen bei der zigten Wiederholung!
Gesamtfazit:
Nolans Batman Trilogie ist derzeit der Goldstandard was Superhelden-Filmreihen angeht, ein in sich geschlossenes Meisterwerk, das spätestens mit dem zweiten Teil in ganz große Gefilden ist, mit einem perfekten Ende!
10 Punkte