Bewertung: 5 / 5
Zum Anlass der Veröffentlichung von Outlaw King möchte ich hier einmal den Film näher beleuchten, der (ohne damit zu übertreiben) mein Leben maßgeblich beeinflusst hat: Braveheart
Ich muss zugeben, dass ich diesen Film wahrscheinlich nie gesehen hätte, wenn meine damalige Begleiterin nicht unbedingt einen Mel Gibson Schmachtfilm hätte sehen wollen. Einen Schnulzenfilm erwartend, genervt und von der schottischen Geschichte keinen blassen Schimmer habend, lies ich mich dazu überreden. Wie gut kann ein Film schon sein, wenn das Wort “Heart“ im Titel vorkommt, dachte ich mir? Doch schon nach den ersten Minuten, als man die betrogenen schottischen Unterhändler hängen sah, wusste ich wie falsch ich lag…
Handlung:
Nachdem William Wallaces Vater und sein Bruder von König Eduart I in einen Hinterhalt gelockt und getötet wurden, muss der junge William bei seinem Onkel leben. Dieser nimmt ihn mit und lässt ihm eine gute Ausbildung angedeihen. Als William, nun erwachsen, in sein Heimatdorf zurückkehrt, werden seine Landsleute immer noch von den Engländern, die Schottland besetzt halten, unterdrückt. William beschließt sich der aufkommenden Rebellionsstimmung fernzuhalten und will sich ein Leben aufbauen. Als er sich jedoch in die junge Murron verliebt und aufgrund des Rechts “lus primae noctis“, das Recht der ersten Nacht, welches dem herrschenden englischen Lord das Recht einräumt, die erste Nacht mit einer Braut am Hochzeitstag zu verbringen, gezwungen ist sie heimlich zu heiraten, wird er unweigerlich in die Auseinandersetzung hineingezogen. Denn nachdem ein Engländer versucht Murron zu vergewaltigen, widersetzen sich die beiden. Murron wird öffentlich hingerichtet, woraufhin William in seiner Verzweiflung und Wut die Engländer angreift. Sofort schließen sich ihm andere an und die Rebellion beginnt. Fortan beginnt William, zusammen mit einer immer größer werdenden Anhängerschaft, sich sein Land zurückzuerobern.
Kritik:
Mel Gibson selbst war es, der die Produktion des Films in Angriff nahm, nachdem er von seinem Besuch der Gedenkstätte, Wallace Monument, bei Stirling von der Geschichte des schottischen Freiheitskämpfers unglaublich beeindruckt war. Mel Gibson hatte dabei nie den Anspruch einen historisch korrekten Film zu machen. Ihm ging es von Anfang an lediglich darum, den Spirit des heldenhaften schottischen Freiheitskämpfers und seiner Anhänger in Szene zu setzen.
Hier möchte ich Mel Gibson zitieren, der auf den Vorwurf, die Geschichte historisch nicht korrekt erzählt zu haben folgendes antwortete:
„Das mag durchaus stimmen, aber es gab nur wenige Infos über diesen Typen. All das ist solange her, dass viele Infos schlichtweg verloren gingen. Klar ist nur, dass er wirklich gelebt hat. Der Geist von William Wallace lebt trotzdem im Kollektivbewusstsein der Schotten weiter. Und wie leidenschaftlich das Volk hinter ihrem Nationalheld steht, war damals schon bei den Dreharbeiten ersichtlich. Das ganze Land stand Kopf.“
Auf die Frage, ob er es also fair finde, historische Fakten zu ändern, meinte Mel Gibson weiter:
“Klar. Ich habe ja auch nie behauptet, exakt das nachzuerzählen, was damals wirklich passiert ist. Ich wollte vielmehr einen unterhaltsamen Film drehen, dessen Geschichte auf die cineastischen Anforderungen eines derartigen Epos abgestimmt war. Wallace war in Wirklichkeit ein Monster, das nach Rauch stank und seine pure Freude daran fand, Dörfer abzubrennen. Er war im wahrsten Sinne des Wortes ein Berserker - aber seine Ideale interessierten mich. Also polierten wir seine Person etwas blank, um eine klassische Geschichte erzählen zu können, in der es die Guten und die Bösen gab.“
Wenn man also den historischen Wert des Films weglässt und sich bewusst ist, dass Braveheart mehr Hollywoodepos, denn ein historisches Werk ist, was bleibt dann übrig? Ich beantworte diese Frage für mich mit einem ganz klaren Statement:
Ein abartig guter Film.
Schon in den ersten Sekunden weiß Braveheart den Zuschauer zu packen und in seinen Bann zu ziehen. Mit dem Satz: “Die Geschichtsschreiber aus England werden mich einen Lügner nennen, aber Geschichte wird von jenen geschrieben, die ihre Helden gehängt haben“, hatte mich Braveheart bei meinem rebellischen Herzen gepackt. Schon in der nächsten Einstellung wird deutlich, dass hier eine raue Geschichte erzählt wird. Es geht um Unterdrückung, um Kampf und vor allem um Liebe. Liebe zu den Menschen die man beschützen will, Liebe zu dem Land, in dem man geboren ist und das man verehrt. Alles Zutaten, die ein gutes Epos braucht. Doch die beste Zutat für solch einen Film ist ein Held, dem man schon nach den ersten Sekunden freiwillig in den Tod folgen würde (zumindest aus cineastischer Sicht^^). All das hat Braveheart und noch vieles mehr. Denn der Film hat es (zumindest bei mir) geschafft, dass ich mich mit der Geschichte von William Wallace und der Geschichte Schottlands auseinandergesetzt habe. Und zwar so sehr, dass ich sogar beschloss in dieses wunderschöne Land zu reisen und das was Mel Gibson so gepackt hat, selbst zu erleben.
Doch es ist nicht nur die Bedeutung, die Braveheart für mich hat, die ihn zu einem guten Film macht. Denn Braveheart ist eben auch ein handwerklich gut gemachter Film. Das Storytelling ist packend und fesselnd umgesetzt. Von Anfang bis zum Ende fiebert man mit den Helden und ihrem Leidensweg mit. Ohne die Geschichte von William Wallace zuvor gekannt zu haben, war ich ziemlich geschockt vom Ausgang des Films. Hatte ich doch einen Robin Hood Moment erwartet. Doch das Ende des Films, das mit folgenden Worten endet: „Im Jahre des Herrn 1314 erstürmten schottische Patrioten halb verhungert gegen eine Übermacht das Feld von Bannockburn. Sie kämpften wie Kriegerpoeten. Sie kämpften wie Schotten und gewannen ihre Freiheit“, lässt den Zuschauer mit einem Gefühl des Sieges zurück. Das Wissen, das die Schotten letztendlich durch Williams Kampf ihre Freiheit gewannen, ist das Gefühl des Sieges, dass seinem Tod eine Art Legitimation verleiht. Und so geht man, trotz des Todes des Helden, mit einem unglaublich guten Gefühl aus dem Kino. An Dramaturgie ist dieser Film kaum zu überbieten.
Allerdings ist Mel Gibson nicht der einzige, der hier schauspielerisch zu seiner Höchstform aufläuft. Denn alle Schauspieler sind hier spürbar mit Herzblut bei der Sache. Selbst die hunderte von Komparsen, die für den Film benötigt wurden, waren voll bei der Sache (wie ich einem damaligen Bericht entnehmen konnte) und haben bis zur letzten Drehsekunde ihr Bestes gegeben. Das merkt man dem Film auch an, zumindest empfinde ich das so.
Was von Braveheart aber vor allem in Erinnerung bleibt, ist der unglaublich tolle Score. Jede der eingängigen Melodien, die von James Horner für den Film komponiert und von dem grandiosen London Symphony Orchestra gespielt wurde, gehört ist bis heute zum Dauerrepertoire meiner beliebtesten Soundtracks. Kaum dass man einen Bericht im Fernsehen sieht oder schottische Landschaftsbilder zu sehen bekommt, ohne eine der Melodien aus Braveheart im Hintergrund. Bis heute, gab es noch keinen Soundtrack, der mir nachhaltiger und eindringlicher in meinem musikalischen Gedächtnis präsent ist.
Zu guter Letzt ist es selbstverständlich auch die unglaublich schöne Landschaft der schottischen Highlands und Lowlands, die dem Film nicht wenig zu Gute kommen. So kann man, ob der schönen Landschaft, kaum die Augen von der Leinwand (oder auch TV) lösen. Wie ich auch schon in meiner Outlaw King Kritik schrieb, ist es bei solch einer kraftvollen und farbintensiven Landschaft wohl ein leichtes für die Filmemacher gewesen, hier die richtige Stimmung für den Film zu erzeugen.
Mein Fazit:
Dass ich Braveheart alles andere als objektiv bewerte, dürfte klar sein. Zu sehr hat mich dieser Film beeindruckt und beeinflusst. Für mich ist dieser Film bis heute das größte Werk das je über einen Freiheitskämpfer produziert wurde. Auch wenn die Geschichte für Mel Gibsons Epos mehr als nur gebogen wurde, ist die Botschaft dennoch die Selbe. Die Leidenschaft der Schotten für ihren Helden ist bis heute spürbar. Fährt man durch die Gegend um Stirling, so stößt man ununterbrochen auf Straßennahmen und Monumente, die mit der Geschichte ihrer Helden verbunden sind. Von mir gibt es daher, wenig überraschend, die volle Punktzahl für Braveheart und eine Weiterempfehlung für alle, die eine Geschichte über bedingungslose Liebe und Heldentum, gepaart mit schönen Landschaftsbildern und toller Musik sehen wollen.