Bewertung: 3 / 5
Als 2003 der erste Fluch der Karibik in die Kinos kam und gleich mit der ersten Szene klar machte, was für eine coole Sau Capt. Jack Sparrow ist, und dass leidlich Unterhaltung auf uns wartet, war man noch ganz gefesselt von der wilden Mischung aus Piratenabenteuer, Fantasy und Komödie. Zumindest meiner Meinung nach stehen die beiden Nachfolger in dem nicht so viel nach und so habe ich doch sehr gespannt auf die Veröffentlichung des vierten Teils gewartet. Um zwei wichtige Nebenfiguren erleichtert, die ich aber – so war ich mir sicher – nicht sonderlich vermissen würde, versprachen die Trailer wieder gute Unterhaltung, Abenteuer, neue Figuren und den alten Jack. So startet der [b]Film[/b] auch gleich mit dem fetten Hinweis auf die Quelle des Lebens, dem Ziel der Begierden aller Beteiligter und Handlungsschwerpunkt. Die Spanier machen sich schon mal auf den Weg, während Capt. Jack Sparrow (Johnny Depp) als Richter verkleidet im guten alten London das Aufknüpfen des ebenso guten alten Gibbs (Kevin McNally) verhindert. Die gemeinsame Flucht gelingt dann doch nicht so gut wie geplant, Piraten sind halt bestechlich, und Sparrow sieht sich plötzlich im Palast des Königs und selbigem höchstpersönlich gegenüber. Natürlich hat auch die britische Krone Wind von der Sache mit der Quelle des Lebens bekommen und da Sparrow ja schon im dritten Teil davon plauderte, glauben alle, dass er – Jack Sparrow – den genauen Standort kennen muss. Es gibt ein Angebot an Jack, das er auch in Hinblick auf Capt. Barbossas (Geoffrey Rush) Beteiligung – neuerdings im Dienste Ihrer Majestät – höflich ablehnt und erneut die Flucht ergreift. In einer Spelunke hört er erneut Gerüchte, Capt. Jack Sparrow würde eine Crew suchen, obwohl er selbst davon bisher nichts weiß, allerdings ein Schiff durchaus gebrauchen könnte. Wie es der Zufall so will, trifft er zum ersten seinen alten Herrn Vater (Keith Richards), der ihn von dem Ritual mit zwei Kelchen und der Träne einer Meerjungfrau erzählt, um zur Quelle zu gelangen, und zum zweiten den dreisten Doppelgänger seiner selbst. Der Doppelgänger entpuppt sich als eine sie, niemand weniger als seine alte Geliebte Angelica (Penélope Cruz). Der Zweikampf geht an Sparrow, aber ein fieser Zombie betäubt ihn und er landet auf dem Schiff von Blackbeard (Ian McShane), dem berüchtigsten Piraten aller Zeiten. Angelica entpuppt sich als erster Offizier und vermeintliche Tochter Blackbeards. Währenddessen greift Barbossa Gibbs auf und droht ihm massiv, wenn er ihn nicht ein paar Informationen zur Quelle des Lebens mitteilen würde. Gibbs, der zufällig die Karte von Jack gemopst und auswendig gelernt hat, verbrennt besagte Karte vor den Augen Barbossas und versichert ihm, dass all die schönen Informationen in seinem Kopf verstaut sind. Barbossa rekrutiert ihn (unfreiwillig freiwillig) und macht sich ebenfalls auf den Weg zur Quelle. Und natürlich gibt es zwischen den drei Parteien die ein oder andere Begegnung in der Folge. Beginnen wir gleich mit einem der größten Schwachpunkte des Films: der [b]Story[/b]. Gepaart mit dem doch mehr als gemächlichen [b]Erzähltempo[/b] offenbart sie sich über nicht unerhebliche Teile des Films als ein Langweiler, dem Witz, Charme und Atmosphäre weitgehend abgehen. Die Hatz zur und um die Quelle des Lebens hätte möglicherweise für einen deutlich mehr als zweistündigen Film genug Stoff liefern können, aber die Ideen sind in ihrer bloßen Anzahl bereits übersichtlich und auch qualitativ hat man nicht alles herausgeholt, um es ein wenig netter zu sagen. Schuld daran sind sicher auch die unausgegorenen [b]Figuren[/b]. Sparrow funktioniert zwar auch wieder, kann sozusagen weitgehend seiner Rolle treu bleiben, aber alle um ihn herum sind im Grunde überflüssig. Blackbeard ist der mit Abstand uninteressanteste Bösewicht der Reihe, ein blasser Charakter, dessen angedachte Bosheit so furchteinflößend ist wie die Fotografie eines Karibikstrandes, die eigentlich sehr coole Figur des Barbossa wird mit Füßen getreten und wirkt auch gut in der Hälfte seiner Zeit deplaziert und Angelica mag zwar einmal als tieferer Charakter angelegt gewesen sein, ein angemessener Gegenpart zu Sparrow, aber sie funktioniert schlicht und ergreifend nicht, da unglaubwürdig und später unwichtig. Die anderen Rollen sind auch weder lustig, noch interessant, noch besonders bemerkenswert. Eine große Ausnahme gibt es: Die Meerjungfrauen und was sie sind halte ich für eine wirklich gelungene Idee und ist auch weg von dem, was man erwarten würde. Der Nebenstrang mit der Meerjungfrau und dem Priester ist nur insofern etwas dämlich, weil der Priester eine dämliche Figur ist und der Film noch mehr Tempo einbüßt. Lustigerweise sind die [b]Dialoge[/b] gar nicht mal so schlecht. Leider konnte man es sich nicht verkneifen, zu viele alberne Zeilen zu schreiben, die oft nicht mal witzig sind. Doch in den Dialogen flammt dann doch noch gelegentlich das alte Gefühl des fantastischen Piratenabenteuers der Reihe auf, wenn bspw. Sparrow seine subtile Ironie auspackt oder bierernst den größten Unfug zum besten gibt oder seine Intrigen spinnt. Was können die [b]Schauspieler[/b] wettmachen? Depps Sparrow-Interpretation zeigt zwar Abnutzungserscheinungen, aber es macht jede Menge Spaß, ihm zuzugucken. Und seine neue (eigentliche) deutsche Stimme ist auch kein Problem, die Umgewöhnung ist in ein paar Minuten durch. Cruz ist schwierig zu beurteilen. In jedem Film, den ich bisher mit ihr gesehen habe, fand ich sie nicht unbedingt überzeugend. Dass sie so hoch im Filmgeschäft gehandelt wird, verwundert mich bisher schon. Auch hier finde ich sie nicht wirklich gut. Ich bleibe bei einem Schulterzucken. Rush fand ich auch nicht so locker, wie in den vorherigen Teilen gesehen. Vielleicht konnte er auch nicht viel mehr draus machen. McShane ist jedoch eher peinlich. Durch sein ganzes Haar (Haupt und Gesicht) glänzt er mit genau zwei Ausdrücken (Augen normal und Augen etwas aufgerissen) und wirkt zu keinem Zeitpunkt präsent. Immerhin hat er im Deutschen eine schöne böse Stimme, aber das war’s dann auch schon. Noch peinlicher wird es bei vielen der weiteren Figuren, die teilweise einfach ganz schlechte Kopien der ursprünglichen kleinen Rollen der ersten Teile sind. Totalausfälle mögen zwar nicht dabei sein, aber niemand schafft auch nur einen witzigen oder interessanten Moment zu vermitteln. Die vorherigen Punkte hängen natürlich auch eng mit der [b]Inszenierung[/b] von Regisseur Rob Marshall ([i]Chicago, Die Geisha, Nine[/i]) zusammen. Als Choreograf kann er sicher ein Säbelduell trefflich einfangen, wobei hier was Neues auch nicht wirklich gewagt wurde. Auch die Fluchtszenen haben durchaus was für sich, allerdings ist das Tempo für einen Abenteuerfilm – und das ist [i]Fluch der Karibik[/i] in erster Linie nun mal – schlicht zu langsam. Ob er einfach die dünne Story aufblähen musste oder von sich aus eine langsamere Gangart gewählt hat, kann ich natürlich nicht sagen. Des weiteren spielen erstaunlich wenig Szenen auf einem Schiff, eine Seeschlacht wird uns gar nicht erst geboten und auch die sonst üblichen Piratenaktivitäten, Klischee hin oder her, gibt es kaum zu sehen. Stattdessen politische Verwicklungen und ein Wettrennen der Supermächte, irgendwie der Sparrow als Pirat dazwischen. Und genau so ist es auch eingefangen. Was schert uns die britische Krone, geschweige denn die spanische? In einem Piratenfilm braucht es ordentliche Piraten, nicht irgendwelche Zuträger, die eigentlich Piraten sein sollen. Auf jeden Fall reduziert Marshall das Piratenbild ordentlich und das tut dem Film nicht gut. Ebenso wenig das Gekrieche durch Dschungel, das auch noch wenig wirklich umwerfende Bilder liefert. Bleiben wir bei Bildern. Die [b]Kameraarbeit[/b] ist solide, daran gibt es nichts auszusetzen. Die wirklich spektakulären Aufnahmen fehlen irgendwie, aber der Grund dürfte woanders liegen. Zwar auch hier ein eher ruhiges Tempo, aber so bleiben die Kampf- und wenigen Actionszenen schön übersichtlich und können genüsslich angesehen werden. Der [b]Schnitt[/b] geht ebenso in Ordnung, keine negativen Ausfälle auf dieser Seite zu verzeichnen. Das [b]3-D[/b] hat sich allerdings als mehr als überflüssig entpuppt, wie so oft null Mehrwert, manchmal sogar negativ, wenn ein Schwert sich in den Zuschauersaal erstreckt, das plötzlich gefühlte fünf Meter lang ist. In 98% der Filmzeit fällt das 3-D so minimal aus, dass der Film wie ein ganz normaler 2-D-Film aussieht. Der Aufpreis ist eine reine Frechheit, also wenn es geht, die 3-D-Version vermeiden, was bei mir leider nicht möglich war. Die [b]Musik[/b] ist gewohntes [i]Fluch der Karibik[/i] Niveau, wenngleich auch hier ein paar Abnutzungserscheinungen auftauchen und wirklich mitreißende Themes ausbleiben. Trotzdem passt sie und schafft es durchaus, die Szenen ansprechend zu untermalen. Nahezu makellos und so wie es aus den Vorgängern vorgemacht wurde, gibt es schöne [b]Sets[/b] und Locations, [b]Kostüme[/b] und [b]Make-up[/b] sind recht cool und den Tick übertrieben, den man gewohnt ist und gerne sieht – realistisch, nein danke, aber das will ja auch ganz sicher niemand hier. Wie immer hat man sich da Mühe gegeben und das Ergebnis zeigt sich entsprechend positiv. [b]Insgesamt[/b] bleibt der vierte Teil der Fluch der Karibik Reihe hinter den anderen zurück. Ich mochte die bisherigen Teile alle recht gern, die Abgedrehtheit, die Hauptfigur Sparrow, das Abenteuer und die ganzen schrägen Vögel, denen man auf der Reise begegnet ist. Ein paar Dinge sind erhalten geblieben, aber bei Leibe hat nicht alles überlebt. Die Storykomponente zieht den Film deutlich runter, Tempo zu niedrig, Figuren blass und langweilig sowie nicht immer schauspielerisch ausgefüllt. Der Sparrow-Faktor rettet ein wenig, der ein oder andere gute Dialog auch noch. Ansonsten zeigt sich [i]Fluch der Karibik – Fremde Gezeiten[/i] langatmig. [b]Fazit[/b]: Dem vierten Abenteuer des Jack Sparrow fehlt der Drive, der Witz und das echte Abenteuerfeeling. Viele Figuren sind mist oder verschenktes Potenzial, der Bösewicht lahm wie selten. Weil Jack so ne coole Sau ist, gibt es wohlwollende [b]6/10 Punkte[/b]. Beim nächsten Teil bitte besser machen.
Pirates of the Caribbean - Fremde Gezeiten Bewertung