Bewertung: 4.5 / 5
Da isser. Der neue Hellboy. Der Film vor dem es mich als Fan der "alten" Filme von Guillermo Del Toro lange gegraust hatte. Ich hatte die Position vertreten, dass ohne Perlman und Del Toro kein dritter Film entstehen sollte. Und ja, ein Del Toro ist das hier sicher nicht gewesen. Aber ein fulminant-bescheuerter Schritt in eine neue Ära, die vermutlich von schlechten Kritiken im Keim erstickt werden wird. Ein neuer Dredd quasi. Aber beginnen wir von vorne. Diese Kritik ist spoilerfrei.
Kritik:
Wir sparen uns heute mal den Inhalt, bzw. werfen ihn in einem kurzen Satz mal mit rein, damit der Fokus garnicht erst auf der simplen Geschichte liegt, die hier eher als Gerüst für 2 Stunden nonstop Action-Spaß dient. Hellboy ist ein Kerl aus der Hölle, der von seinem Adoptivvater dazu trainiert wurde Dämonen und anderes Getier zu jagen und der nun eine Hexe aus dem 5. Jahrhundert daran hindern soll, die Apokalypse herbeizuführen. So simpel, so gut. Und mehr braucht es hier, wenn ich ehrlich bin, auch absolut nicht.
Trailer zu Hellboy - Call of Darkness
Dieser neue Hellboy ist zwar voll von spannenden Hintergründen und tollen Ideen, geheimen Kulten und einer verworrenen Weltgeschichte, die der Öffentlichkeit unbekannt ist, aber alles wird hier der sehr comichaft überzeichneten Struktur untergeordnet. Ich kenne die Vorlage nicht, bin aber wohl in Comics allgemein bewandert genug, um einen Action-One-Shot mit einer etablierten Figur zu erkennen, wenn ich einen sehe. Der Gedanke bei dieser Art in sich abgeschlossener Geschichte ist der, dass der Autor zwar auf bekannte Hintergründe zum Titelhelden zurückgreifen kann, aber ansonsten einfach eine coole, einige Hefte umfassende, actionreiche Geschichte erzählen darf, die keine tieferen Implikationen zum Kanon besitzen muss. Der Anspruch ist dabei nicht zwingend das Ziel, vielmehr soll die Story der reinen Unterhaltung dienen und nicht viel darüber hinaus erreichen.
Hellboy (2019) fühlt sich genau wie so eine Geschichte an. Sicher, die Figuren, welche im Film eingeführt werden - namentlich neben Titelheld Hellboy (David Harbour) eben insbesondere Geistermedium Alice (Sasha Lane) und Wer-Katze/Dämonenjäger Daimio (Daniel Dae Kim) - machen Laune und passen als Sidekicks perfekt zu Hellboy, sind aber kein Ausbund an Tiefe. Trotzdem bekommen sie, wie quasi alles Relevante im Film, eine kurze Hintergrundgeschichte. Und hier findet sich einer der ganz, ganz großen Pluspunkte des Films: Show, dont tell. Diese Phrase bezieht sich auf die vielen Filme, die große Reden schwingen, anstatt einfach eine kurze Szene zu liefern, die uns zeigt, was passiert ist, bzw. inwiefern die Figur relevant für uns ist. Es ist so angenehm und erfrischend immer alles bebildert zu bekommen und so ein echtes Gefühl für die Welt von Hellboy entwickeln zu dürfen. Eine Tugend, die heutzutage viel zu oft vernachlässigt wird und mir hier extrem gut gefiel.
Strukturell kommt einem dieses Konzept dabei durchaus zugute. Auch wenn die Story sich eher locker im Hintergrund voranentwickelt und dabei die Antagonistin Nimue aka die Blutkönigin - leider extrem blass verkörpert von Milla Jovovich, die gemeinhin ohnehin nicht als größte schauspielerische Leuchte gilt und das hier auch so bestätigt - und unseren rothäutigen Protagonisten unweigerlich aufeinander zulaufen lässt, sie wird durch die vielen höchst unterhaltsamen Actionsequenzen trotzdem nie langweilig. Was eben vor allem daran liegt, dass wir quasi spotlightmäßig sehr viele Wesen und Ideen aus der Welt von Hellboy präsentiert bekommen, sodass schnell klar wird, wie tief die "Lore" dieses Universums geht.
Was die Effekte dabei angeht, ist dem Film sicherlich immer mal wieder das mit etwa 50 Millionen $ recht kleine Budget mitunter anzusehen, aber das kommt, gepaart mit den übertriebenen Splatter-Einlagen - hier fliegen durchaus Körperteile und das alles in grafisch beeindruckender Detailtreue - dem doch recht trashigen Charme des Films absolut zugute; was in sich erstmal nach implizitier Kritik klingen mag, von meiner Seite aber absolut positiv gemeint ist. Der Film gibt einem zu jeder Zeit das Gefühl, auch durch die dauernden locker-markigen Sprüche und etliche Popkulturreferenzen, dass Regisseur Neil Marshall ganz genau wusste, was er mit dem beschränkten Budget liefern kann und was nicht. Und man entschied sich offensichtlich dafür dem Zuschauer den größtmöglichen Spaß pro Minute zu bieten.
Die Gagdichte ist hoch, visuell, von den Sprüchen her und manchmal auch einfach durch die Auswahl der Musik in bestimmten Szenen - Benjamin Wallfischs Score bleibt eher funktional-brachial, aber die unterschiedlichen Rock- und Popsongs, die die Szenen untermalen, gehen einfach absolut steil - sodass man sich durchgehend in der Comichaftigkeit des Films verlieren kann, sofern man nicht nach tieferen Ebenen sucht. Der Film liefert genau was er zeigt und ist sich damit offensichtlich völlig genug. Nun mag mancher sagen, dass es doch mehr braucht und dass Del Toro doch mit seinen lovecraftschen Ansätzen so viel mehr geleistet hat. Ja, kann dieser unbenannte "mancher" auch durchaus völlig legitim so sehen. Er könnte allerdings auch 2 Stunden Spaß mit einem der coolsten Helden der Comic-Film-Geschichte genießen.
Denn damit sind wir zu guter Letzt bei unserem neuen Hellboy, den David Harbour tatsächlich so gut verkörpert, dass ich mich dabei ertappt habe Perlman nicht zu vermissen. Er macht es nicht besser als Perlman, aber auch absolut nicht schlechter. Die Zigarre mag fehlen, die lockeren Sprüche sitzen aber auch auf Harbours Lippen so perfekt wie auf denen seines Vorgängers. Und so prügelt, schießt und splattert sich unser neuer Hellboy durch dieses kunterbunte Spektakel und trägt seinen Film zu meiner Begeisterung absolut mühelos.
Fazit:
War´s das? Ja, soweit war es das von meiner Seite zum neuen Hellboy. Wirkliche Kritikpunkte hatte ich eben vor allem einen: Jovovich und ihre vergleichsweise blasse Performance, die mich hatte wünschen lassen eher ne Charlize Theron in der Rolle der bösen Hexe zu haben. Aber sieht man davon ab ist Hellboy mit einem hervorragenden Hauptdarsteller gesegnet, einem gelungenen Support-Cast - Ian McShane als Adoptivvater ist ein kernig-arschiger Segen und macht irre viel Laune - viel Gesplatter, einer detaillierten und toll gestalteten Welt, wenig Ernsthaftigkeit und einfach 2 Stunden perfekter Unterhaltung. Wem das ausreicht, der kann mit Hellboy unglaublich viel Spaß haben. Hatte man allerdings einen ernsthaften und tiefgehenden Nachfolger zu Del Toros Filmen erwartet, dürfte man vermutlich enttäuscht werden. Wer allerdings kein Problem mit dem trashigen Charme des Films hat, der dürfte nach all den negativen Kritiken zum Film eine ausgesprochen positive Überraschung erleben.
Von meiner Seite gibt es
4,5/5 Hüte bzw. 9/10 Punkte
und die definitive Kinoempfehlung. Ich würde von diesem Hellboy ausgesprochen gerne eine Fortsetzung sehen und auch wenn ich befürchte, dass er den Weg eines Dredd gehen und an den Kassen ins Leere laufen wird, er hätte es in meinen Augen mehr als verdient! Ergänzend sei allerdings nochmal in aller Deutlichkeit erwähnt: Wer hier besondere Tiefe oder clevere Meta-Genrekommentare erwartet, der sollte sich überlegen, ob sich der Kinobesuch für ihn lohnt, denn als irgendetwas anderes als reine, kompromisslos-charmante Action-Unterhaltung taugt Hellboy nicht und würde bei dieser Erwartungshaltung sicherlich keine so hohe Wertung bekommen.
P.S. Sitzen bleiben, es gibt eine Mid- und eine After-Credit-Szene.