Bewertung: 2.5 / 5
Alex (Ben Stiller), Marty (Chris Rock), Melman (David Schwimmer) und Gloria (Jada Pinkett Smith) wollen zurück nach New York. Zusammen mit den Affen entwickeln die Freunde einen Plan, der leider nach hinten losgeht. Daraufhin geraten sie in das Visier der Großwildjägerin Chantal DuBois (Francis McDormand), die die Tiere durch Europa verfolgt. Um nicht weiter aufzufallen, schleichen sie sich in einen Wanderzirkus, der auf dem richtigen Weg ist. Dort treffen sie auf den Tiger Vitaly (Bryan Cranston), der nicht gerade überzeugt ist und die Tiere nicht mitnehmen möchte. Doch die anderen Zirkustiere Gia (Jessica Chastain) und Stefano (Martin Short) können Vitaly überzeugen.
Es dauerte seine Zeit, doch nun ist es wirklich vorbei. Die Vaterfrage ist geklärt, der narzisstische Antrieb nach hinten gestellt und nun soll alles um Alex und seine Freunde wieder Richtung Heimat treiben. Zurück in das geregelte Leben, die Abkehr der Midlifecrisis hin zum Ende, daß abzusehen war. So begann einmal Madagascar (2005), als Versuch das Leben neu zu finden und sich selbst darin natürlich auch. Und so ist es eigentlich ein ziemlich spannender Zirkelschluß, was daraus folgend in dieser Fortsetzung und dem scheinbar finalen Teil einer Trilogie passiert. Man muss dazu sagen, daß abseits der großen Andeutungen zwischenmenschlicher, beziehungsweise zwischen tierischer Natur, nichts passiert. Es ist eben eine Fabel. Beginnend tut das damit, daß die Figuren nun wirklich in ihren Zoo, also in das geregelte Leben zurückkehren wollen. Sie steigen in ein Flugzeug und was daraus resultiert, ist eben doch nicht ganz New York. Nun landen Alex und seine Freunde in einem Wanderzirkus, der zu ihrem Glück irgendwann in der Metropole enden soll. Daraus entspinnt sich im weiteren Verlauf auch ein Konflikt, der mitunter zum schlechtesten Teil des Films gehört. Denn die Tiere, die die Vier New Yorker dort vorfinden, halten sie zunächst für Zirkustiere, die sie aber nicht sind. Irgendwie verschaffen sie den abgeschlagenen Zootieren dann Hoffnung und weiterhin finden sie sich langsam in das dortige Leben ein. Aber huch, oh nein, sie sind gar keine Zirkustiere.
Ja, daß ist durchaus konstruiert, wenngleich die Flucht aus der Flucht. Also vom Zoo, zur Freiheit hin zum Zirkus interessante Ideen mit sich bringt. Und interessant ist hier zunächst so wertneutral wie möglich gemeint. Die Figuren schlagen eine Brücke, weil einerseits die Tiere im Zoo eine Mitfahrgelegenheit brauchen um damit das Überleben zu sichern und auf der anderen Seite sind die Zootiere führerlos. Das bedeutet, sie haben keine Ahnung, wie sie auftreten sollen. Schon lange ist das so, da trifft es sich ja gut, daß Alex und seine Freunde auch deren die Führung übernehmen. Damit kontwekariert Madagascar 3: Flucht durch Europa aber auch so ein wenig die Ausgangslage der Trilogie. War es im Ursprung nach die Midlifecrisis und die Flucht aus dem System, so benutzen sie nun die Not einiger Arbeiter, um genau dorthin zurückkehren zu können. Im Prinzip ist das Werk also ein Märchen vom guten Boss. Der, wie es sich bei Alex natürlich auch zeigt, jeden einzelnen mit Vornamen kennt, durch die Reihen geht und Präsenz zeigt. Das ist ja ohnehin eine Strategie vieler junger Unternehmen, die damit den Anschein erwecken wollen, als gäbe es hier kein Machtgefälle. Doch, wie auch der Löwe der König der Tiere ist, so ist auch der Boss immer noch der Boss. Das ist fast perfide auf eine gewisse Weise und macht es schwer, den Film in dieser Hinsicht zu tragen. Alex animiert und emotionalisiert die Masse, indem er von Leidenschaft spricht, aber eigentlich nur seinen eigenen Vorteil meint. Er ist der feinfühlige Kapitalist.
Andere Figuren, wie etwa Gloria und Melman sind wohl eher Beiwerk. Letzterer, der irgendwann auch noch einmal starker Hypochonder war, was er vermutlich im Vorgänger überkam, wird nur noch durch seine Liebe zu seiner Freundin definiert. Selbiges gilt für sie übertragen auf ihn. Doch stagnierende und vermeintliche Liebschaften sind ebenso zentraler Bestandteil von Madagascar 3: Flucht durch Europa. Denn dadurch, daß nicht nur diese beiden, sondern auch Alex wohl anscheinend nun die passende Partnerin gefunden hat, ist alles und jeder glücklich. Auch das wirkt im Gesamtkontext des Films doch eher erzwungen und ideenlos. Und dadurch entsteht der Gesamteindruck, daß man eigentlich nichts zu erzählen hat. So ist auch der Kernkonflikt, der um ein Zoo-Geständnis herumgeschrieben ist, eher gewollt. Die Frage, die sich also beim Zuschauer aufdrängt, ist, warum man daraus einen riesigen Zwist macht. Dieser wird nämlich auch beinahe zehn Minuten später schon wieder ad acta gelegt. Insofern hätte man es auch gleich lassen können. Weiterhin ist da also noch die Liebe. Es geht hier sehr viel um liebende Figuren. Ein weiterer Kandidat ist dahingehend Julian, der sich zumindest einen männlich wirkenden Bär verliebt. Natürlich ist da auch das Bild von Männlichkeit im vermeintlich weiblichen Aufzug zu finden. Ein wenig Queer und dann wieder eigenartig wirkt das aber in jedem Fall. Und dann weiß man auch nicht so recht, was man damit anfangen soll.
Trailer zu Madagascar 3 - Flucht durch Europa
Die Flucht aus der Flucht hin zum dressierten und spaßigen Kapitalismus. Nichts anderes ist dieser Film. Muss ja nichts Schlimmes bedeuten, zeigt aber ganz klar, daß man sich dann auch eine Trilogie hätte sparen können. Gleichwohl hat der Film aber dennoch eine atemberaubende, wenn auch etwas kitschige Sequenz zu bieten. So gibt es da einen Auftritt in diesem Zirkus, der voller Farben und Lichter ist. Erstmal nichts Besonderes, doch das Spiel mit Fokus und physikalischen Gesetzen, ist mitunter eine der eindrucksvollsten und kreativsten, künstlerisch hochwertigsten Filmsequenzen des Animationsfilms der 2010er Jahre. Da wird mit der Realität gespielt und daher überträgt sich auch das Staunen aus dem kindlichen Auge im Zirkus, in den Film und auf den Zuschauer ganz gut.
Zum Ende hin verbleibt aber nicht viel. Madagascar 3: Flucht durch Europa ist ein erschreckend belangloser Film, der nichts zu erzählen hat. Guter Kapitalist. Ein wenig Liebe und das wars auch am Ende des Tages. Klar, es geht auch weitaus schlimmer. Aber eben auch besser.


