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Mank

Kritik Details Trailer News
Finchers Citizen Mank ist ein Scheitern auf enorm hohen Niveau

Mank Kritik

Mank Kritik
17 Kommentare - 10.12.2020 von MobyDick
In dieser Userkritik verrät euch MobyDick, wie gut "Mank" ist.
Mank

Bewertung: 4 / 5

Vorab erstmal: Wer ein lesenswertes Review zu diesem Film mit größerem (bzw. anderem) Schwerpunkt technische Umsetzung und inhaltlicher historischer Akuratesse lesen möchte, dem empfehle ich die Parallel-Lektüre von PaulLegers 7-Punkte-Kritik. Im Grunde genommen kann man das auch so stehen lassen, aber ich hatte ja auch ein Review versprochen, insofern trage ich nun mein Teil dazu bei, die Aussenwahrnehmung des Filmes zu ergänzen :-)

Vorab zum zweiten: Ich halte David Fincher tatsächlich für einen sehr guten Filmemacher, der ganz genau weiss, wie er was zu drehen hat, um welchen Effekt auch immer beim Publikum zu erzielen. Das hat er uns ja auch schon sehr grafisch in Fight Club demonstriert. Aber auf der anderen Seite empfinde ich ihn als historischen Erzähler für gelinde gesagt problematisch. das geht damit los, dass er in seinen Geschichten eine gewisse Meinung vertritt, die er dann als einzig wahr abtut. Das war bei Social Network so, das ist bei Mindhunters so und das war für mich ganz problematisch bei Zodiac so. Da wird mal akribische Recherche und die Resultate immer wieder als einzig mögliche Deutung dem Zuschauer quasi mit dem Dampfhammer aufgezwungen. Für mein Empfinden ist das dann erstens von oben herab, gradezu anmassend, und zweitens zu einem gewissen Grad auch gefährlich, wenn eine noch lebende Person vermutlich diffamiert wird. Denn rechtlich gesehen ist eine Person immer so lange als unschuldig anzusehen, bis das gegenteil zweifelsfrei bewiesen ist. Um solche Ambivalenzen schert er sich recht wenig, und das hinterlässt einen sehr bitteren Beigeschmack bei mir. Aber das ist nur meine persönliche Meinung und hat mit der allgemeinen Qualität seiner Arbeit eigentlich nichts zu tun.

Trailer zu Mank

Kommen wir nun endlich zum Film selbst: Fincher erzählt, auf einem Buch seines verstorbenen Vaters beruhend, die Hintergrundgeschichte dessen, wie es zum sagenumwobenen Drehbuch von Citizen Kane kam. Hierbei bleibt er in schwelgerischen Schwarzweissbildern und betreibt eine Hommage an die alten Filmklassiker von einst, sowohl Bild-, Schnitt-, Musiktechnisch, als auch Filmfehlertechnisch. dabei benutzt er sehr oft Einstellungen, die aus besagtem Film und anderen Filmen "entliehen" wirken und erzählt in einer verschachtelten Rückblenden-Struktur wie es zum Fall von "Mank" überhaupt kommen konnte.

Das alles untermauert er mit einem brillanten Schauspielarsenal um einen für diese Rolle eigentlich viel zu alten Gary Oldman, der Mann sollte irgendwas um seine Dreissiger sein, wenn die Rückblenden einsetzen, was der ganzen Dynamik mit Amanda Seyfried eine völlig andere Dynamik geben würde. In diesem fall wirkt es irgendwie fast so als würde Opa Winston mit seiner Enkelin einen Spaziergang im Park tätigen. Natürlich stört das den Filmfluss in keinster Weise, Oldman ist ein viel zu guter Darsteller, und er trägt den Film problemlos komplett auf seinen Schultern, aber alleine diese kleine Episode verdeutlicht, dass der Darsteller dem Film einen eigenen unverkennbaren Stil aufzwingt, der der Erzählung ein bißchen zuwiderläuft und den Film aber dadurch auch ein bißchen einzigartig macht.

Die Geschichte ist ein bißchen wie eine Film-Noir-Eske Detektivgeschichte aufgebaut, wobei der Protagonist selbst nicht so genau oder direkt weiss, warum er so agiert, es dem Zuschauer aber geradezu auf Hitchcocksche Art und Weise aufs Auge gedrückt wird, und hier macht Fincher einen weiteren Fehler: Obwohl er irgendwie herrlich altmodisch erzählt, kann er nicht umhin, die aktuelle Lage zu kommentieren, daraus eine Triebfeder für den Protagonisten zu machen, und dabei tatsächlich die moderne geschichtenerzählung mit den alten Mitteln zu bedienen. Das ist ab einem gewissen Punkt sehr spannend anzusehen, aber es ist in diesem Ausmass tatsächlich auch ein kleiner Verrat an seinem Vorhaben, den Film zumindest optisch und stilistisch altmodisch zu drehen. (Ich möchte an dieser Stelle nochmal deutlich machen, dass ich nur den Schnitt und die Inszenierung selbst meine, nicht die technsichen Mittel, ob analog oder digital gefilmt usw., das finde ich in diesem Zusammenhang eher nebensächlich).

Nun gut, über Oldman müssen wir kein weiteres Wort mehr sprechen, wie sieht es denn nun mit den anderen Darstellern aus? Allesamt sehr überzeugend, es verbietet sich geradezu, jemand besonders heraus zu picken, in seiner speziellen Rolle überzeugt wirklich jede(r) Einzelne.

Ein Charles Dance wird perfekt inszeniert, so dass sein Spiel über den Klee gelobt wird, eine Amanda seyfried hat eine extrem dankbare Rolle der Femme fatale, so dass auch sie über Gebühr gelobt wird. Aber Tatsache ist, dass es die Nuancen sind und die anderen darsteller, die allesamt hier zu perfekten Zulieferern werden. Auch dass eine Lilly Collins wie zu einer Mischung aus einer jungen Liz Taylor und einer jungen Audrey Hepburn inszeniert wird, dabei aber eine durchaus undankbarere Rolle da zu uninteressant weil kaum Grautöne, passt da völlig ins Bild.

Aber alles in allem ist der Film trotz allem deutlich überdurchschnittlich, durch diesen krimimässig inszenierten Plot tatsächlich auch wirklich spannend, er hat was für jeden der sich Cineast schimpft, da er natürlich immer wieder den einen oder anderen Cameo bereit hält, oder Einsprengsel darbietet, die eindeutig andere grosse Filme zitieren und er sieht einfach nur todschick aus. Zudem erzählt er natürlich auch eine Geschichte über einen Mann am Scheideweg, und das Drehbuch behandelt diesen weissen Mann mittleren Alters genauso, wie es bis vor kurzem Gang und Gebe in hollywoodproduktionen war, so dass ganz klar ersichtlich ist, dass der Vater von Fincher tatsächlich vor einiger Zeit ebenselbes gesegnet haben muss.

Außerdem ist der Film auch eine klare Kritik am Studiosystem der alten Tage, und irgendwie versteckt natürlich seine Rechtfertigung, warum er nun die Seiten gewechselt hat zu einem Streaming Dienst. Wie man sieht, versucht sich Fincher mit seiner Hollywoodanalyse der alten Tage tatsächlich auch daran, woran Tarantino sich mit Once Upon a Time in Hollywood versuchte. Und tatsächlich empfinde ich Finchers Vorstoss im direkten Vergleich als den ehrlicheren Versuch, obwohl Tarantino tatsächlich dem Zuschauer mehr Informationen um die Ohren gehauen hat.

Und ironischerweise ist genau das Gegenteil dessen, was im Film passiert, das, was diesen Film trotz allem für mich noch sympathischer macht: Dass Fincher eben trotz des Offensichtlichen nur seinen Vater als Drehbuchautor nennt.

All diese Punkte machen diesen Film irgendwie zu einem besonderen und sehr persönlichen Film in Finchers Vita.

Und nun um an den Anfang meiner Kritik zurück zu kommen: Auch hier erzählt Fincher seine Geschichte, als wäre sie die absolut wahre Geschichte, aber das ärgert oder verstimmt mich in diesem zusammenhang kein bißchen. Zum einen weil die Geschichte sich tatsächlich um etwas völlig anderes dreht: Es geht um das Wiederentdecken seines Gewissens und wieder aufrecht sein. Und dafür ist die Geschichte eben nur Mittel zum zweck.

Und zum anderen wird hier Orson Welles Figur mythisch überhöht und zu einer mephistophelischen Figur stilisiert, der sich Mank dann am Ende eben nunmal stellen muss, um wieder zu sich zu finden. insofern geht es hier tatsächlich darum, eine Geschichte zu erstellen, mit zugegebener massen allerlei Fakten als Hintergrund, denn eine historisch akkurate Faktenstory darzulegen.

Alles in allem scheitert Finch dennoch an seinen exorbitant hohen Ansprüchen, da er zwar einen astreinen Film dreht, aber eben keinen Meilenstein abliefert, wie es Citizen Kane war, und seine Inszenierung eben auch nicht so masslos verspielt und überragend rüberkommt, sondern lediglich eine gute aber altbekannte Geschcihte eines Mannes erzählt, der sein Gewissen wieder findet und trotzdem oder gerade deshalb vor die Hunde geht.

Sehr guter Film, der trotz dieser harsch klingenden Kritik ganz sicher keine Enttäuschung war, im Gegenteil, ein Vergnügen: 8 Punkte

Mank Bewertung
Bewertung des Films
810

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17 Kommentare
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PaulLeger : : Moviejones-Fan
10.12.2020 20:52 Uhr
0
Dabei seit: 26.10.19 | Posts: 2.349 | Reviews: 17 | Hüte: 261

Hut für die Kritik, die wie erwartet andere Schwerpunkte setzt.

Ich weiß nicht ob Fincher den Anspruch hatte einen Meilenstein abzuliefern, denke er wollte einfach seinem Vater ein Denkmal setzen. Daher finde ich den Ausdruck Scheitern schon bisschen zu stark, aber du relativierst das ja auch im Fazit und mit der Bewertung.

Das Casting von Oldman kann man übrigens auch wunderbar als Kommentar auf die damalige Hollywood-Praxis lesen, Männer gesetzten Alters mit deutlich jüngeren Frauen als Liebespaar zu inszenieren.

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MobyDick : : Moviejones-Fan
10.12.2020 10:58 Uhr
2
Dabei seit: 29.10.13 | Posts: 7.688 | Reviews: 254 | Hüte: 620

So, wie versprochen, meine erste aktuelle Kritik zu keinem Trashfestival wink

Dünyayi Kurtaran Adam
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