Bewertung: 4.5 / 5
The Revenant, entstanden unter der Regie von Alejandro G. Inárritu, ist ein Survival-Drama im Westernsetting das zu Beginn des 19. Jahrhunderts in der Wildnis der Rocky Mountains spielt. Der Film machte durch seine gewonnenen Preise, insbesondere bei den Golden Globes, bereits vor hiesigem Kinorelease von sich reden. Dieser Umstand, gemeinsam mit seinen Oscarnominierungen und natürlich der Tatsache, dass ich immenser Leonardo DiCaprio-Fan bin, ließen den Film selbstredend zum Pflichttermin im Kino werden. In gewohnt sympathischer Begleitung von MarieTrin hab ich mich also an diesen Film gewagt und möchte meine Eindrücke natürlich gerne mit euch teilen.
Inhalt:
Über die Story dürfte im Laufe der vergangenen Monate bereits einiges bekannt geworden sein - kurz zusammengefasst geht es um die, überwiegend lose auf wahren Begebenheiten basierenden, Erlebnisse von Trapper Hugh Glass und dessen Sohn Hawk während einer Reise durch die Rocky Mountains. Nach einem Angriff durch einen Grizzlybären handeln weite Strecken des Films von Glass´ Kampf ums Überleben in der Wildnis.
Trailer zu The Revenant - Der Rückkehrer
Kritik:
Zu allererst möchte ich das augenfälligste Element des Films ansprechen: Die Cinematographie - Ich bitte um Verzeihung für die Ausdrucksweise, aber Herrgott sieht dieser Film atemberaubend aus. Die Landschaftsaufnahmen sind phänomenal, der Film wurde völlig ohne Studiobeleuchtung gedreht und verlässt sich einzig auf die natürlich gegebenen Lichtbedingungen und künstlich durch Feuer erzeugte Beleuchtung. Die Kameraarbeit ist spektakulär und immer wieder fragt man sich, wie diese großartigen Kamerafahrten oder Einstellungen gelingen konnten. Etliche sehr lange, praktisch ohne Schnitte auskommende, Szenen lassen den Eindruck aufkommen, der Film sei gänzlich aus einem Guss und so wirken die meisten der Sequenzen im Film auch.
Die langen Kamerafahrten sowie die wenigen und - wenn vorhanden - extrem behutsam gesetzten Schnitte während der Haupthandlung erzeugen in Kombination mit den großartigen Szenerien des Films eine enorme Sogwirkung die in ihrer wunderschönen Faszination im krassen Kontrast zur Rohheit und Brutalität des Films stehen. Viele der "Actionszenen" im Film sind extrem brachial, Beispiele sind mehrere Kampfhandlungen zwischen Menschen, aber eben auch der atemberaubend intensiv gefilmte Kampf zwischen Glass und dem Grizzly, der ja bereits im Vorfeld für einige Schlagzeigen im Bezug auf den Film sorgte. Die körperlichen Anstrengungen und Strapazen der Darsteller in eben diesen Szenen, aber auch im restlichen Film werden durch großartige Make-Up-Effekte, tolle Kostüme und die auch hier erneut hervorstechende, hervorragende Kameraarbeit perfekt eingefangen.
Die Darsteller geben sichtlich alles für den Film, insbesondere Leonardo DiCaprio kauft man zu jedem Zeitpunkt ab, dass er durch die Hölle geht - eine weiße Hölle zwar, von wilder Schönheit die ihresgleichen sucht - aber nichtsdestotrotz eine persönliche Hölle für Darsteller und Figur. Überhaupt sucht DiCaprios Performance im Film innerhalb seiner bisherigen Filmographie ihresgleichen. Er ist ein hervorragender Darsteller, das hat er bereits mehr als einmal unter Beweis gestellt und hat sich durch so viele Genres gearbeitet ohne nennenswerte Ausfälle bei seinen Leistungen zu zeigen, dass spätestens nach dieser körperlichen und seelischen Ausnahmeleistung der Oscar mehr als überfällig wäre. Verdient hätte er es auf jeden Fall und der gewonnene Golden Globe kommt absolut nicht ungerechtfertigt.
Die weiteren Darsteller bieten allesamt gute Performances, herausstechend ist allerdings abgesehen von DiCaprio insbesondere die Leistung von Tom Hardy, der gewohnt knallhart den miesen Drecksack in Form von John Fitzgerald mimt, jedoch nicht ohne dabei eine großartige Figur abzugeben. Des weiteren spielen sich Domhnall Gleeson als Andrew Henry und Will Poulter in der Rolle des Jim Bridger ins Gedächtnis. Das mag mit der Verteilung der Screentime innerhalb des Films zusammenhängen, tut aber deren Leistung keineswegs einen Abbruch.
Ein weiterer Star des Films ist der hypnotisch-verstörende Soundtrack von Ryūichi Sakamoto und Alva Noto, der sich im Laufe des Films zwar niemals störend in den Vordergrund spielt, aber trotzdem die Stimmung des Films bedrückend unterstreicht. Das Main Theme ist wiederkehrendes Element und extrem stark, daneben finden sich viele Ambient-Stücke im Film, die jeweils angeschmiegt an die entsprechenden Szenen unauffällig die Handlung unterstützen und immer wieder Akzente setzen. Mitunter erinnert der Soundtrack an den des ebenfalls sehr dramatischen Videospiels The Last of Us, ohne jedoch seine Eigenständigkeit irgendwo in Kopien zu verlieren.
Kritikpunkte sind nur wenige auszumachen, die Laufzeit ist mit 156 Minuten natürlich überdurchschnittlich lang ausgefallen und zumindest im zweiten Akt wiederholt sich der Film motivisch dadurch, dass mehrfach die Struktur "Hindernis-Lösung-neues Hindernis-Lösung-etc" wiederholt wird. Die konstante Spannung dieser Struktur ist zwar nicht von der Hand zu weisen, aber ein gewisses "ja was denn noch alles"-Gefühl machte sich dann doch stellenweise breit.
Davon abgesehen sind im Film auftretende Traumsequenzen teilweise sehr kryptisch gehalten und obwohl manche recht eindeutig aufgelöst werden und sich auf Glass´ Vergangenheit beziehen, stehen manche doch etwas sperrig und ohne wirkliche Bezüge innerhalb des Films für sich ungelöst im Raum. Neben der stellenweise offensichtlichen religiösen Symbolik, die der Film mitunter bemüht, wirken diese Sequenzen dann doch teilweise etwas deplaziert.
Dem extrem positiven Gesamteindruck des Films tut das jedoch keinen Abbruch und wer sich auf die düstere Survivalgeschichte einlassen kann und auch die weiteren Elemente des Films, allem voran die Landschaften, auf sich wirken lässt bekommt ein großartiges Erlebnis geboten.
Fazit:
The Revenant ist kein Film für den Freitagabend mit Freunden, es ist ein Film für den man sich Zeit nehmen, auf den man sich einlassen, ja den man auf sich wirken lassen muss. Der Film hat atemberaubende Landschaftsaufnahmen, geniale Kameraarbeit, großartigen Schnitt, einen Leonardo DiCaprio in der Form seines Lebens, daneben etliche andere tolle Darsteller und nur ganz wenige Schwächen zu bieten. Nimmt man sich die Zeit jedoch wird man in ein hypnotisches Werk mit einem Strudel aus explizitier Gewalt, einem bedrückenden Score und wunderschönen Landschaften gesogen, der einen so schnell nicht wieder loslässt.
Es ist sicher kein Film zum immer wieder und wieder gucken, dafür ist er zu bedrückend, aber trotzdem ein Film, den man erneut schauen wollen wird, vielleicht nicht morgen, vielleicht nicht in der kommenden Woche, aber in einem solchen visuellen Meisterwerk verliert man sich gerne und dann auch durchaus früher oder später ein weiteres Mal.
Angesichts seiner enorm überwiegenden Stärken und seiner kaum nennenswerten Schwächen vergebe ich 4,5/5 Sterne bzw 9/10 Punkte an The Revenant und wünsche DiCaprio viel Erfolg bei den Oscarverleihungen - diesen hätte er defintiv verdient und sich hart erarbeitet.