Die Gothic-Spiele waren schon Prachtstücke. Doch das geniale Spielprinzip muss nicht nur auf das Fantasygenre angewendet werden, auch Science Fiction verträgt sich damit herrlich, wie ELEX beweist.
Die deutsche Spielebranche ist nicht gerade mit vielen bekannten Produktionsstudios gesegnet. Die wenigen Entwickler, die es gibt, haben es sich zur Aufgabe gemacht, meist recht spezielle Produkte an den Mann oder die Frau zu bringen. Eine dieser Kultschmieden ist Piranha Bytes, die seit inzwischen über 20 Jahren vor allem deutsche Spieler erfreuen. Berühmt wurden sie mit ihrer Gothic-Reihe, die leider nicht mehr in ihren Händen liegt und nach ihrem dreiteiligen Fantasyausflug mit Risen, wollte man nun wieder etwas Neues erschaffen und gänzlich andere Wege beschreiten.
Elex
Magalan und nicht Pandora, so heißt der Planet, auf dem wir uns befinden. Einst brachte ein abgestürzter Meteor Chaos und Vernichtung, aber auch den geheimnisvollen Rohstoff Elex auf den Planeten. Elex kann nicht nur als Energieressource genutzt werden, sondern verleiht Menschen zudem unvorstellbare Kräfte. Diejenigen, die sich das Elex zunutze machten, werden Albs genannt und unterdrücken nun schon seit Jahren die Menschen auf Magalan. Du bist einer dieser Unterdrücker, oder zumindest warst du es, bis man dich hinrichten wollte und mitten in der Wildnis aussetzte. Was wirklich passiert ist, daran erinnerst du dich nicht. Jetzt geht es darum zu überleben, ein wenig Rache zu üben und nebenbei auch irgendwie den Planeten zu retten. Oder doch nicht...?
"ELEX" Trailer
Piranha Bytes bleibt sich mit ELEX treu, dies wird bereits in den ersten Spielstunden sichtbar. Eine große Welt, die es zu erkunden gilt, unzählige Quests und Personen, mit denen wir reden können, Fraktionen, mit denen wir Freund oder Feind spielen, und was man tut oder eben nicht, liegt ganz in den eigenen Händen. Denn Freiheit wird auch in ELEX großgeschrieben. Und bereits das ist so erfrischend im Jahr 2017, wo Spiele meistens aus nicht enden wollenden Tutorials bestehen, die einen bei jedem noch so trivialen Schritt an die Hand nehmen. Nein, hier ist alles anders und nicht nur die futuristische Welt rauer. Tu, was du willst, lautet das Zauberwort und dies sollte man als Spieler durchaus wörtlich nehmen, denn erst dann entfaltet sich wie bei Gothic und Risen die ganze Magie von ELEX.
Magie ist dabei aber vielleicht das falsche Wort, denn das Abenteuer, welches unser kantiger und raubeiniger Held erlebt, spielt dieses Mal eben nicht in einer Fantasyumgebung, auch wenn manche Regionen durchaus an solch eine erinnern, sondern in einer futuristischen, wenn auch heruntergekommenen Zukunft. Entsprechend gibt es zwar auch Schwerter und Bögen, aber durchaus auch schweres Gerät, mit dem man dem Gegner zu Leibe rücken darf. Gerade dieser Mix hebt ELEX von anderen Spielen ab, denn auf Magalan treffen Fantasy und SciFi aufeinander. Die Story, die darauf aufbaut, klingt zu Beginn trivial, besitzt aber genug Wendungen und Rätsel, die es zu lösen gilt und dass dies alles glaubwürdig ist, ist vor allem dem Figuren- und Questdesign zu verdanken. Die Story hält von allem alles zusammen, gibt dem Ganzen einen glaubwürdigen Anstrich, zum Leben erweckt wird die Welt aber durch etwas anderes.
Wenn Piranha Bytes in der Vergangenheit etwas bewiesen hat, dann dass sie wissen, wie man den Spieler mit anständigen Quests fordert und Figuren erschafft, die dem Spieler auch markant in Erinnerung bleiben. In ELEX können sie nun ihre Erfahrungen voll ausleben. Die Welt wird glaubwürdig inszeniert, Figuren gehen ihrem Tagwerk nach und lauern an Orten, die plausibel sind. Man kann mit ihnen interagieren, Freunde finden, aber auch Feinde, und wenn es Aufgaben zu lösen gilt, dann haben diese den Namen Quest wirklich verdient. Nein, in ELEX soll man nicht dreimal Schrott und vier Veilchen suchen, Bring- und Holdienste sind hier selten, sondern es sind sinnvolle Herausforderungen, die fast immer auf unterschiedliche Weise zu lösen sind. Aber jede Lösungsmöglichkeit bietet auch Vor- und Nachteile, die es stets abzuwägen gilt. Die Immersion wird dadurch verstärkt und je nachdem, welcher Fraktion im Spiel man sich anschließt, ändern sich auch die Quests, die man erfüllt, die Figuren, denen man begegnet, und all das beeinflusst die Story.
Aber auch in anderer Hinsicht bleibt sich Piranha Bytes treu. Das Kampfsystem ist nur ok, hier wäre durchaus mehr drin gewesen und auch so manche Textur ist etwas verwaschen, manch geographische Region etwas klobig. Aber es stört nicht. Es sind genau diese Ecken und Kanten, die letztlich den Charme von ELEX ausmachen. Es sind eben nicht die Spiele, die alles perfekt machen und jede Kante abschleifen, die nachhallen, sondern jene, die diese Schwächen zulassen und sich eben auf die Stärken konzentrieren. Und es ist einfach ein tolles Gefühl, eine Welt wirklich frei erkunden zu können, aber auch mit Konsequenzen rechnen zu müssen. Denn sobald man die sicheren Lager der Fraktionen verlässt, ist man in der Wildnis schnell auf sich alleingestellt und so manches Ungetüm trachtet einem nach dem Leben. Da nützt dann alles nichts und Flucht ist die einzige Option, will man nicht eines grausamen Todes sterben.
ELEX ist ein wunderbares Spiel geworden, welches den Spieler für etliche Stunden in eine faszinierende Welt entführt. Hier ist nicht alles perfekt, aber genau das macht dieses Spiel zu einem ungeschliffenen Diamanten, den man so schnell nicht vergisst. Unser Spieletipp der Woche!
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