++ Update vom 30.04.2019: Netflix und Co. atmen auf. Das Board of Governors hat zwar mehrere Regeländerungen für die nächste Award-Season erlassen, aber Filmen von Streamingdiensten wird die Oscar-Zulassung nicht erschwert oder gar verweigert. Es bleibt dabei, dass sich jeder Film für die Academy Awards qualifizieren kann, der mindestens sieben Tage gegen bezahlten Eintritt in einem kommerziellen Kino im Los Angeles County läuft, und zwar mindestens dreimal täglich.
Vorab hatte Steven Spielberg seinen Standpunkt in einer E-Mail an die New York Times noch mal klargemacht: Er wolle, dass Leute ihre Unterhaltung in jedweder Form oder Fasson finden, die ihnen liegt. Große Leinwand, kleine Leinwand - was für ihn wirklich zähle, sei eine großartige Geschichte, und jeder sollte Zugang zu großartigen Geschichten haben. Jedoch denke er, Leute sollten die Möglichkeit haben, das Sichere und Vertraute ihres Lebens zu verlassen und an einen Ort zu gehen, wo sie in der Gesellschaft anderer sitzen und eine gemeinsame Erfahrung teilen können - zusammen weinen, zusammen lachen, sich zusammen fürchten -, sodass sie sich, wenn es vorbei ist, vielleicht ein bisschen weniger wie Fremde fühlen. Er wolle das Überleben der Kinos sehen. Er wolle, dass das Kinoerlebnis in unserer Kultur relevant bleibt, schließt Spielberg.
++ Update vom 11.03.2019: War die ganze Diskussion etwa überflüssig? Wurde Steven Spielbergs Abneigung gegenüber Netflix völlig übertrieben dargestellt? Will er Produktionen der Streamingdienste gar nicht von den Oscars ausschließen? Es sieht so aus.
Beim derzeit laufenden SXSW-Festival erklärte sein langjähriger Freund und Kollege Jeffrey Katzenberg, er habe gerade erst mit Spielberg gesprochen und ihn direkt danach gefragt, woraufhin der gesagt habe, er habe das absolut nicht gesagt. Sondern gar nichts. Wie aber ist es zu diesem Missverständnis - so es denn wirklich eines ist - gekommen? Ein Journalist sei einer Story darüber auf der Spur gewesen und habe ein Gerücht über Spielberg gehört, meint Katzenberg. Man habe einen Sprecher kontaktiert, um einen Kommentar zu erhalten, und diesen einfach verdreht. Erstens habe Spielberg nichts dergleichen gesagt, und zweitens werde er im April nicht mit irgendeiner Art von Plan zur Academy marschieren. Er habe weder eine Meinung vertreten, noch sich einer bestimmten Sache angeschlossen.
++ News vom 05.03.2019: "Bester Film" wurde ROMA zwar nicht, aber die drei Oscars, die Alfonso Cuaróns zehnfach nominiertes, spanischsprachiges Schwarz-Weiß-Kunstwerk mit nach Hause nehmen durfte, sind aller Ehren wert - für "Beste Regie", "Beste Kamera" und "Bester fremdsprachiger Film". Netflix hat ja auch ein beträchtliches Sümmchen in die Awards-Kampagne investiert (von 25 bis 40 Mio. $ ist die Rede). Einer aber will sicherstellen, dass so etwas nie wieder vorkommen kann.
Steven Spielberg will ein zweites ROMA bei den Academy Awards verhindern, da er der Meinung ist, dass Netflix-Filme nicht nach denselben Regeln wie traditionelle Kinofilme spielen und deshalb nur für die Emmy Awards zugelassen werden sollten, nicht für die Oscars. Als Academy Governor, der den Zweig der Regisseure vertritt, ist Spielberg auf entsprechende Regeländerungen aus. Und wenn Netflix sich dann nicht an diese neuen Regeln hält, droht die Oscar-Disqualifikation. Der Unterschied zwischen der Streaming- und der Kino-Situation liege ihm sehr am Herzen, sagt ein Amblin-Sprecher. Spielberg werde sich freuen, wenn sich andere seiner Kampagne anschließen, wenn dieses Thema beim alljährlichen Meeting des Academy Board of Governors auf den Tisch komme.
Allerdings gibt es schon kräftig Gegenwind aus Hollywood. Spielbergs wiederholte Anti-Netflix-Bemühungen stoßen bei einigen Insidern der Filmindustrie auf Unverständnis und Empörung, darunter auch Regisseurin Ava DuVernay, deren Netflix-Dokumentarfilm Der 13. 2017 für den Oscar nominiert war. Man beachte ihren unten angehängten Tweet. Sogar Netflix selbst setzt sich indirekt gegen seinen Feldzug, Streamingdienste von den Oscars auszuschließen, zur Wehr. Ohne ihn namentlich zu nennen, aber eindeutig an ihn gerichtet, schreibt der offizielle Twitter-Account:
"Wir lieben Kino, und hier sind ein paar Dinge, die wir auch lieben: Zugänglichkeit für Leute, die sich Kinobesuche nicht immer leisten können oder in Städten ohne Kinos leben. Alle überall Neuveröffentlichungen gleichzeitig genießen zu lassen. Filmemachern mehr Möglichkeiten zu geben, ihre Kunst zu teilen. Diese Dinge schließen sich nicht gegenseitig aus.". Und mit The Irishman bereitet Netflix ja schon den nächsten Oscar-Großangriff vor. Man kann sich denken, wie Spielberg darüber denkt...
Dear @TheAcademy, This is a Board of Governors meeting. And regular branch members can’t be there. But I hope if this is true, that you’ll have filmmakers in the room or read statements from directors like me who feel differently. Thanks, Ava DuVernay. https://t.co/DFBLVWhiJj
— Ava DuVernay (@ava) 1. März 2019
We love cinema. Here are some things we also love:
— Netflix Film (@NetflixFilm) 4. März 2019
-Access for people who can't always afford, or live in towns without, theaters
-Letting everyone, everywhere enjoy releases at the same time
-Giving filmmakers more ways to share art
These things are not mutually exclusive.