Die ersten Reaktionen zur neuen Amazon-Serie Der Herr der Ringe - Die Ringe der Macht mit ihrer Doppelfolgen-Premiere zeigten ein gespaltenes, aber überwiegend dennoch positives Bild. Und dem können wir uns nur anschließen! Auch wenn wir gespaltene Gefühle nun auch gut verstehen können. Denn anders als in Peter Jacksons Herr der Ringe-Trilogie und J.R.R. Tolkiens berühmter Vorlage dazu startet diesmal nicht alles aus dem Blickwinkel eines angehenden unfreiwilligen kleinen Helden und seiner Reise mit seinen Gefährten, um eine bedeutsame Mission zu erfüllen (Prequel-Hobbits gibt es natürlich dennoch).
"Der Herr der Ringe - Die Ringe der Macht" Season 1 Trailer 5 (dt.)
Diesmal lernen wir Mittelerde in einer Prequelzeit aus verschiedenen Blickwinkeln der verschiedenen Charaktere an verschiedenen Orten kennen - und das nicht nur innerhalb von Mittelerde. Ein beachtlicher Prolog beschreibt aus der Sicht der Elben die finstere Vorgeschichte, die Galadriel und ihre Gefährten, wenn man so will, überhaupt erst nach Mittelerde führte. Eine auch persönlich sehr bedeutsame Hintergrundgeschichte für ihren Charakter, der vor allem von Rachedurst angetrieben wird für das, was ihr und ihrem langlebigen Volk widerfahren ist. Wie schon in den Filmen und Büchern führt dies zu einem Wissensvorsprung zu anderen Völkern wie den Menschen.
Der Konflikt zwischen Elben und Menschen wird genauso Thema, samt aber auch Romeo & Julia-like Lovestory, wie auch ein eher persönlich gestalteter Konflikt zwischen einem wichtigen weiteren Elben-Charakter und seinem zwergischen Freund. Während in der aktuellsten Gegenwart der Serie (ja, es gibt Zeitsprünge) den Elben der Sinn nach Frieden steht, die Zeit des Kampfes gegen das Böse vorbei sein soll, sieht Galadriel den noch lange nicht als beendet an - das Böse ist nicht weg, es wartet.
Dass sie nicht ganz unrecht damit hat, zeigt sich schon bald. Die Finsternis lauert unter der Erde und breitet sich mehr und mehr aus. Und Sauron? Japp, Sauron ist ein Thema und letztlich auch der rote Faden von der ersten bis zur letzten Minute der Doppelfolgenpremiere! Wie genau dies auch angesichts von Zeitsprüngen gestaltet wird, verraten wir natürlich nicht. Jedoch tauchen auch Orks bereits auf, und so manch finstere Mysteryelemente teasen noch Schlimmeres an.
Man wird langsam in die Welt eingeführt, wer nur schnelle Action mit Fantasyelementen will, wird enttäuscht. Uns gefiel gerade dieses sich Zeit nehmen, das einen nach zwei Folgen mit einer ganzen Hand voll spannender sehr verschiedenartiger Charaktere verschiedener Völker zurück lässt. Zu denen man nun schon eine gute Beziehung aufbauen konnte - und die sicher im Lauf der Staffel(n) zusammenfinden müssen, ihr jeweiliges Wissen und ihre Fähigkeiten miteinander verbinden müssen, um gemeinsam als auch Mittler zwischen den Völkern eine Chance gegen das herankriechende Böse zu haben.
Ob Licht oder Schatten siegen, hängt dabei deutlich von Entscheidungen der Charaktere in wichtigen Momenten ab, welche die gesamte Zukunft von Mittelerde mitbestimmen. Der Look ist für eine Serie fantastisch, auch wenn manches noch etwas zu geleckt wirkt, doch das stieß uns hier weitaus weniger auf als in zum Beispiel Das Rad der Zeit. Wer am CGI mäkeln will, wird passende Stellen finden, doch das ist dann wirklich Gejammer auf sehr hohem Niveau.
Die Musik holt einen von der ersten Sekunde an ab, im Verlauf gibt es jedoch auch Momente, wo wir uns dachten, weniger ist manchmal mehr. Doch auch das ist Jammern auf hohem Niveau. Neben der Welteinführung und "Get to know the characters" und ihre Konflikte gibt es durchaus auch Action, so ist es nicht. Doch die ist nicht der Hauptfokus, sondern treibt nur die Story jeweils ein Stück weiter voran und macht die Reise durch die Zeit fühlbarer, lebendiger. Man zieht alle Register, von der Off-Stimme über Karten bis hin zu deutlichen Zeitsprüngen, um einen in die große Welt einzubetten, in welcher die eigentliche Story nun ihre Segel setzen, ihre Schritte vorwärts laufen kann - ja, wir sagen das bewusst genau so, denn hier brechen so einige sowohl gewollt wie auch wider Willen zu ihren Missionen auf diversen Wegen auf.^^
Das Warten ist vorbei. Schaut die #DieRingeDerMacht JETZT bei Prime Video. pic.twitter.com/EZTAvyjBNP
— Prime Video DE (@PrimeVideoDE) September 2, 2022
Der Spagat, das vertraute Feeling zu erzeugen und zugleich eine dennoch komplett andere Zeit und neue Charaktere und Orte einzuführen gelingt ziemlich gut, sowie statt einer Heldenreise gleich mehrere anzugehen, die irgendwann im Verlauf der Staffeln als Puzzleteile für ein größeres Ganzes zusammenfinden dürften. Nicht alle zwingend als Gefährten, aber wie man im Jargon der Fantasykonkurrenz aus gleichem Hause sagen würde, als die bedeutsamen Figuren, um die herum sich das Muster webt. ;-)
Niemand muss die Herr der Ringe-Saga kennen, um mit Der Herr der Ringe - Die Ringe der Macht klar zu kommen, zwar gibt es viele Figuren und Orte zu sortieren, doch dürften Kenner wie auch Nichtkenner nach dieser Einführung ein gutes Fundament haben, das genug Spannendes und Mysteriöses für die nächsten Folgen anteast, um noch tiefer in die Welt, die Story und ihre gut besetzten Figuren mit frischen Gesichtern eintauchen zu wollen. Ja, es kristallisieren sich natürlich ein paar Hauptcharaktere heraus, allen voran Galadriel (Morfydd Clark). Und doch ist es eine groß angelegte Ensemble-Fantasy-Abenteuerserie, wie man es sich sicher auch gewünscht hat.
Ob Fantasy oder Sci-Fi, kaum eine Serie macht sich jedoch davon frei, nicht dennoch von allzu menschlichen Vorstellungen abzukupfern, diesbezüglich ist selbst die Amazon-Serie alles andere als "woke", sondern sicher recht - ähm - vorlagentreu zu Tolkiens Vorstellungen. Stichwort welche Figuren eher adlig wirkend in hoch kultivierten prunkvollen Bauten leben, und welche eher ländlich und naturverbunden - samt Look des Ganzen. Ur-Hobbits, Elben, Zwerge und Menschen jeglicher Couleur und Ohrenvielfalt^^ zeugen jedoch von längst Vielfalt in den Völkern.
Natürlich klingeln bei Kennern die Ohren bei so manchen Namen, Orten, Andeutungen, auch gewisse Figurenähnlichkeiten sind auffällig, so ist es nicht. Doch insgesamt ist Der Herr der Ringe - Die Ringe der Macht für alle gemacht, egal, welchen Kenntnisstand man hat. Fantasyfans leben in dankbaren Zeiten, mit The Sandman, House of the Dragon und Der Herr der Ringe - Die Ringe der Macht ist für jeden etwas dabei - und auch Das Rad der Zeit kehrt bekanntlich wieder... :-)
Zum Abschluss der Doppelfolgen-Premiere gab es einen neuen Trailer mit Ausblick auf die Staffel, der sicher auch bald für alle online geht. Wir sind gespannt auf eure Meinungen! Einen deutlicheren Makel verspürt man jedoch vor allem zu Beginn: So manche Elbensynchro wirkt doch etwas zu geschwollen bei mancher Figur, gottseidank nicht bei Galadriel oder Elrond, bei denen sich diese Art etwas theatraler Sprache ganz natürlich anhört. Hier ist sicher auch ein Vergleich mit der OV-Fassung spannend, vielleicht kommen wir noch dazu. Insgesamt aber ein toller Einstieg, wir freuen uns auf die kommenden Folgen! Spekulationsmaterial gibt es nach den ersten zwei Episoden ebenfalls zur Genüge... :-)