Es ist schon fast ironisch angesichts der Whedon-Snyder-Rivalität bezüglich Justice League, dass wir nicht umhin können, bei der neuen HBO-Serie The Nevers von Joss Whedon an Zack Snyders Sucker Punch denken zu müssen. Denn beiden sind tolle Bilder gemein, die einen recht simplen Plot oder eher gar keine sinnige Story zu bieten haben - wobei Sucker Punch da noch mehr zsammenhängenden Inhalt zu bieten hatte.
"The Nevers" Season 1 Trailer 3
Ein Vorfall im Jahr 1896 im fiktiven London lässt in The Nevers offenbar vor allem Frauen als sogenannte "Berührte" seltsame Fähigkeiten aller Art entwickeln, auch ansonsten bekommen vor allem gesellschaftlich eher wenig Beachtete einen Funken davon ab: Diener, Schwarze, Künstler, Pansexuelle - aber auch mal eine Lady, die man gerade in die Psychiatrie einliefern wollte.
Und so ist die böse Lady der Premiere, die Ripper-like mordend unterwegs ist, einfach eine Irre mit Superpower (oder wird sie "ferngsteuert"? Manches deutet vielleicht darauf hin). Immerhin gibt es aber auch die unsympathischen bösen weißen herrschenden Männer des Empires, welche die plötzlich Ermächtigten als bedenkliche Konkurrenz wahrnehmen, die an ihrem bequemen Stuhl sägt, sowie weitere zwielichtige Gestalten wie ein irrer Wissenschaftler und eine finster maskierte Gang, die Berührte kidnappt.
Im Fokus steht bei all dem vor allem eine Berührte als traumatisierte Heldin und Ex-Aschenputtel, Amalia True (Laura Donnelly, Outlander), die mit dem Blick in die Zukunft gesegnet wurde und einigen kämpferischen Skills, sowie ihre Bestie-Freundin Penance Adair (Ann Skelly, Kissing Candice), die ihren zuvor schon vorhandenen Erfindergeist plötzlich dadurch gepimpt sieht, dass sie Elektrizität "sehen" kann - ähja. Der Steam-Punk-Style ist trotzdem cool anzuschauen, eben ein weiteres Beispiel für sinnfrei, aber visuell sehenswert.
Die gesamte Premiere von The Nevers über wird nicht wirklich klar, wo die Reise eigentlich hingehen soll, außer dass Frauen und andere gesellschaftlich Missachtete offenbar nur mit Superpower emanzipiert sein können, und eine Irre mit Superpower eben eine Super-Irre ist - warum, wieso ihre Verbündeten sie unterstützen - niemand weiß es. Doch sie sorgt dafür, dass der Ruf der Berührten im Keller ist, was bis dato ihr einziger Plotsinn zu sein scheint.
Dennoch - man schaut dem ganzen aufgrund der tollen Bilder gern zu und in der Hoffnung, dass die Story von The Nevers vielleicht im Verlauf noch mehr Sinn ergeben wird. Whedons Handschrift ist deutlich erkennbar, übernommen hat die Serie bekanntlich als Showrunner Philippa Goslett nach Whedons Ausstieg im November - doch wie man so in der US-Presse liest, sind die ersten vier Folgen eine deutliche Whedon-Show und eine Art Mash-Up von allem, was man von ihm bisher so kennt.
Wöchentlich geht es nun weiter mit noch 5 offenen Episoden, hierzulande montags bei Sky Ticket, Sky Go und Co. - dann soll wohl ein Break sein und später die restlichen Folgen kommen, die nicht mehr unter Whedon entstanden sind. Man darf gespannt sein, wie das sich dann noch auf die Serie auswirken wird und überhaupt kann, wenn der Großteil bis dahin doch eher Whedon-typische Unterhaltung darstellt.
Kurz, The Nevers ist zumindest bezogen auf die Pemiere hübsch anzuschauende und etwas schräge Sci-Fi-Fantasy ohne viel Sinn, die aber durchaus gut unterhält, vor allem Donnelly sieht man einfach gerne zu - auch bei Nonsens. Man achte auf ihren Treppenhaus-Sprung, der versinnbildlicht eigentlich alles, was die Serie wohl bis dato sein soll, hat man das Gefühl. Wenn ihr die Szene gesehen habt, wisst ihr, was wir meinen. ;-)