Ted Sarandos, Co-CEO von Netflix, hat Hollywood mit einer provokanten Aussage aufgerüttelt: Kinos seien „veraltet“. In einem Interview erklärte Sarandos, die Vorstellung, Filme primär für das Kinoerlebnis zu machen, sei „für die meisten Menschen - nicht für alle“ längst überholt. „Wenn du das Glück hast, in Manhattan zu leben und zu einem Multiplex laufen kannst, ist das großartig. Die meisten im Land können das nicht“, sagte er.
Sarandos betonte zwar seine Liebe zu Kinos, doch deren Rückgang störe ihn nicht - im Gegenteil: „Mich würde stören, wenn die Leute aufhören, großartige Filme zu machen.“ Für ihn liegt der Fehler darin, am traditionellen Kinomodell festzuhalten, statt sich an die Zuschauerwünsche anzupassen: „Was sagt uns der globale Box-Office-Rückgang? Dass die Leute Filme zu Hause sehen wollen.“
Besonders kritisch äußerte er sich desweiteren noch zum 45-Tage-Kinoexklusivitätsfenster, das er als „völlig aus der Zeit gefallen“ bezeichnete - ein Konzept, das nicht mehr zum heutigen Konsumverhalten passen würde. Netflix hingegen orientiere sich konsequent am Zuschauer: „Wir sind ein sehr konsumentenorientiertes Unternehmen. Wir wollen Programme so liefern, wie der Zuschauer sie sehen will.“
Sarandos’ Aussagen lösen in Hollywood hitzige Debatten aus. Auf die provokante Frage, ob Netflix Hollywood „zerstört“ habe, entgegnete er lächelnd: „Nein, wir retten Hollywood.“
Er erinnerte zudem an eine alte, abfällige Bemerkung aus dem Jahr 2010, als Time-Warner-CEO Jeff Bewkes Netflix mit einer „albanischen Armee“ verglich, die die Welt übernehmen wolle. Sarandos’ trockene Erwiderung: „Ich würde es auf Albanisch sagen, wenn ich könnte.“
Während die Kinos tatsächlich um ihr Publikum ringen, setzt Netflix - sowie auch die anderen Streamingdienste - längst neue Maßstäbe in der Unterhaltungswelt. Die Streaming-Plattformen haben seit Corona neue Höhen erreicht und zeigen, wie schnell der Markt sich verändert hat. Im Gegensatz dazu haben die Kinos auch weiterhin mit den Nachwirkungen der Pandemie zu kämpfen und verlieren weiter an Zuschauern.
Die Kinos haben bereits viele Krisen überwunden - sei es das Aufkommen des Fernsehens oder auch die Videorevolution. Und trotz aller Widrigkeiten, wie beispielsweise der Corona-Pandemie oder dem Hochzeitalter der Streamingdienste, haben sie es bisher immer geschafft, weiter zu bestehen.
Nichtsdestotrotz rückt durch Sarandos’ Aussage wieder einmal mehr die alte, immer wieder viel diskutierte Frage in den Mittelpunkt: Steht das klassische Kino, wie wir es kennen, vor dem Aus - oder gibt es noch eine Zukunft auf der großen Leinwand? Was meint ihr: Ist Streaming inzwischen die neue Norm oder bleibt das Kino am Ende doch unersetzlich?
