Vor wenigen Tagen ist es passiert, Avengers - Endgame schlug Avatar - Aufbruch nach Pandora.
Der erfolgreichste Film stammt damit aus dem Hause Disney, auch wenn dieser Fakt keine wirkliche Neuerung ist - spätestens seit dem Aufkauf von 20th Century Fox vor wenigen Monaten liegt auch Pandora in Disneyland. Es bleibt also in der Familie.
Wir haben dieses Ereignis als Anlass genommen, um einerseits unsere Übersicht der erfolgreichsten Filme aller Zeiten zu updaten, andererseits um einen ganz speziellen Blick auf die Charts zu werfen, weil Walt Disneys Übermacht inzwischen unglaubliche Züge annimmt.
Erinnern wir uns: Vor etwas mehr als zehn Jahren stand es gar nicht so rosig um den Mauskonzern. Doch dann wurde er durch Zukäufe und Investitionen nicht nur umgekrempelt, sondern er entwickelte sich auch durch frische und aggressive Strategieansätze zu einem der bedeutendsten Unternehmen der Welt. Speziell in der Filmlandschaft scheint Disney inzwischen solch eine dominierende Stellung einzunehmen, dass dies fast schon beängstigt.
Wir haben daher ein wenig mit Zahlen jongliert, uns durch Statistiken gewühlt und ein paar Analysen durchgeführt, um dieses Gefühl zu erklären. Denn wir wollten wissen: Ist die Dominanz von Disney nur eine gefühlte Wahrheit oder steckt mehr dahinter?
Wichtige Info vorweg: Alle Daten in unserem Artikel (Quelle: BoxOfficeMojo) gelten bis zum Stichtag 24.07.2019.
Der Status Quo
Werfen wir zuerst einmal einen Blick auf das aktuelle Jahr, 2019. Dank 20th Century Fox-Zukauf sind derzeit 6 Disney-Filme in der Top 10 zu finden. Hierbei handelt es sich wohlgemerkt nur um eine Momentaufnahme, denn eine ganze Reihe an großen Disney-Produktionen steht noch aus. Die Dominanz könnte im Dezember also noch größer ausfallen.
Hier der aktuelle Stand:
Topfilme 2019 | USA | Weltweit | |
1 | (*) Avengers - Endgame | 855,1 Mio. $ | 2.791,2 Mio. $ |
2 | (*) Captain Marvel | 426,8 Mio. $ | 1.128,3 Mio. $ |
3 | (*) Aladdin | 341,9 Mio. $ | 990,7 Mio. $ |
4 | Spider-Man - Far from Home | 327,1 Mio. $ | 979,4 Mio. $ |
5 | (*) A Toy Story | 381,8 Mio. $ | 866,5 Mio. $ |
6 | Die wandernde Erde | 5,9 Mio. $ | 699,8 Mio. $ |
7 | (*) Der König der Löwen | 243,2 Mio. $ | 595,1 Mio. $ |
8 | Drachenzähmen leicht gemacht 3 | 160,8 Mio. $ | 519,8 Mio. $ |
9 | Pokémon - Meisterdetektiv Pikachu | 143,7 Mio. $ | 430,7 Mio. $ |
10 | (*) Alita - Battle Angel | 85,7 Mio. $ | 404,9 Mio. $ |
(*) = Produktionen von Disney
Alles in allem sagt 2019 erst einmal noch wenig aus, denn im Hinblick auf den Start von Disney+ werden in diesem Jahr vor allem überdurchschnittlich viele große Produktionen präsentiert. Ignorieren wir also das Jahr und gehen einen Schritt weiter: Wir werfen einen Blick auf die 100 erfolgreichsten Filme aller Zeiten und schauen uns an, wie es um die Verteilung der großen Filmstudios bestellt ist.
Die einzelnen Verleiher in den Top 100
Zählen wir 20th Century Fox als einzelne Entität, wirkt die Statistik erst einmal nicht so erschreckend, auch wenn hier bereits ein Drittel aller Produktionen zu Disney (Buena Vista) gehört. Als neuer Eigentümer von Fox ändert sich aber das Bild und in diesem Fall ergibt sich folgendes Szenario:
Dann gehören 43% der erfolgreichsten Filme aller Zeiten zu Disney.
Diese Zahl sollte man einmal sacken lassen. Ein wenig mag dieser Wert an Schrecken verlieren, wenn man bedenkt, dass Disney als größtes Filmstudio natürlich entsprechend oft unter den erfolgreichsten Filmen aller Zeiten vertreten sein muss. Auch scheint es trotz dieser Überlegenheit noch einige andere Schwergewichte zu geben. Doch diese Betrachtungsweise greift etwas zu kurz und erst ein Blick auf die genauen Daten lässt Rückschlüsse zu.
Augenscheinlich kann nur Warner Bros. mit einem Filmanteil von 21 % noch mit Disney mithalten, doch diese Interpretation ist tatsächlich trügerisch. Warner Bros. zehrt nämlich mehr von seiner historischen Substanz, denn seit 2015 schafften es nur ganze 4 Produktionen überhaupt noch in die Top 100. Keiner dieser Filme ist jedoch in der Top 10 vertreten.
Der beste, von Warner gehaltene Platz, ist die Nummer 11 mit Harry Potter und die Heiligtümer des Todes - Teil 2. Erst auf Platz 21 folgt Aquaman. Bei beiden Filmen wird es aber in diesem Jahr noch erhebliche Verschiebungen geben: A Toy Story - Alles hört auf kein Kommando beginnt erst seinen großen internationalen Lauf, Der König der Löwen hat nach dem vergangenen Wochenende gute Chancen, ganz weit nach vorn zu kommen, selbst bei einem Spider-Man - Far from Home hat Disney die Finger mit im Spiel und über die kommenden Schwergewichte Star Wars - Der Aufstieg Skywalkers und Die Eiskönigin 2 haben wir noch gar nicht gesprochen. Warner Bros. hat historisch gesehen unglaublich viele Blockbuster zu bieten, aber inzwischen geben andere Studios den Ton an und die großen Franchises von einst ziehen nicht mehr.
Aber trifft dies vielleicht auch auf Disney zu und sind vielleicht einfach nur viele Filme auf den hinteren Plätzen vertreten? Wie groß ist der Anteil der Disney-Filme an der Top 1 bis Top 100? Das Ergebnis sieht wie folgt aus:
Ein kurzes Wort zu Titanic: Dieser Film hat einen kleinen Sonderstatus, da er zu Teilen von Fox und Paramount produziert wurde. Er wurde der Einfachheit halber jedoch Paramount als Verleih in den USA zugerechnet.
Die Grafik spricht für sich selbst. Je weiter wir uns in den Toplisten nach oben bewegen, desto größer wird die Dominanz von Disney und desto stärker bauen andere Studios im gleichen Atemzug ab. Weit weniger prominent vertreten als Warner Bros., aber zur Überraschung deutlich besser aufgestellt, scheint Universal Pictures zu sein. In den letzten vier Jahren konnte der Konzern sogar 5 Filme in der Top 20 positionieren. Dies spiegelt sich in einem kuriosen Chartverlauf wider. Doch auch hier täuschen die Zahlen etwas, denn vor allem drei Franchises sind dafür verantwortlich: Die Minions, die Fast & Furious-Reihe und alles rund um Jurassic World. Das Interesse an diesen Verfilmungen lässt aber auch teils spürbar nach.
Fakt ist somit: während die meisten Studios immer weiter von den vorderen Spitzenpositionen verdrängt werden, scheint Disney nicht nur uneinholbar zu sein, sondern den Vorsprung jetzt erst richtig ausbauen zu wollen.
Doch wie kam es, dass Disney solch eine Dominanz erringen konnte?
Disneys Vormachtstellung
Die Antwort ist denkbar einfach, clevere Zukäufe und intelligente, langfristige Planung. Wo Universal (Dark Universe) und Warner (DCEU) die heute so beliebten Filmuniversen gegen die Wand fahren, nahm man sich bei Disney die nötige Zeit, auch weil man es konnte. Aber besonders die Expansion hat dazu beigetragen: 2006 der Aufkauf von Pixar, 2010 der Aufkauf von Marvel, 2012 Lucasfilm mit seiner Erfolgsmaschine Star Wars und zuletzt 20th Century Fox in 2019.
Wie sehr alles aufeinander aufbaut, zeigt sich dann, wenn wir uns die Entwicklung von Disney in den letzten 10 Jahren anschauen.
Ignorieren wir leichte Schwankungen, ist der Trend nicht zu übersehen: Disney produziert kontinuierlich Filme, die sich im oberen Bereich bei den derzeit möglichen Einnahmen an den Kinokassen positionieren. Noch deutlicher wird die Entwicklung, wenn wir uns nur die Top 10 anschauen.
Waren vor 10 Jahren nur 3 der 10 Filme Disney-Produktionen, ist dieser Anteil inzwischen durch Zukäufe und neue Produktionen auf bis zu 70% angestiegen und es ist gut möglich, dass dieser Wert Ende des Jahres schon wieder zu niedrig ist.
Übrigens am Rande erwähnt, die Auswertung hat noch einen weiteren spannenden Fakt ergeben, der auch deutlich macht, wie schwer es ist, durch sich verändernde globale Entwicklungen und auch die Inflation Filme miteinander zu vergleichen. Auch deswegen ist der äußerst knappe Sieg von Avengers - Endgame vielleicht nicht so sensationell, wie ihn Disney verkauft.
93% aller Filme in der Top 100 wurden in den Jahren 2000-2019 produziert. Nur die 7 folgenden Filme stammen aus den Jahrzehnten zuvor. Jeder dieser Filme hat jedoch mindestens eine Wiederaufführung erlebt, ansonsten wäre ein Teil dieser Filme ebenfalls nicht mehr in der Top 100 zu finden:
Film | Jahr | Einnahmen | |
3 | Titanic | 1997 | 2187,5 Mio. $ |
33 | Jurassic Park | 1993 | 1029,5 Mio. $ |
35 | Star Wars: Episode I - Die dunkle Bedrohung | 1999 | 1027 Mio. $ |
44 | Der König der Löwen | 1994 | 968,5 Mio. $ |
80 | Independence Day | 1996 | 817,4 Mio. $ |
86 | E.T. - Der Außerirdische | 1982 | 792,9 Mio. $ |
93 | Star Wars: Episode IV - Eine neue Hoffnung | 1977 | 775,4 Mio. $ |
Fazit: Es wäre falsch zu behaupten, dass Disney eine Monopolstellung im Filmgeschäft einnimmt, davon sind wir noch weit entfernt. Nicht von der Hand zu weisen ist jedoch, dass Disney nicht nur den Ton angibt, der Konzern schaffte es auch, nahezu alle wichtigen Marken, die derzeit beliebt sind, unter einem Dach zu vereinen.
Dieser übermächtige Erfolg ist es, dem die anderen Studios naturgemäß nacheifern wollen und dabei bleibt nicht selten die Kreativität auf der Strecke. Die Gefahr besteht, dass viele interessante Ideen nicht verfolgt werden, weil es reicht, den Zuschauer nur noch mit großen und bekannten Marken zu bombardieren, die er scheinbar auch nur sehen möchte.
Trugschluss? Man könnte natürlich auch annehmen, dass die Umsätze, die mit diesen großen Erfolgen errungen werden, auch verstärkt in kleinere und riskantere Projekte fließen können, die für Abwechslung sorgen. Nur, wieso? Und wo wäre ein Vorzeichen für diese These? Ein Blick auf die aktuelle Kinolandschaft, geplante Filme und auch die Filme, die sich in der Top 100 befinden, entkräftet diese leider sehr schnell. Der Erfolg vieler dieser Produktionen scheint sich selbst zu befeuern, noch mehr ähnlich gelagerte Produktionen im einheitlichen Stil zu veröffentlichen. Die hohen Produktionskosten und teils exorbitanten Marketingbudgets sprechen dafür.
Was sagt dies über die kommenden Jahre aus? Wir wissen es nicht, aber wir schlussfolgern und wollten euch an unseren Gedanken teilhaben lassen. Wie sind eure Vermutungen, was denkt ihr? Wir freuen uns über euer Feedback!