Hier dreht sich alles um den Film Rocky Balboa (2006). Tausch dich mit anderen Filmfans aus.
Ein guter und versöhnlicher Abschluss der Rocky-Reihe, durchzogen von diversen Referenzen an die ersten Filme, was bereits mit den Schildkröten anfängt. Sehr schön, wie Stallone Rocky hier als gealterten, ruhiger und reifer gewordenen Menschen charakterisiert, der dem Leben abgeklärter begegnet als noch in früheren Jahrzehnten. Dennoch hat er weiterhin das Potential und die Kraft zum Kämpfen in sich, kann es mit der Welt aufnehmen, wenn sie es darauf anlegt, wofür er schließlich vom Publikum euphorisch gefeiert wird, die letzten Bilder im Film nach dem Boxkampf sind stark.
Gleichzeitig wird Rocky als trauernder Witwer gezeichnet, ein liebevolles Drama über den Verlust eines immens wichtigen und motivierenden Menschen, eine Lücke in Rockys Leben, die sich nie gänzlich verschließen lassen wird. Vergeblich versucht Rocky, an das damalige Leben seiner nostalgischen Erinnerungen anzuknüpfen, er besucht alte Wirkungsstätten, gegenwärtig längst umgebaut oder abgerissen, und findet in Marie (siehe „Rocky“) eine dringend benötigte Seelenverwandte aus seinem früheren Leben. Rockys Erinnerungen an Adrian haben in ihrer Verzerrung derweil etwas Schönes und Reines in sich, ihr Name auf dem Grabstein wird vom davorsitzenden Rocky halb verdeckt, man liest „rian“ und „boa“, was sich abgewandelt zu „rainbow“ zusammenfügen lässt.
Den Stärken des Drehbuchs stehen meiner Meinung nach aber auch einige Schwächen gegenüber, die Nebencharaktere erhalten mal wieder zu wenig Tiefe oder müssen sich Rocky unterordnen. Die Beziehung zu seinem erwachsenen Sohn erodiert, Robert fühlt sich von der Welt falsch behandelt, kann sich nicht vom Ruhm und Ruf seines Vaters emanzipieren, soweit als Drama toll, aber was macht Robert dann nach dem Streit und Rockys Motivationsansprache? Er kündigt seinen Job und wird Betreuer in Rockys Trainingsteam, also macht sich noch abhängiger von dessen Boxerdasein.
Paulie steht zunächst auf eigenen und unabhängigen Beinen, wird dann jedoch plump aus seinem Job entlassen, um wie früher wieder Rockys Trainer werden zu können. Marie hätte mehr Laufzeit vertragen können, ihr emotional aufgewühlter Sohn, den Rocky unter seine Fittiche nimmt, bleibt sträflich unterentwickelt. Rockys Boxkontrahent Mason Dixon gerät im Vergleich mit Apollo Creed blass und profillos, was auch auffällt, weil beide Rollen von Muhammad Ali inspiriert wurden, das liegt womöglich aber mehr am schauspielerischen Talent Antonio Tarvers als am Drehbuch.
Fazit: „Rocky Balboa“ ist für mich der beste Rocky-Film nach den ersten beiden.
6,5 von 10 Punkten
Kurzreviews von mir zu den früheren Rocky-Filmen finden sich in den Kommentaren unter dem "Rocky"-Review von MobyDick:
https://www.moviejones.de/kritiken/rocky-kritik-4801.html
"Dit is einfach kleinlich, weeste? Kleinjeld macht kleinlich, Alter. Dieset Rechnen und Feilschen und Anjebote lesen, Flaschenpfand, weeste? Dit schlägt dir einfach auf de Seele."
@luhp92
Schön dass du dir alle sechs Filme angeschaut hast und zu diesem auch einen ausführlichen Kommentar geschrieben hast
Den Stärken des Drehbuchs stehen meiner Meinung nach aber auch einige Schwächen gegenüber, die Nebencharaktere erhalten mal wieder zu wenig Tiefe oder müssen sich Rocky unterordnen.
Wobei der Film fairerweise auch Rocky Balboa heißt und nicht Rocky & Friends. Trotzdem mag ich ein paar Sachen aufgreifen:
Der Film ist mit knapp 100 Minuten relativ straff und fokussiert, was seinem Flow sehr gute kommt. Rockys Sohn (diesmal nicht von Stallones Sohn dargestellt wie in Teil 5 - dieser verstarb leider früh) wurde doch eigentlich recht gut getroffen. Insbesondere das Gespräch was beide haben, worauf hin Robert dann auch beschließt zu kündigen. Um nun noch den neuen Weg von Robert zu sein hätte der Film sicher noch 10-20 min mehr Zeit gebraucht, aber der Fokus war eben auf Rocky Balboa. Zudem waren die Zeiträume doch ziemlich kurz, weil Rocky Kampf kurz davor stand. Das Gespräch zwischen Vater & Sohn sorgte ja nicht nur dafür, dass der Sohn seinen eigenen Weg ohne den Türöffner Papa gehen möchte, sondern auch, dass das Verhältnis zwischen Vater und Sohn wieder gerichtet wurde. Gerade das zweite wurde sehr gut eingefangen. Was die Perspektiven des Sohnes angeht, da hat Creed 2 eine kurze aber sehr schöne Geschichte, die Rocky Geschichte wohl endgültig abrundet.
Mason Dixon, da stimme ich dir zu, blieb ziemlich blass. Aber nach der Geschichte sollte er das auch sein. Er war ein Boxer der einfach alle umgehauen hat und keine große Persönlichkeit aufbauen konnte. Die Fans haben ihn nicht geliebt. Er war zwar gut, aber langweilig und das hat Dixon dann auch aus dem Kampf mitgenommen. Am Ende des Kampfes sagt es sein Trainer zu ihm: "Das sind genau die Kämpfe die du brauchst" (sinngemäß) hier wurde eigentlich schön gezeigt. Einen Vergleich mit Muhammad Ali hab ich nie gesehen, denn Ali war zwar auch der Beste, aber er war vor allem ein Menschenfänger und Showstar.
Marie und ihr Sohn halfen recht gut um die Einfachheit von Rocky noch mehr zu definieren. Wenn sie ihm erzählt, dass der Vater aus Jamaika kommt und Rocky schlussfolgert daraus "ah, Europa". Das ist einfach schön geschrieben.
@TiiN
Also der erste Film hieß auch nur "Rocky" und dort hatte noch jede Nebenfigur einen tieferen Charakter^^
Bis zu dem Streitgespräch wurde Robert Balboa noch gut getroffen, ja. Wie er danach seinen neuen Weg einschlägt, hätte man nichtmal groß zeigen müssen, ausreichend wäre eine Szene gewesen, in der er seinen Arbeitskollegen mal deutlich sagt, was Sache ist, dass er als Robert Balboa betrachtet werden möchte und nicht als Sohn von Rocky. Oder dass er in der Szene mit Rocky am Grab sagt, dass er gekündigt habe und jetzt diesen Job oder jenes Studium anstrebe, was er eigentlich schon immer vorgehabt habe.
Die Beziehung zu Rocky hätte man sinnvoller darüber kitten können, dass sie sich privat zu Hause zum Essen treffen, o.Ä. Und wenn schon Boxen, dass er wie Marie im Publikum sitzt, um seinen Vater anzufeuern. Rocky und Robert haben einen privaten Konflikt und Robert hat dazu noch einen inneren Konflikt mit Rockys beruflichem Status, als Lösung dieser Konflikte kann es in meinen Augen daher nicht funktionieren, dass Robert Teil des beruflichen Trainingsteams wird (der einzige Sohn ist nur der Teil eines mehrköpfigen Teams), er hat dort nichts zu suchen.
Sage Stallone sollte eigentlich wieder als Robert Balboa zurückkehren, war zum Zeitpunkt der Produktion aber mit seinem eigenen Film "Vic" beschäftigt.
Wie Rocky in der Reihe als einfacher Mensch geschrieben wird, ohne dass es von oben herab betrachtet wird, das hat mir auch stets gefallen :-)
Zu Mason Dixon: Gut, das kann natürlich sein, dass er hier keine Persönlichkeit haben sollte, er der profillose und langweilige Profi sein sollte, der alles gewinnt, aber das Publikum nie erreicht. Den Vergleich mit Muhammad Ali und Apollo Creed hatte ich gezogen, weil für die Geschichte von "Rocky Balboa" der computersimulierte Kampf zwischen Rocky Marciano und Muhammad Ali Vorbild stand, darauf wird ja sogar im Film direkt eingegangen. Marciano/Balboa als die Champions der alten Zeit, Ali/Dixon als die aktuellen Champions, und in diesem Szenario hätte ich mir dann schon einen Mason Dixon mit Persönlichkeit und Profil gewünscht.
"Dit is einfach kleinlich, weeste? Kleinjeld macht kleinlich, Alter. Dieset Rechnen und Feilschen und Anjebote lesen, Flaschenpfand, weeste? Dit schlägt dir einfach auf de Seele."
Rocky Balboa (2006)
Moviejones | 27.09.2025