Bewertung: 5 / 5
Vorab erstmal: Diese Kritik/Rezension ist prinzipiell komplett unnötig, da Rocky mein Lieblingsfilm ist und von mir 10 volle Punkte bekommt, daher werde ich wohl nichts Schlechtes oder großartig kritisches dazu schreiben. Der Film ist hinlänglich bekannt. Also eigentlich kein Grund, eine Kritik zu verfassen. Aber da ich zuletzt für meine Ansicht der Gesamtreihe als Zyniker angegriffen wurde, und das mir vor allem bei meinem Lieblingsfilm komplett gegen den Strich geht, habe ich mir vorgenommen, mal die Komplettreihe zu besprechen. Da mir aber nicht alle Filme eine eigene Rezension wert sind, werde ich sehr ausführlich diesen ersten Teil besprechen und die Beurteilung der Folgefilme ebenso ausführlich mit einfließen lassen. Ich gehe davon aus, dass ich nicht konform mit solchen Rocky-Fans wie sully oder Zsnake gehe, aber zumindest der erste dürfte mich deswegen in den Kommentaren nicht persönlich angreifen. Sollte es dazu kommen, werde ich auch nicht darauf eingehen. Schließlich sind wir alle mit den Filmen aufgewachsen und jeder hat persönlich einen anderen Bezug zu den Filmen, daher ist es ja auch eigentlich schön zu sehen, wie divers wie Wahrnehmung ist. Deswegen persönlich angegriffen zu werden, finde ich absolut nicht in Ordnung. Ich entschuldige mich jetzt schoin mal im Voraus für die wahrscheinlich längste Filmkritik die ich geschrieben werden habe ;-)
Rocky:
Wer Rocky als einen Boxerfilm tituliert, der hat meines Erachtens weder die erste Stunde des Films, noch die letzten drei Minuten wirklich gesehen. Rocky ist die Geschichte eines Mannes am Scheideweg, einer der möglicherweise gerade ganz unten ist, aber dennoch weiterlebt, und sich weiter entwickelt. Er ist einer, dem das Leben nicht unbedingt gut zugesetzt hat, er ist einer, der das Herz am rechten Fleck hat, aber er ist auch einer, der sich nicht verbiegen lässt und seinen Weg unbeirrt weiter geht. Er hat sicherlich mehr als nur eine schlechte Entscheidung getroffen, und er hat auch sicherlich nie die Chance bekommen, die er eventuell verdient gehabt hätte. Aber er hat sich auch nicht den Arsch aufgerissen, diese Chance zu bekommen. Eigentlich ist er ein beherzter Kämpfer, aber er ist ein Kämpfer mit Herz. Deshalb ist er auch eigentlich ungeeignet für den Job, den er hat: Geldeintreiber. Er ist soweit unten angekommen, sprich er hat nichts aus seinem Leben gemacht (zumindest im Auge des gemeinen Volkes), dass er als Blödmann belächelt wird. Aber Rocky ist keinesfalls ein Blödmann, er spielt nur die Karten, die ihm das Leben zugespielt hat. Während er also versucht, sein Leben in den Griff zu bekommen, zaghaft um Adrianne wirbt - übrigens eine der sensibelsten Liebesgeschichten, die es auf der Leinwand gab - eröffnet sich ihm ungeahnt die Möglichkeit seines Lebens: Der unumstrittene Boxweltmeister Apollo Creed hat keinen ernsthaften Gegner für den nächsten angesetzten Titelkampf und eher zufällig wird Rockys Name rausgefischt. Allen Beteiligten ist klar, dass das nur eine Zwischenstation ist zum nächsten großen Kampf, da er ja ein Nobody ist. Als Rocky der Titelkampf angeboten wird, blockt er zunächst ab, da er erstens gerade dabei ist, mit dem Boxen aufzuhören (teils unfreiwillig, weil sein Trainer ihn rausgeschmissen hat) und zweitens weil er sich einfach dessen bewußt ist, dass Creed einfach der beste aller Zeiten ist. Und als es dann schließlich an den Boxkampf geht, geht es niemals nur darum, dass er gewinnen will, er will sich nicht unterkriegen lassen, er will nicht zerstört werden, er will erhobenene Hauptes raus kommen, so wie er es im Leben trotz aller Umnstände auch versucht. Dass es aber immer noch eine herausragende Liebesgeschichte ist, wird auch durch die Tatsache untermauert, dass Adrianne sich den Kampf gar nicht anschaut, sie kommt just in dem Moment in die Halle, wo es darum geht, ob Rocky aufrecht da raus kommt, und so wie sie nickt, als Rocky gegen alle Widrigkeiten noch steht, zeugt von tiefstem Verständnis seiner Seele und Liebe. So kommt es auch nicht von Ungefähr, dass die Siegerkürung in diesem einen großen finalen Moment komplett zur Nebensache verkommt. Rocky hat es geschafft, seinen Mann zu stehen. Rocky und Adrianne haben etwas, was wichtiger ist, und sie haben einander.
John G. Avildsen hat in einem Interview mal gesagt, als ihm das Drehbuch angeboten wurde, dass er dankend abgelehnt hätte mit dem Argument, dass er nichts von diesen Boxerfilmen halte. Als er dann überredet wurde, das Drehbuch zu lesen - widerwillig versteht sich - sei er aber schon ab Seite 3 komplett gefangen gewesen: Die Szene mit den Schildkröten hätte ihn gefesselt und das Drehbuch hätte ihn nicht mehr losgelassen. Sly hat nie einen Hehl daraus gemacht, dass er wußte, dass er was Großartiges geschrieben hatte, die Studios wollten das Drehbuch unbedingt verfilmen, nur halt mit einem damals großen Namen in der Titelrolle, aber Sly wollte diese Rolle unbedingt selbst spielen und hat sich einfach nicht von den Stduios weichkochen lassen. Zum Glück! Es gibt keine bessere Besetzung als ihn für diese Rolle. Und er spielt ganz groß auf, weil er weiss, dass das seine eine Chance ist, so wie der kampf Rockys Chance ist. Nur hat er sich diese Chance selbst hart erarbeitet. Alle anderen Darsteller sind auf den Punkt besetzt und spielen ebenso gut. Auch wenn Rocky ein Film über einen Mann namens Rocky ist, so sind alle Charaktere fein ausgearbeitet und jeder von ihnen hat eben das: Charakter. Selbst Apollo ist für die drei Minuten Leinwandpräsenz mit seiner Arroganz, Überheblichkeit, aber auch Sportgeist ein komplett ausgereifter Charakter.
Die Musik von Bill Conti ist zu Recht legendär und eine der besten jemals in Hollywood verfassten Soundtracks aller Zeiten. Mehr dazu zu sagen, wäre Eulen nach Athen zu tragen.
Es gibt nichts, was man dem Film ankreiden kann, selbst der Boxkampf, auf den hier obligatorisch eingegangen werden muss, ist möglicherweise nicht gut choreografiert, aber dafür mit einer sensationellen wegweisenden Dramaturgie gesegnet, die auch das widerspiegelt, was den Film auszeichnet: Hier geht es nicht um - nennen wir es mal Boxing-Porn - sondern darum, dass beide Männer trotz der Härte der Situation einfach nicht aufstecken. Relativ früh im Kampf wird sogar deutlich, dass sich beide Männer in diesem Kampf auf Augenhöhe befinden. Und als dann schließlich die finale Szene endet und der Abspann läuft, ist man absolut auf der Höhe, es gibt nicht noch einen für Hollywood üblichen Epilog, der das alles gemächlich aufarbeitet. Gerade diesen letzten Aspekt muss man sich eigentlich auf der Zunge zergehen lassen. Nicht umsonst gibt es kaum Filme, die eine solche Intensität gegen Ende aufrecht erhalten können. Ausgerechnet der Film Warrior schafft es Jahrzehnte später annähernd diese Intensitäöt nachzuahmen. Sonst Fehlanzeige.
Alles in allem verdiente satte 10 Punkte (bzw. 5 Hüte)
Nun zu den Fortsetzungen:
Rocky 2:
Setzt exakt da an, wo Rocky endet. Rocky und sein Umfeld werden natürlich weiter entwickelt. Apollo und Rocky haben sich gegenseitig komplett zerstört, Rocky hat an Sehkraft verloren und darf eigentlich nie wieder boxen. Rocky versucht, für sich und seine neu gegründete Familie, aus dem Kampf Kapital zu schlagen, doch es gelingt ihm nur bedingt und er fällt in alte Muster zurück. Er findet keinen adäquaten Job und muss demütigend bei seinem alten Trainer und Manager arbeiten. Währenddessen wird Apollo von aufgebrachten Boxfans beschimpft, dass der Kampf gegen Rocky unfair ausgegangen ist und dass Apollo eigentlich gar kein richtiger Champ ist. Das geht mit seinem Ego gar nicht einher und er startet eine öffentliche Kampagne, um Rocky zum Rückkampf zu bewegen. Und diesmal trainiert er so hart wie wahrscheinlich nie. In diesem Teil wird Apollo als der überragende Boxer, der die unaufhaltsame Maschine ist, als die er bereits im ersten Teil erwähnt wurde, dargestellt. Er ist in diesem Film eine Urgewalt, eine Mischung aus Foreman und Ali at their best. Schließlich gelinght es ihm, Rocky zum Rückkampf zu gewinnen, auch weil Rocky diesen Kampf für sein enorm angeknackstes Ego benötigt, schließlich kann er seine Familie - seine Frau ist schwanger - selbst kaum noch versorgen und wird von irgendwelchen Halbstarken verspottet. Aber Adrianne ist natürlich gegen den Kampf, aus familiärer Sicht komplett verständlich, schließlich ist Rocky komplett kaputtgeboxt, sieht nicht mehr richtig gut, und sie möchte nicht neben dem baldigen Kind auch noch im besten Fall einen Pflegefall haben, um den sie sich kümmern muss. Diese Aussicht ist mehr als wahrscheinlich, denn so wie Creed hier drauf ist, könnte er eigentlich 2 Wochen vor dem Kampf ins Koma fallen, drei Minuten vorher aufwachen und Rocky immer noch einarmig besiegen. Diese Nichtunterstützung seitens seiner Ehefrau sorgt aber dafür, dass Rocky einfach nicht beim Training komplett dabei ist. Er wird gnadenlos untergehen. Besorgt um diesen Umstand geht Pauly auf Adrianne los, damit sie ihn endlich unterstützt, sonst wird er komplett untergehen. Adrianne bricht zusammen und kommt ins Krankenhaus, das Kind kommt auf die Welt und Adrianne fällt ins Koma.
Bis hierhin ist der Film eine absolut stimmige Fortsetzung, die Umwelt geht punktgenau mit Rocky um, die Charakterisierung aller Beteiligten ist absolut stimmig und nachvollziehbar, die Schauspieler sind auch alle gut, aber nicht mehr so überragend wie im ersten Teil. Aber alles in allem eine sehr gute Fortsetzung. Bis zu diesem Punkt. Dann erwacht Adrianne aus dem Koma und erlaubt Rocky zu gewinnen. Was dann folgt, ist in meinen Augen die Geburt der Marke Rocky und der langsame Tod des Charakters Rocky: Er wird zu einem all-american Winner, der nicht mehr eigenbrötlerisch trainiert, sondern Kinderscharen um sich scharrt, um mit ihnen zusammen zu trainieren. Auch Adrianne weicht von ihrem bisherigen Charakter ab, wird sie doch langsam zur typischen Boxerfrau degradiert, der es nichts ausmacht zuzuschauen, wie Rocky durch die Gegend boxt. Die Dramaturgie des Kampfes ist zwar zum Nägelkauen, und ich erinnere mich, wie ich als Kind den Kampf besser als im ersten Teil fand, aber tatsächlich passt er überhaupt nicht zu den vorher so behutsam aufgebauten Charakteren: So wütet Rocky teilweise wie ein Rumpelstilzchen, wenn er eine Runde verliert, und die Strategie des Auslagenwechsels findet - zwar dramaturgisch sehr geschickt gewählt - sehr spät statt. Wie dem auch sei, das trübt zwar das Gesamtbild ein bißchen, aber man gönnt es Rocky, dass er gewinnt, und selbst wenn er unter diesen mysteriösen Umständen so glorios gewinnt, könnte alles in Butte sein, wenn der gute Mann nie wieder boxen würde/müßte. Wenn das Ende besser gewesen wäre, wären locker 8-9 Punkte drin gewesen, aber so sind es gerade so 7 Punkte. Eine Erklärrung, warum Rocky gegen den topfitten Apollo auch glaubwürdig hätte bestehen können, wird Jahrzehnte später mit dem Handbruch während des Kampfes in Teil 6 nachgeliefert.
Rocky 3 und 4:
Als ich den Film das erste Mal sah, war ich so dermassen enttäuscht, wie man es nur schwer in Worte fassen kann, und alles in allem war dies schon immer mein ungeliebtetster Teil der Reihe, auch wenn er qualitativ durchaus noch unterboten werden wird. Zugegeben, wir haben mit Clubber Lang einen auf dem Papier endkrassen Gegner, aber wie einfach der Mann am Ende fertig gemacht wird, ist dann doch zu plump. Wir haben hier einen satten Rocky, der trotz seiner Verletzungen aus den Teilen 1-2 erfolgreich Jahre lang weiter geboxt hat, wenn auch ohne sein Wissen gegen Fallobst. Er ist mittlerweile ein Gockel vor dem Herren, Adrianne eine typische Boxerfrau, Paulie ist Paulie, obwohl ein bißchen oszillierend zwischen Maskottchen, Freund, Schmarotzer und Neider. Und Mickey ist Mickey. Dann kommt Apollo wieder ins Spiel und die beiden Freunde, trainieren zusammen und sind auf einer Wellenlänge.
Sieht alles sehr schmuck aus, Musik ist über jeden Zweifel erhaben, Schnitt ist Hammer, Dramaturgie ist okay. Aber das ist nicht der Rocky, den wir aus den ersten beiden teilen kennen, das ist eine Transzendenz des Charakters und der Lebensumstände Slys auf Rocky. Sly hat nach Rocky den Weg des Charakterdarstellers versucht einzuschlagen, er hat ein bißchen versucht, so wie beispielsweise Al Pacino nachzueifern, und ist, wenn auch nicht künstlerisch, so doch beim Publikum damit durchgefallen. Weder sein wirklich grandioser F.I.S.T. (wo er alle anderen komplett an die Wand spielt), noch Vorhof zum Paradies oder Nachtfalken kommen trotz vorhandener Qualität beim Publikum an, sie wollen ihn wieder als Rocky sehen. Und dafür schreibt Sly seine Rocky-Geschichte für sich selbst simmig weiter. Und er inkorporiert diese schöne legendäre Freundschaft zwischen Apollo und Rocky. Sieht alles wunderbar aus, auch dass es am Ende einen dritten Kampf hinter verschlossenene Türen gibt, ist very nice :-) Wirklich wahr. Aber, wie gesagt, Rocky ist nach Teil 2 spätestens durch, er und Apollo leben in komplett unterschiedlichen Welten, intellektuell ist ihm Apollo deutlich überlegen. Und nur weil sie zwei Kämpfe miteinander hatten, die legendär sind, muss Apollo nicht Rockys bester Freund werden, auch wenn seine Beweggründe für sein auf Rocky zugehen nachvollziehbar sind. Im Grunde genommen dreht sich die Dramaturgie auch eigentlich im Kreis: Rocky trainiert für einen Kampf, ist nicht ganz bei der Sache, und der nur noch auf die Rolle des Stichwortgebers reduzierte Charakter Adrianne wäscht ihm den Kopf, und plötzlich kann Rocky fliegen.
In Rocky 4 hat sich Sly mit seiner Actionrolle arrangiert und beendet den kalten Krieg quasi im Alleingang. Die Dramaturgie kennen wir allen: Apollo - aufrechter Amerikaner - stirbt im Showkampf mit Ivan Drago, Rocky will ihn rächen und stimmt einem Kampf in der UDSSR zu. Drago ist vollgedopt und Rocky wird zu einer unbesiegbaren Kampfmaschine trainiert. Natürlich ist Rocky auch hier ein Underdog des sowjetischen Volkes und am Ende jubeln alle ihm zu. An und für sich ist der Film technisch gesehen komplett auf der Höhe der Zeit, er macht mordsmäßig Laune, und ist extrem spannend in Szene gesetzt. Aber wieder einmal - ich wiederhole mich wie eine Platte mit Sprung - von der feinen subtilen Charakterzeichnung alter Tage ist nichts mehr übrig. Wir haben hier einen platten Kalten Krieg Film, der zugegebenermassen gegen Ende mit seiner positiven Message überrascht, aber bis dahin eigentlich gar nichts mehr mit dem kraftvollen persönlichen Skript zu tun hat. Dieser Film ist auch eigentlich der mit Abstand unpersönlichste Rocky, auch wenn Apollo stirbt, da man relativ wenig von Sly hieraus lesen kann, außer dass er sich mit seiner Action-Rolle abgefunden hat.
Rocky 5:
Hier versucht Sly seine Rocky Story vernünftig zu Ende zu führen. Zugegeben es gibt mehr als nur einen Kontinuitätsfehler, aber er darf zumindest nicht mehr boxen, versucht sich als Trainer und Familienmensch, könnte wieder wegen einem neuen Schützling im Rampenlicht stehen und gerät dadurch mit seiner Familie in den Klinch. Hinzu kommt eine nette Vater-Sohn-Story und fertig ist der runde Abschluss der Rocky-Saga. Für mich persönlich ist sehr versöhnlich, dass Rocky dem Kampf im Ring entsagt, Adrianne wieder eine eigene Persönlichkeit hat und Rocky als Charakter wieder glaubwürdig ist. Auch wenn der Film storytechnisch keinerlei Bäume ausreisst, so gibt er den Charakteren ihre Würde wieder. Auch ist komplett verständlich, wieso sich Rocky nach dem Rampenlicht sehnt, genauso aber auch wie er diesen Kampf in sich (Familie vs Karriere) dann schließlich entscheidet. Auch wenn Sly wie zu allen Rocky-Filmen das Drehbuch beisteuert, so ist ganz klar für mich ersichtlich, dass die Regie wieder bei einem Mann liegt, der einfach der bessere Regisseur ist, denn trotz aller Kontinuitätsfehler und fehlendem Alleinstellungsmerkmal als Klassefilm ist es ein rundum gelungener runder Abschlussfilm. Und ich persönlich hätte nichts dagegen gehabt, wenn dies Teil drei gewesen wäre und dann Schluss.
Rocky Balboa:
Meine Fresse, was für eine Wucht von Film. Ich sass mehrmals mit Tränen in den Augen im Kino - trotz der Tatsache, dasss ich sehr kritisch im Vorfeld war. So wie Sly das Drehbuch verfasst und den Film gedreht hat, gibt es auf den ersten Blick nichts auszusetzen und bei erster Sichtung ist das auch fast der zweitbeste Film der Reihe gewesen. Doch dann bei zweitsichtung schlichen sich bei mir Gefühle des Betrogenwerdens ein: Die Gänsehautszenen waren alles dann, wenn Orte aus dem ersten teil besucht wurden. Sly wusste also genau, welche Knöpfe er zu drücken hat. Dann war er so zynisch Adrianne einfach rauszuschreiben - mit Krebs! (Kein Happy End?!?) - weil sie ihm den Endkampf einfach niemals erlaubt hätte -> zu Recht! Dann gab es die Situation, dass Sly einfach nicht mehr in der Lage war/schien Dialoge des mittlerweile für ihn zu kleinen Mannes richtig zu erfassen: Niemals kommt es zu irgendwelchen Gesprächen in Rockys 4 Wänden, immer irgendwo unterwegs, der Vater-Sohn-Konflikt wird auch eher im Vorbeigehen auf der Strasse abgehandelt und es wird für mich so dargestellt, als ob die 30 Sekunden Gespräch auf der Strasse dem Jungen die Augen öffnen. Jeder der Familie hat,sollte wissen, dass gerade wenn man erwachsen ist, die Moralpredigten der Eltern sicherlich nicht mittels 30-Sekunden-Predigten auf dem Weg zum Einkauf oder so auf einen Wirkung entfalten. Solcher Situationen gab es für mein Empfinden einfach zu viele. So kam ich für mich zu dem Schluß, dass hier wieder Sly sich selbst durch den Charakter Rocky kanalisierte. Was auch völlig in Ordnung ist, denn er hat diesen Charakter erfunden, er darf das, und er benutzt den Charakter zwar möglicherweise nicht so, wie ich es mir wünschte, aber er verrät ihn auch nie. Rocky behält irgendwie immer seine Würde (auch wenn er mit 60 Jahren durch den Ring wütet) und bleibt eine Identifikationsfigur. Dass ich den Charakter anders wahrnehme, ist niemandes Schuld, jedermanns Sozialisierung verläuft anders, jeder, der mit dem Charakter aufgewachsen ist, wird ihn anders wahrnehmen. Und das ist auch völlig ok. Ich bin eher der Freund des frühen Rocky, und freue mich, dass Rocky trotz der Teile 3 und 4 dennoch immer ein bißchen bodenständig geblieben ist, und nicht zu jemandem wie Super-John-McClane mutiert ist (obwohl er fast da war). Ich bin daher bei jedem neuen Rocky-Film skeptisch, aber Sly achtet sehr genau auf die Figur.
Und wie schon oben geschrieben, ich bin auch glücklich über die gebrochene Hand, siehe meinen Kommentar zum zweiten Teil.
Kommen wir zu Creed? Jein. Erstens habe ich jetzt genug geschrieben, zweitens sollte jedem klar sein, dass das die erste (und einzige) Verfilmung ohne Slys Drehbuch ist. Dennoch nur kurz: Der Film ist gut (besser als befürchtet), behandelt Rockys Charakter und Erbe mit Ehrfurcht und Respekt und ist eine gelungene Staffelübergabe an die nächste Generation. Dass der Film dabei vor allem gegen Ende der klassischen Rocky-Endkampf-Dramaturgie mit vorhersehbarem Ende entgegenfiebert: geschenkt.
Ich gehe davon aus, dass nicht alle oder überhaupt wenige mit mir bezüglich der Gesamtreihe übereinstimmen mögen, und wie gesagt, das ist völlig in Ordnung. Aber mich dann persönlich deswegen anzugreifen, geht gar nicht! Ich greife die Leute ja auch nicht an, nur weil sie beispielsweise Star Wars toll finden, und ich es eher mittelmäßig.