
Bewertung: 5 / 5
Beim Schauen selbst hatte ich an 1-2 Stellen schon das Gefühl, dass der Film so seine Längen hat - nach ein paar Tagen sacken lassen, kommt mir das aber gar nicht mehr so vor.
Insgesamt bin ich mit dem Film sehr zufrieden. Das liegt vor allem daran, dass er mich auch im Nachgang noch beschäftigt. Es ist einer dieser Filme, der viele kleine Details hat, aber einem auch das Gefühl einer Gesamt-Aussage gibt, die es zu erforschen gilt. Und das ist sehr gut.
Trailer zu One Battle After Another
Ich frage mich beispielsweise, ob Bob wusste, dass er nicht der leibliche Vater seiner Tochter ist. Es gab da ja das kleine Aufeinandertreffen im Supermarkt. Aber ist Bob clever genug, da 1 und 1 zusammenzuzählen...?
Und hat Sensei das Bier beim Autofahren eigentlich absichtlich getrunken, damit er eine gute Ausrede hat, weil er wusste, dass er eh von der Polizei angehalten wird? Dann ist er halt nur der "leicht verrückte, weil angetrunkene Hispano-Typ...".
UND das war doch alles nur Zufall mit der "Verfolgungsjagd" am Schluss, oder hatte Tim tatsächlich den Plan, Willa zu töten?
Aber Thema Verfolgungsjagd, das haben schon einige erwähnt, aber man darf es gerne öfter erwähnen, wie genial sie gefilmt ist. Auf diese Idee mit den Hügeln und der Sicht muss man erst einmal kommen. Da kann ich mir nur vorstellen, dass Paul Thomas Anderson selber auf irgendeiner Autofahrt dachte "Da muss man doch was draus machen!". Gut, hat er bestimmt schon mal in einem Interview verraten. Und dann diese Idee von Willa, im "Blinden Fleck" zu halten und ihm eine Falle zu stellen - super schlau. Insgesamt ist es ein genialer Ansatz, Spannung aufzubauen, ohne irgendwie die ganz große Action mit Explosionen und allem zu haben.
Auch an anderen Stellen wurden ein paar echt spannende Kameras eingebaut. Ich denke da z.B. an die Stelle, als Willa ins weiße Auto steigt und losfährt. Da ist die Kamera an der Tür platziert und erst durchs Losfahren schwingt sie zu - coole Spielerei.
Heimlicher Star des Films ist natürlich neben Sensei auch Sean Penn/Lockjaw, der eine komplett urige Figur kreiert hat. Dieser eigentlich "Perfekte" Mann, mit seinem kaputten Gang uns seinen ganzen Unsicherheiten, der der dümmst-klingenden Organisation angehören will, einfach um irgendwo dazuzugehören. Und der bei kleinen Bemerkungen zu seinem T-Shirt austickt. Klasse Dialog bzw. einfach clever gelöst von Willa.
Man kann den Film sicherlich auf viele Weisen interpretieren, aber gerade beim Christmas Adventurers Club habe ich das Gefühl, Paul Thomas Anderson möchte im Wesentlichen die Absurdität hinter rechten Ideologien hervorheben. Erwachsene Männer treffen sich freiwillig ein einem Verein, der Christmas Adventurers Club heißt! Lockjaw brüllt "I AM A CHRISTMAN ADVENTURER! I AM A SUPERIOR HUMAN", was so komplett bescheuert klingt, wenn man es als außenstehender hört. Aber der KKK macht es vor, mit seinen weirden Ritualen und Bezeichnungen wir Goblins und Wizards. Und auch in Deutschland, man völkische Siedlungen gründet, mit Fackeln marschiert, alte Kleidung trägt und alles, um irgendwie "rein" zu bleiben...komplett peinlich. ODER, wie Lockjaw am Ende etwas von Reverse Rape und Semen Demon erzählt, und die anderen ihm das so ein kleines bisschen auch abnehmen, weil das in deren Denken einfach etwas ist, das wirklich vorkommt...
Aber auch gegen Links teilt der Film aus. So Namen wie "Junglepussy" sind eine ebenso alberne Übertreibung wie Christmas Adventurers. Und am Ende sind da auch alle eher opportunistisch angehaucht - da darf man auch schon mal eine Bank ausrauben. Oder man ist eher Mitläufer, so wie Bob.
Wirklich gut kommt da keiner weg - außer Sensei.
Mit diesem Gesellschaftsbild kommt der Film aber spannenderweise auch zur richtigen Zeit. Denn gerade mit Trump und ICE sind das 2025 ein paar der prägenden Themen. Wenn man sich vorstellt, wie lange so die Produktionszeit für so einen Film ist, von der ersten Idee, über die Freigabe, dem Dreh, Schnitt, bis hin zum Release...erstaunlich, wie das gepasst hat. Aber gut, manches davon war gerade für manche Amerikaner sicherlich auch absehbarer. Und in gewisser Weise wirkt der Film auch zeitlos. Hätte nicht jemand Facebook und Instagram erwähnt, hätte ich gar nicht so gewusst, in welchem Jahrzehnt er spielt. Das unterstreicht vermutlich auch nur, wie sich gewisse Konflikte immer und immer wiederholen, auch über Generationen hinweg. Eben One Battle After Another...
Bei der Bewertung weiß ich am Ende nicht so ganz. Irgendwas in mir will sich schon zurückhalten und auch die nicht so perfekten Dinge stärker gewichten. Aber letztlich würde ich dem Film trotzdem 5 von 5 geben, weil ich denke, dass er trotz seiner Unperfektheiten ein "Film für die Ewigkeit" ist, den man mal geschaut haben sollte.


