
Bewertung: 3.5 / 5
Mit Reacher läuft seit 2022, nach den beiden Spielfilmen mit Tom Cruise als Hauptdarsteller, eine der wohl beliebtesten Thriller-Krimi-Serien auf Prime Video, die mit allerhand Action, aber auch Witz und Köpfchen in bisher zwei Staffeln durchaus überzeugen konnte. Seit dem 20. Februar dieses Jahres konnten sich Fans dann wieder wöchentlich an neuen Folgen der dritten Staffel um den stoischen Ex-Militärpolizisten aus der gleichnamigen Romanreihe des britischen Autors Lee Child erfreuen. Dieses Mal bekommt es Reacher aber nicht nur mit einem alten Bekannten aus seiner Vergangenheit zu tun, er muss nebenbei auch noch ein Kartell im Alleingang aushebeln. Mit dem vorgestrigen Erscheinen der finalen achten Episode möchten wir in unserer Review in feinster Reacher-Manier der Frage nachgehen, ob die Serie die Qualität in Sachen Story, Humor und Action im Vergleich zu ihren Vorgängern halten oder sogar übertreffen konnte. Darüber hinaus klären wir, ob weniger manchmal tatsächlich mehr ist.
Reacher - Staffel 3 Review
Als Reacher (Alan Ritchson) in Maine Zeuge der Entführung des College-Studenten Richard Beck (Johnny Berchtold) wird, bringt er die Kidnapper zur Strecke und wird daraufhin der neue Bodyguard für dessen Vater Zachary Beck (Anthony Michael Hall), der an kriminelle Machenschaften in Form von Drogendeals beteiligt sein soll. Nach und nach stößt Reacher aber auf eine viel größere Gefahr und erfährt, dass sein totgeglaubter Erzfeind Xavier Quinn (Brian Tee) mit Beck zu kooperieren scheint. Von nun an schmiedet Reacher einen Plan, um sich endlich an Quinn zu rächen, während er aufpassen muss, dass er nicht selbst in die Schusslinie gerät …
Trailer zu Reacher Staffel 3
Reacher ist eine der Serien, auf die wir uns nach einer wuchtigen zweiten Staffel voller fantastischer Kämpfe und gefährlichen Schusstiraden besonders gefreut haben. Für Staffel 3, die auf dem Lee-Child-Roman „Der Janusmann“ basiert, hat man aber offenbar einen anderen Ansatz verfolgt, wodurch wir direkt zu Beginn auf unseren größten Kritikpunkt der neuen Staffel zu sprechen kommen. Denn die acht neuen Episoden bieten leider trotz eines unvorhersehbaren Twists zu Beginn viel weniger Actionszenen, während man den Fokus zur selben Zeit eher auf die verdeckten Ermittlungen verlegt. Dies ergibt aufgrund der Story zwar Sinn, jedoch bringt es aus unserer Sicht den Nachteil mit sich, weniger von Reacher zu bekommen, da der Selbstjustizfaktor natürlich am meisten unterhält. So hätte man den Charakter zum Beispiel öfters in schwierige Situationen bringen können, aus welchen er sich dann hätte herauskämpfen müssen, um bei seiner Mission nicht aufzufliegen. Damit hätte man sichergestellt, den frischen Ansatz der Staffel zu wahren und zugleich die Action nicht zu vernachlässigen, was zwei bis drei Episoden unserer Meinung nach tun. Folge 8 hält sich so zwar in puncto Gewalt und Härte nicht zurück, allerdings wären uns gut portionierte Kampfszenen über die gesamte Season lieber gewesen als nur das krönende Finale. Wenn wir Actionsequenzen zu Gesicht bekommen, sind diese natürlich astrein inszeniert und bieten immer wieder kreative Neuerungen, zum Beispiel als Reacher seine Widersacher mit einem gezielten Tritt in einer Küche außer Gefecht setzt.
Die Story um den Undercover-Einsatz bietet uns nach Reachers Margrave-Team-Up in Staffel 1 und der Reunion mit den Special-Investigators in Staffel 2 einen abwechslungsreichen Blickwinkel auf den Charakter selbst, da er größtenteils allein und ohne größere Unterstützung klarkommen muss. Allerdings sei hier angemerkt, dass höchstwahrscheinlich nie jemand wirklich Angst um die Figur hat, da der muskelbepackte Hüne das am Ende schon noch irgendwie richten wird. Reachers Beobachtungen und seine überraschenden Schlussfolgerungen daraus, wie er beispielsweise einem Taschendieb auf einer Bank rät, das moralisch Richtige zu tun, funktionieren weiterhin sehr gut und sorgen für unterhaltsame Konversationen. Generell lockert der trockene Humor und so manche kreative Schimpfwörter den sonst recht ernsten Ton hin und wieder gekonnt auf, denn wie wir wissen, muss man auch immer auf die Details achten.
Optisch verschlägt uns die dritte Reacher-Staffel, wie bereits in der Synopsis erwähnt, zum US-Küstenstaat Maine. Der Kontrast der abgelegenen ländlicheren Schauplätze im Gegensatz zur Mega-Metropole New York in Staffel 2 tut der Serie gut. Neben der Familien-Villa von Zachary Beck als Hauptschauplatz spielt sich die Handlung oft in Lagerhallen oder in einem kleinen nahegelegenen Städtchen ab. Die Kamera zeigt gerade am Anfang nur das, was man sehen soll und nimmt nicht vorweg, was erst die fortlaufende Handlung offenbart. Das clevere visuelle Storytelling hebt sich auch bei Kampfszenen heraus, da auch hier nur das Nötigste gezeigt wird, bis man das ganze Bild präsentiert bekommt.
Die Darstellerleistungen sind durch die Bank weg überzeugend, allerdings sticht Alan Ritchson als fast zwei metergroßer Hüne mit seiner Schlagfertigkeit, natürlich im doppelten Sinne, noch einmal heraus. Anthony Michael Hall, dessen Zachary Beck vor allem daran gelegen ist, dass es seinem Sohn gut geht, macht einen guten Job, so auch Brian Tee in der Rolle des skrupellosen Killers Xavier Quinn. Sonya Cassidys Figur der DEA-Komissarin Duffy erinnert leider ein bisschen zu sehr an Willa Fitzgeralds Roscoe aus Staffel 1, was uns charakterlich aber ebenso in der Beziehung zu Reacher einige Male innerhalb der dritten Season aufgefallen ist. Maria Stens Neagley bereichert die neuen Folgen dafür nach Staffel 2 ein weiteres Mal mit ihrer Coolness, nicht umsonst befindet sich die erste Staffel der Ableger-Serie Neagley bereits in Produktion.
Fazit
Reacher Staffel 3 kann mit einer durchdachten und gut geschrieben Handlung punkten und hat seit Staffel 2 nichts von ihrem Humor und der gewissen Kaltschnäuzigkeit verloren. Die Locations geben den neuen Episoden einen geerdeten Ton und bilden einen interessanten Kontrast zum Großstadt-Dschungel aus der zweiten Season. Die aufwendig in Szene gesetzten Actionszenen sind wieder mal das Highlight der Show, während man stetig neue Ideen hat, wie und wo man jene umsetzen kann.
Als Kritikpunkte führen wir an, dass die eben gelobten Kampfszenen leider seltener ins Geschehen integriert werden als es noch in den anderen Staffeln der Fall war. Deshalb kommen wir bedauerlicherweise zu dem Schluss, dass in diesem Falle mehr [Action] mehr gewesen wäre, die man wunderbar in die Handlung hätte einflechten können. Des Weiteren erinnern die Charakterzüge mancher Figuren sehr an vorherige, was jene für uns eindimensional und ersetzbar herüberkommen lässt.
Da eine vierte Staffel bereits bestellt wurde, freuen wir uns trotzdem und sind gespannt, wo und vor allem mit wem es Reacher wohl das nächste Mal zu tun bekommt. Vielleicht können wir so für bei der Kritik von Staffel 4 dann wieder eine bessere Bewertung aus dem Hut zaubern.
