
Bewertung: 4 / 5
Der Teufel aus Hells Kitchen feiert sein großes Comeback. Nachdem Charlie Cox bereits in Spider-Man - No Way Home kurz als Matt Murdock in Erscheinung treten durfte und auch in She-Hulk - Die Anwältin einen kurzen Auftritt hinlegte, feiert er jetzt mit Daredevil - Born Again endgültig sein großes Comeback als Daredevil und ist damit auch endgültig im MCU angekommen. Doch können Disney und Marvel Studios das hohe Niveau und die düstere und brutale Atmosphäre, die Netflix einst vorgelegt hat, beibehalten?
Daredevil - Born Again Staffel 1 Review
In „Daredevil: Born Again“ kämpft Matt Murdock (Charlie Cox), ein blinder Anwalt mit geschärften Sinnen, in seiner geschäftigen Kanzlei für Gerechtigkeit, während der ehemalige Mafiaboss Wilson Fisk (Vincent D’Onofrio) seine eigenen politischen Ziele in New York verfolgt. Je mehr ihre früheren Identitäten als Daredevil und Kingpin zum Vorschein kommen, desto mehr befinden sich beide Männer auf einem unausweichlichen Kollisionskurs.
Trailer zu Daredevil - Born Again
Als Netflix vor mittlerweile zehn Jahren sein eigenes kleines Marvel-Universum jenseits des MCUs aufbaute, waren die Fans vor allem von einer Serie begeistert, nämlich Marvel’s Daredevil. Denn anders als unter Disney mit dem MCU ging es hier bei Netflix wesentlich härter und düsterer zu. Für viele Marvel-Fans war dies ein wohltuender Kontrast zum im Vergleich kinderfreundlichen MCU. Die Altersfreigabe ab 18 Jahren unterstrich dies zusätzlich.
Doch nicht nur mit der Vorgehensweise, auch mit dem Casting bewies man bei Netflix damals ein gutes Händchen. Man leistete so gute Arbeit, dass Disney und Marvel Studios sich dazu entschlossen, die Rechte zurückzuholen, weswegen die Serien mittlerweile bei Disney+ zu Hause sind. Und da die Serien, vor allem eben Marvel’s Daredevil, problemlos gut ins MCU integrierbar sind, hat man genau dies einfach und simpel getan. Womit wir bereits bei der ersten guten Nachricht sind: Daredevil - Born Again spielt definitiv im MCU und ist gleichzeitig genauso definitiv eine Fortsetzung zu dem, was einst von Netflix auf die Beine gestellt wurde. Der Titel macht also absolut Sinn. Es ist Staffel 4 von Marvel’s Daredevil und doch gleichzeitig auch ein Neuanfang.
Die nächste große Frage, die sich viele Fans seit der Ankündigung fragen: Wird es genauso düster und genauso brutal wie einst bei Netflix? Wir freuen uns, direkt mit der nächsten guten Nachricht aufwarten zu dürfen, denn ja, das ist es aber sowas von!
Hier wurden wirklich keinerlei Kompromisse gemacht. Man hält sich sehr eng an den Ton, der einst von Netflix vorgegeben wurde, und man macht dies auch direkt mit der allerersten Episode deutlich. Wir werden auf Inhaltliches nahezu komplett nicht eingehen, da wir euch einfach absolut nichts vorwegnehmen wollen. Doch solltet ihr Zweifel haben, dürften die relativ schnell beseitigt sein. Die Serie scheut sich nicht davor, die Zuschauer zu schocken. Und auch was die Gewalt betrifft, hält man sich wahrlich nicht zurück. Hier fließt Blut, hier werden hörbar und sichtbar Knochen gebrochen und dann gibt es da eine Szene, bei der man sich die ganze Zeit denkt "das zeigen die jetzt nicht wirklich, oder? Das zeigen die jetzt nicht wirklich?", bis sie es dann tatsächlich zeigen.
Etwas umgangssprachlich ausgedrückt: Daredevil - Born Again macht keine Gefangenen, wenn es um das Zeigen von Brutalität geht. Man befindet sich in dieser Thematik mindestens auf Augenhöhe mit dem, was Netflix gezeigt hat. Wir würden sogar sagen, dass man noch einen Schritt weiter gegangen ist. Und daher können wir mit reinem Gewissen sagen:
Daredevil - Born Again ist die brutalste Serie, die es jemals von Disney gegeben hat!
Doch man überzeugt nicht nur mit einfacherer Gewalt oder Brutalität. So beginnt die Serie direkt mit einem echten Statement. Die ersten 15 Minuten haben es in sich und liefern eine inszenatorisch beeindruckende Actionsequenz, wie man sie im MCU nur selten sieht. Damit setzt man direkt den Ton für alles, was danach kommt.
Und auch wenn die Serie natürlich nicht nur aus Actionszenen besteht, so gibt es doch einige. Für einige Zuschauer werden es vielleicht etwas zu wenige sein, doch die Serie geht damit eben nicht inflationär um, was der Qualität zugute kommt. So toll die Action ist, so steht die Handlung immer im Vordergrund und sie ist auch die treibende Kraft. Teilweise war uns die hier erzählte Geschichte politisch etwas zu nah an der aktuelle Realität dran, doch das kann man den Machern kaum vorwerfen.
Auch die Stadt New York steht sehr im Mittelpunkt und am Ende dreht sich natürlich alles um die zwei Männer, die sich nicht nur im Kampf gegeneinder, sondern auch im Kampf mit sich selbst befinden. Bekanntlich wurde die kreative Ausrichtung der Serie mitten während der Dreharbeiten noch einmal geändert und man fing mit dem Dreh wieder von vorne an. Was auch immer geändert wurde, welche Entscheidungen hier auch immer getroffen wurden, man hat mit diesem vorgehen verdammt viel richtig gemacht und eine inhaltlich verdammt gute Serie auf die Beine gestellt.
Um auch zumindest etwas kritisch zu werden, muss dazu gesagt werden, dass man hier und da schon sieht, dass es sich hierbei "nur" um eine Serie handelt. Größtenteils ist alles handgemacht und es wurde auch spürbar einiges in New York oder woanders vor Ort gedreht. Die Serie sieht insgesamt wirklich gut aus. Aber manchmal merkt man dann eben doch, dass das Budget Grenzen hatte. Doch dies ist nur ein kleiner Kritikpunkt und Daredevil - Born Again ist einfach zu gut inszeniert und macht insgesamt zu viel Spaß, als das dies stören würde.
Wo wir schon bei Spaß sind, lasst uns kurz über den Punisher sprechen. Jon Bernthal ist der nächste aus den ehemaligen Netflix-Serien, der hier sein MCU-Debüt feiern darf, und auch hier wurden absolut keine Kompromisse gemacht. Erwartet nicht zu viele Auftritte von ihm, aber er ist dabei und wenn er auftaucht, hinterlässt er auch sehr deutlich seinen Stempel.
Auch über andere Rückkehrer darf man sich freuen: Deborah Ann Woll ist erneut als Karen Page dabei und Elden Henson kommt als Foggy Nelson zurück. Auch Wilson Bethel darf als Bullseye wieder mitmischen. Sie alle schaffen es dem Zuschauer das Gefühl zu geben, als sei kaum Zeit zwischen Staffel 3 und Born Again vergangen und dass es sich wirklich wie eine natürlich anfühlende Kontinuation anfühlt. Auch Ayelet Zurer ist als Frau des Kingpin, Vanessa Fisk, wieder mit dabei, sie erhält diesmal jedoch eine wesentlich größere Rolle als bislang.
Doch kommen wir zum Kern von Daredevil - Born Again und den zwei Gründen, weswegen die Serie ein absolutes Highlight geworden ist: Charlie Cox und Vincent D’Onofrio. Beide verkörpern ihre Rollen mit einer unfassbaren Intensität. Sie scheinen keine Probleme damit gehabt zu haben, zurück in ihre alten Rollen zu schlüpfen. Und die Macher der Serien haben das einzig Richtige getan und dafür gesorgt, dass sich Daredevil - Born Again vor allem um diese beiden Figuren dreht. Wir begleiten sie, wie sie versuchen, sich etwas Neues aufzubauen, und gleichzeitig mit ihren inneren Dämonen kämpfen und dem Drang, diese andere sehr brutale Persönlichkeit, eben Daredevil und Kingpin, jeweils unter Kontrolle zu halten. Es ist beinahe schon wie eine parallel verlaufende psychologische Studie, die wir hier gezeigt bekommen. Doch es ist genau richtig so, da man auf diese Weise die großen Stärken dieser Serie ausspielt, nämlich Cox und D’Onofrio.
Vor allem D’Onofrio müssen wir einfach noch separat hervorheben. Er durfte als Kingpin bereits in Hawkeye und Echo sein Comeback und MCU-Debüt feiern, doch hier kann er endlich richtig aufspielen und seinen Kingpin vollends entfalten. Rein von der Screentime her ist er zusammen mit Cox Hauptdarsteller der Serie, und das ist auch absolut richtig so. Jede Szene mit ihm ist ein Highlight und wir bekommen massig davon. Man kann nur hoffen, dass man sich bei Marvel Studios bewusst ist, was für einen großen Diamanten sie da gerade in ihrem MCU haben und dass sie ihn auch über Daredevil - Born Again hinaus nutzen und richtig einsetzen werden. Als MCU-Bösewicht ist er jetzt schon in der obersten Liga angekommen. Was für ein toller Auftritt!
Ein Kritikpunkt bei vielen Disney+-Serien ist oftmals die Laufzeit der einzelnen Episoden. Auch hier können wir nur Positives berichten. Die kürzeste der neun Episoden geht 39 Minuten und drei haben gar eine Länge von über 50 Minuten, die längste geht dabei 58 Minuten. Und man fühlt spürbar, wie sich das positiv auf die inhaltliche Qualität auswirkt. Mit diesen Laufzeiten lässt sich eine Geschichte viel besser und auch flüssiger erzählen. Die einzelnen Episoden wirken in sich runder und stimmiger. Wir hoffen sehr, dass auch die Verantwortlichen bei Disney dies bemerken und wir zukünftig endlich verschont werden mit Episoden, die gerade einmal 25 Minuten lang sind.
Auf Inhaltliches werden wir wie gesagt nicht eingehen, doch da dies für einige von Interesse ist, wollen wir zumindest dies erwähnen: Man spürt, hört und sieht, dass Daredevil - Born Again Teil des MCU ist. Erwartet aber keine großen Auftritte. Die Serie macht es genau richtig, indem man sich auf den Daredevil-Kosmos konzentriert und auf irgendwelche großen Cameos verzichtet. Dennoch tauchen hier und dort vertraute Gesichter auf, die Daredevil - Born Again mit dem MCU verknüpfen. Und auch bekannte Namen sind manchmal zu hören. Gleich in der ersten Episode erwähnt Murdock sogar einen ganz bestimmten Namen (wenn ihr genau hinhört). Und in Zusammenhang mit noch einer anderen Bezeichnung, die er dabei erwähnt, könnte dies für einige Aufregung bei den Fans sorgen. Doch erneut: Erwartet an dieser Front nicht zu viel. Es ist nicht die Serie der großen Überraschungen oder Cameos. Hier steht Daredevil im Zentrum und nichts anderes. Dennoch freut man sich natürlich über einige kleine MCU-Anspielungen, denn sie machen endgültig klar, dass Daredevil jetzt ein Teil dieses Universums ist.
Fazit
Wir konnten vorab die komplette erste Staffel sehen und sind einfach nur begeistert. Unsere Wertung hätte tatsächlich noch ein klein wenig höher ausfallen können. Doch wenn wir zumindest eine Sache noch kritisieren wollen, dann ist es das Ende der Staffel, da man hier gefühlt mitten in der Story aufhört und wir jetzt ein Jahr auf die Fortsetzung mit Staffel 2 warten müssen. Daher können wir auch noch kein abschließendes Urteil bilden, da wir gefühlt erst die Hälfte gesehen haben und daher sind wir auch noch ein klein wenig zurückhaltend mit einer etwas höheren Bewertung.
Doch ganz ehrlich: zu meckern gibt es hier eigentlich gar nichts. Alle Hoffnungen, die man in die Serie gesteckt hatte, wurden erfüllt und all die Befürchtungen, die es im Vorfeld gab, haben sich als unbegründet herausgestellt. Daredevil - Born Again ist genau die Serie geworden, die sich die Fans gewünscht haben.
Die Charaktere werden toll weiterentwickelt, die Geschichte ist düster und brutal, im Hinblick auf Gewalt geht man absolut keine Kompromisse ein und die Serie fungiert sowohl als Fortsetzung und somit vierter Staffel der einstigen Netflix-Serie als auch als Neuanfang und MCU-Debüt. Zudem sind Charlie Cox und vor allem Vincent D’Onofrio schlicht herausragend! Mit anderen Worten: hört auf zu lesen und schaut euch endlich Daredevil - Born Again an!
