Anzeige
Anzeige
Anzeige

Kritik: Once Upon a Time... in Hollywood von MobyDick

MobyDick | 16.12.2019

Hier dreht sich alles um die Once Upon a Time... in Hollywood von MobyDick. Tausch dich mit anderen Filmfans aus.

Was denkst du?
Ich stimme den Anmelderegeln beim Login zu!
26 Kommentare
1 2
Avatar
MobyDick : : Moviejones-Fan
16.12.2019 14:06 Uhr
1
Dabei seit: 29.10.13 | Posts: 7.688 | Reviews: 254 | Hüte: 620

Kontroverse Kritik zu einem der besseren Filme dieses Jahr? Uiuiui!

So, one more picture to go this year!

Dünyayi Kurtaran Adam
Avatar
Silencio : : Moviejones-Fan
16.12.2019 14:35 Uhr
0
Dabei seit: 17.08.17 | Posts: 2.418 | Reviews: 54 | Hüte: 290

Wenn du die ideologische Komponente kritisierst, unterstellst du dem Film mehr, als dort drin ist und bist ihm auch ein bisschen auf den Leim gegangen: der Streifen ist bewusst leer (oder doch nicht?) gestaltet, soll nur als Film funktionieren, in den wir Zuschauer reintragen, was wir mitbringen können. Tarantino spielt hier sehr mit der Zeichenhaftigkeit von Filmbildern und ihrer Bedeutungsleere, sofern wir sie nicht lesen können. Das beginnt mit einer bedrohlichen Einstellung auf das Ciello Dr-Straßenschild, die einem uninformierten nichts sagen wird, das zieht sich weiter über die Gesten, mit denen die Charaktere kommunizieren und wird sogar in dem Off-Text zur Sprache gebracht (deswegen die Turm zu Babel-Produktionen in Italien). Dass alles chiffren-mäßig und uneindeutig bleibt, ist der Punkt des Films. Genau deswegen ist die Story auch nicht "logisch" wie ein Procedural zB aufgebaut, weil er sich auf Plotebene gleichzeitig mit dem Auseinanderfallen von Narrativen auseinandersetzt. Das ist schon recht komplex (und ich werde dem mit drei Zeilen nicht gerecht) und durchdacht.

Dass ein Film, der Godard zitiert, eine Pro-Old Hollywood-Aussage (oder Anti-Gegenkultur-Aussage) haben soll, halte ich übrigens für weit hergeholt.

"I am not fucking around here, I believe a well-rounded film lover oughta have something to say about Jean-Luc Godard and Jean-Claude Van Damme."

-Vern

Avatar
MobyDick : : Moviejones-Fan
16.12.2019 14:55 Uhr
1
Dabei seit: 29.10.13 | Posts: 7.688 | Reviews: 254 | Hüte: 620

Silencio

Grundsätzlich wäre ich ja bei dir, und bin ja auch gerade deshalb so irritiert über diesen einen Punkt. Andererseits passt das alles trotzdem für mich sehr gut ins Bild. Tarantino ist eben kein Godard, er hat auch nicht damals gelebt. Er kennt die Filme und zitiert sie freimütig, aber er lebt mittlerweile bei den feinen Leuten, die er so genüßlich seziert und hat sicherlich mittlerweile etwas gesetztere, konservativere Gedankenansätze als noch vor 25 Jahren. Er lässt ja beispielsweise bewusst Pitts Charakter offener gegenüber dieser Subkultur erscheinen, dennoch drängt er auch hier immer wieder diese kritischen Aspekte gegenüber der Hippiesubkultur dazwischen, auch indem wie er die Manson-Familie bereits 6 Monate vor der Tatnacht darstellt. Das mag in diesem Fall sogar zutreffen, aber dadurch dass er in seinem Kaleidoskop die Lupe nur über dieser Familie hält, egal ob er es tatsächlich so meint oder nicht, impliziert er eine Wahrnehmung, die eben gegen die Hippies gerichtet ist.

Und nur weil einer jemand anderen zitiert, heisst das noch lange nicht, dass er die Quelle verstanden oder verinnerlicht hat, im schlimmsten Fall kann man das auch als bewusstes Pervertieren kritisieren.

Tarantino hat meiner Wahrnehmung nach übrigens immer eine ideologische Komponente in seinen Filmen, gerade jetzt damit aufzuhören, macht für mich da keinen Sinn

Dünyayi Kurtaran Adam
MJ-Pat
Avatar
Kayin : : Hollywoodstar
16.12.2019 15:24 Uhr
0
Dabei seit: 11.10.15 | Posts: 3.051 | Reviews: 2 | Hüte: 345

Da muss ich die immer wieder genommene Floskel bemühen.

"Du hast den Film und seine Intention einfach nicht verstanden"

All deine Kritikpunkte sind gewollt (hast du ja auch oft selbst geschrieben) und sollen auch so wirken. Ich habe den Film zwar bisher nur im Kino gesehen aber ich glaube, dass er im Heimkino nicht so rüber kommt, wie im Kino selbst. Die große Leinwand ist für mich fast schon ein Stilmittel, die Tarantino gekonnt einsetzt. Close ups, weite Aufnahmen, Zoom, spielen alle mit in den Filmgenuss ein. Auf einem Fernseher kommt das einfach nicht so rüber, wie im Kino.

Ich werde ihn mir zwischen den Jahren zu Hause mal anschauen und werde berichten. Ich müsste mich schon sehr irren, wenn dem nicht so wäre.

"I’ll do my best."

"Your best! Losers always whine about their best. Winners go home and fuck the prom queen."

Avatar
Silencio : : Moviejones-Fan
16.12.2019 15:34 Uhr
1
Dabei seit: 17.08.17 | Posts: 2.418 | Reviews: 54 | Hüte: 290

Moby:

"Tarantino ist eben kein Godard, er hat auch nicht damals gelebt"

Dass er damals gelebt hat, hat auch niemand behauptet. Er zitiert aber Godard in einem Film, der sich mit der Flüchtigkeit von Bedeutung und der Wandelbarkeit von Zeichen auseinandersetzt. Das wird dann schon zielgerichtet sein, war das doch schließlich auch ein Thema bei Godard (bzw. ist es ja noch, man schaue auf "Bildbuch").

"Er kennt die Filme und zitiert sie freimütig, aber er lebt mittlerweile bei den feinen Leuten, die er so genüßlich seziert und hat sicherlich mittlerweile etwas gesetztere, konservativere Gedankenansätze als noch vor 25 Jahren. "

Das ist eine Vermutung, die nichts über den Film beweist und die sich auch recht simpel widerlegen lässt. Tarantino hat sich oft genug gegen konservative Politik ausgesprochen, gerade die Kontroverse um die Polizeigewerkschaft und ihn zum Start von "The Hateful Eight" ist da ein prominentes Beispiel.


"Er lässt ja beispielsweise bewusst Pitts Charakter offener gegenüber dieser Subkultur erscheinen, dennoch drängt er auch hier immer wieder diese kritischen Aspekte gegenüber der Hippiesubkultur dazwischen, auch indem wie er die Manson-Familie bereits 6 Monate vor der Tatnacht darstellt."

Richtig, er zeigt Pitt offen gegenüber Hippies, aber er lässt sich eben auch nicht einfach zum Spießgesellen der Manson Family und deren Pervertierung machen. Das ist differenziert (und wird auch noch mit dem moralisch ambivalentesten Charakter gezeigt...), aber nicht gleich der Gegenkultur irgendwie feindselig gegenüber.

"Das mag in diesem Fall sogar zutreffen, aber dadurch dass er in seinem Kaleidoskop die Lupe nur über dieser Familie hält, egal ob er es tatsächlich so meint oder nicht, impliziert er eine Wahrnehmung, die eben gegen die Hippies gerichtet ist."

Er impliziert gar nichts, weil es eben um die Leere der Aussagen geht. Es geht schlichtweg darum, dass er mit der öffentlichen Wahrnehmung der Family spielt, Gefahrensituationen bis zum Finale (das selbst nur funktioniert, weil wir wissen, dass die Realität anders aussieht - also von außen was an den Film herantragen müssen), entstehen einfach nur durch Vorwissen, nicht durch das, was der Film zeigt.

Im Übrigen: selbst wenn er einen Film drehen wollte, der von den Mansons handelte und das ein "straighter" Film wäre, müsste er dann einen lieben Hippie einbauen? Wir brauchen doch nicht bei jedem Film einen Erklärbär-Charakter, oder zumindest dann nicht, wenn er sich an ein "verständigeres" Publikum richtet.

"Und nur weil einer jemand anderen zitiert, heisst das noch lange nicht, dass er die Quelle verstanden oder verinnerlicht hat, im schlimmsten Fall kann man das auch als bewusstes Pervertieren kritisieren."

Dann müsstest du aber darlegen, wie einer der letzten großen amerikanischen Autorenfilmer zu der Aussage käme, dass die größte Phase der Freiheit für Autorenfilmer in den USA schlecht war. Ich würde dann entgegnen, dass ein Regisseur, der seine Produktionsfirma nach einem Godard-Streifen benannt hat, sich lieber in dessen Tradition stellen wollte, statt den irgendwie zu pervertieren.

"Tarantino hat meiner Wahrnehmung nach übrigens immer eine ideologische Komponente in seinen Filmen, gerade jetzt damit aufzuhören, macht für mich da keinen Sinn

Tarantinos Filme beinhalten vielleicht Ideologie, sie sind aber nicht ideologisch. Tatsächlich sind sie doch immer abseits vom Ursache/Wirkung-Prinzip, das klassische Plots bedienen und das sie zu Ideologieträgern macht. Tarantino verwehrt sich doch gerade den ideologischen Erzählungen, die er ja mit dem Film-im-Film bei den "Basterds" auch aufs Korn nimmt. Einen Standpunkt einzunehmen und Ideologe zu sein, sind doch zwei verschiedene Dinge.

"I am not fucking around here, I believe a well-rounded film lover oughta have something to say about Jean-Luc Godard and Jean-Claude Van Damme."

-Vern

Avatar
MobyDick : : Moviejones-Fan
16.12.2019 15:48 Uhr
1
Dabei seit: 29.10.13 | Posts: 7.688 | Reviews: 254 | Hüte: 620

Kayin:

Yup, alle Kritikpunkte sind gewollt, und das ist eine sich lange anbahnende Watsche für das Gesamtwerk, der Film selbst locker mindestens 7 Punkte wert. Habe ich wie du richtig bemerkt hast aber auch schon so geschrieben.

Dennoch stehe ich voll hinter meiner Kritik, denn ich finde diesen Film, so wie ich Filme konsumiert habe und wie ich mit meinem Konsum geprägt wurde, einfach auch nur gewollt und völlig subjektiv einfach nicht gut. Vor allem dieses Stilelement des Erzählers mit der Fispelstimme finde ich abgenutzt, wenig zielführend und (jetzt zum dritten Mal) gewollt. Daher ist eine gewollte Kritik zu einem gewollten Film völlig in meinen Augen gerechtfertigt.

Und wenn ich dich und Silencio auf eine Tisch-Seite bekomme, habe ich ja auch schon was erreicht :-D

Dünyayi Kurtaran Adam
Avatar
MobyDick : : Moviejones-Fan
16.12.2019 16:11 Uhr | Editiert am 16.12.2019 - 16:13 Uhr
0
Dabei seit: 29.10.13 | Posts: 7.688 | Reviews: 254 | Hüte: 620

Silencio:

Ich bin nicht der größte Tarantino-Jünger und hechele auch nicht jedem seiner Filme hinterher, auch lese ich selten, was andere Leute über ihn sagen, sondern schöpfe aus meinem eigenene Fundus. Ich finde sehr wohl, dass Tarantino eine gewisse Ideologie einnimmt, und zwar zunehmend, vor allem was die Polizeigewalt angeht und was den Rassismus. Dass er ganz klar einer der liberaleren Verteter der Zunft ist, ist auch nicht von der Hand zu weisen. Und gerade seine Gewaltexzesse sind allesamt immer sehr moralisch. Insofern trägt er für mich sehr wohl seine Ideologie, Gesinnung, Ansichten (was auch immer) stets ein bißchen vor sich her.

Und dass gerade mit Pitts Charakter der ambivalenteste Charakter auch mit einer gesunden Skepsis an die Situation rangeht, ist auch völlig legitim. All das prangere ich eben nicht an, mir fällt auch auf, wie der die Hippies im Auto argumentieren lässt, und damit auch ein Stück weit die reale Historie bedient. Auch dass die eine einfach abhaut, passt wunderbar in dieses Bild.

Ich sage auch nicht unbedingt, dass Tarantino das alles so meint, aber die Gefahr gegeben ist, und nicht nur unterschwellig, dass die Wahrnehmung des Filmes Anti-Hippie sein wird. Und ob er da jetzt was völlig anderes meint, ob er überhaupt was meint oder der nicht, will ich mal kurz dich zitieren: Selbst das kann man als bloße Aussage (auch deinerseits) hintun, dem Interpretieren sind keine Grenzen gesetzt und es gibt kein allgemeingültiges "Ich habe recht!". Ich sage nur, dass die Wahrnehmung eine deutlichere Positionierung gegen die Hippie-Subkultur zulässt. Und das halte ich für gefährlicher in der wahrgenommenen Aussage, vor allem wenn diese eben von einer liberaleren (Davon bin ich ehrlich gesagt auch nicht 100% überzeugt) Stimme kommt.

Es geht schlichtweg darum, dass er mit der öffentlichen Wahrnehmung der Family spielt, Gefahrensituationen bis zum Finale (das selbst nur funktioniert, weil wir wissen, dass die Realität anders aussieht - also von außen was an den Film herantragen müssen), entstehen einfach nur durch Vorwissen, nicht durch das, was der Film zeigt.

Aber zum einen muss ich dir ganz klar widersprechen, es hat nichts mit unserem Wissen um die wahre Tat zu tun, wenn das bloße Aufeinandertreffen der beiden Augen von Manson und Tate wie der Anfang eines Home Invasion Filmes inszeniert werden, sondern mit dem Schüren einer Erwartungshaltung und der Positionierung einer Figur, von der wir zwar vermeintlich wissen, wohin ihre Reise gehen wird, aber er es mit den stilistischen Mitteln inszeniert, dass das auch ein Mönch in Kalkutta verstehen würde, ohne die Hintergründe zu kennen.

Wie gesagt, man kann diesen Film stunden- und monatelang auseinandernehmen, so pickepacke ist er, aber in meinen Augen halt nicht wirklich so prall wie er hätte sein können. Und ich denke, ich habe auch sehr deutlich gemacht, dass ich diese Wertung nur abgebe, gerade weil Tarantino in meinen Augen quasi stagniert oder recht unverhohlen dieselben Sperenzchen wiederholt.

Dünyayi Kurtaran Adam
Avatar
Silencio : : Moviejones-Fan
16.12.2019 17:25 Uhr
0
Dabei seit: 17.08.17 | Posts: 2.418 | Reviews: 54 | Hüte: 290

Moby:

"Ich bin nicht der größte Tarantino-Jünger und hechele auch nicht jedem seiner Filme hinterher, auch lese ich selten, was andere Leute über ihn sagen, sondern schöpfe aus meinem eigenene Fundus."

Um gewisse Sachen zu wissen, muss man seinen Filmen ja nichtmal "hinterher hecheln", die ergeben sich ja ganz einfach aus selbigen: dass er seine Firma nach Godard benannt hat, konnte man auf der Einblendung vor seinen Filmen ("A Band Apart") lesen.

"Ich finde sehr wohl, dass Tarantino eine gewisse Ideologie einnimmt, und zwar zunehmend, vor allem was die Polizeigewalt angeht und was den Rassismus"

Ideologie und Standpunkt sind zwei unterschiedliche Dinge.

"Ich sage auch nicht unbedingt, dass Tarantino das alles so meint, aber die Gefahr gegeben ist, und nicht nur unterschwellig, dass die Wahrnehmung des Filmes Anti-Hippie sein wird

Dafür kann Tarantino aber nichts und es ist auch nicht seine Aufgabe, einen Film über Uneindeutigkeit eindeutig zu machen.

"Und ob er da jetzt was völlig anderes meint, ob er überhaupt was meint oder der nicht, will ich mal kurz dich zitieren: Selbst das kann man als bloße Aussage (auch deinerseits) hintun, dem Interpretieren sind keine Grenzen gesetzt und es gibt kein allgemeingültiges "Ich habe recht!".

Ich wüsste nicht, wo ich gesagt hätte, dem Interpretieren seien keine Grenzen gesetzt. Eine Interpretation muss sich immer am Text belegen lassen und in sich selbst schlüssig sein, DAS ist der wichtige Punkt, DAS ist die Grenze der Interpretation. Du baust beliebige Aussagen in den Film ein, die teilweise sogar im Widerspruch zueinander stehen, ich sage dir, das ist der Punkt des Films, nämlich wie wir Bedeutung in etwas reinbauen, und da setzt du zu viel ein, wo Tarantino Leerstellen gelassen hat. Dafür hab ich dir Beispiele genannt, dafür könnte ich dir sogar mehr Beispiele nennen.

"Ich sage nur, dass die Wahrnehmung eine deutlichere Positionierung gegen die Hippie-Subkultur zulässt. Und das halte ich für gefährlicher in der wahrgenommenen Aussage, vor allem wenn diese eben von einer liberaleren (Davon bin ich ehrlich gesagt auch nicht 100% überzeugt) Stimme kommt

Und ich sage nur, dass es der Punkt ist, wie der Film sich nicht positioniert, wie jedwede Position von außen herangetragen werden muss. Ich weise sogar darauf hin, dass das Spiel damit durch einige Zitate recht offensichtlich wird (oder eben nicht. :p).
Warum die Aussage, Hippies wären doof, von einem liberaleren Regisseur gefährlicher sein sollte, als von einem anderen, erschließt sich mir übrigens nicht. Ein reaktionärer Haudrauf würde wohl eher zu Hass aufstacheln...

"Aber zum einen muss ich dir ganz klar widersprechen, es hat nichts mit unserem Wissen um die wahre Tat zu tun, wenn das bloße Aufeinandertreffen der beiden Augen von Manson und Tate wie der Anfang eines Home Invasion Filmes inszeniert werden, sondern mit dem Schüren einer Erwartungshaltung und der Positionierung einer Figur, von der wir zwar vermeintlich wissen, wohin ihre Reise gehen wird, aber er es mit den stilistischen Mitteln inszeniert, dass das auch ein Mönch in Kalkutta verstehen würde, ohne die Hintergründe zu kennen

Und das alles funktioniert nur, wenn wir bereits wissen, wer Sharon Tate ist, oder wir bereits genug Home Invasion-Filme gesehen haben. Eben genau deswegen: weil wir Tarantino eine Hälfte der Arbeit abnehmen und unser Wissen um die Bedeutung von filmischen Zeichen und Codes mitbringen müssen. Das Treffen von Tate und Manson ist absolut mondän und bedeutungslos, wenn wir nicht wissen, wer die beiden sind, regelmäßig arbeitet der Film mit reinen Implikationen, die wir lesen müssen (und die dann doch noch nicht richtig sein müssen: Booths Rückblenden bleiben bewusst offen!) und die unsere Erwartungshaltungen oder Vorurteile nur bestätigen, wenn wir das so wollen. Selbst, dass du auf die Home Invasion-Verweise ansprichst, bestätigt das nur, denn auch das können wir nur verstehen, wenn wir filmisch geschult sind. "Once upon a time in Hollywood" ist im Grunde nur ein Streich gegenüber den Zuschauern, die schon von vornherein wissen, was sie in den Film lesen wollen - Fans wie "Nicht-Fans" gleichermaßen.

"Und ich denke, ich habe auch sehr deutlich gemacht, dass ich diese Wertung nur abgebe, gerade weil Tarantino in meinen Augen quasi stagniert oder recht unverhohlen dieselben Sperenzchen wiederholt."

Es geht mir nicht um die Wertung, es geht darum, dass du dem Film Sachen unterstellst, die halt nicht drin sind und das ist eben das Design des Films. Ja, Tarantino wiederholt sich, das Spiel mit den verschwindenden Signifikaten, mit Medialität, mit Leinwandpersönlichkeit und Persönlichkeit spielt er schon was länger. Aber er macht trotzdem nicht die getätigten Aussagen. Und er spielt da bewusst mit.

"I am not fucking around here, I believe a well-rounded film lover oughta have something to say about Jean-Luc Godard and Jean-Claude Van Damme."

-Vern

MJ-Pat
Avatar
Kayin : : Hollywoodstar
16.12.2019 18:18 Uhr
0
Dabei seit: 11.10.15 | Posts: 3.051 | Reviews: 2 | Hüte: 345

Abseits der Interpretation und sezieren eines Filmes (was nicht meine Stärke ist und auch niemals sein wird), ist OUATIH ein Film, der objektiv betrachtet stinklangweilig ist. Die Kunst bestand darin, den Film trotz seiner Längen, beim Publikum nicht so ankommen zu lassen. (immer vorausgesetzt, man lässt sich darauf ein). Und Tarantino hat es mMn perfekt hinbekommen. Wie er das geschafft hat, das kann dir Silencio besser erklären. Bei "The hateful eight" hat er es mMn nicht so gut umgesetzt, zumindest hat der Film mich nicht abgeholt und ist somit in meinen Augen langweilig.

Natürlich setzt Tarantino etwas Vorwissen voraus, welches für jüngere Europäer nicht immer so einfach ist, denn die amerikanische Gesellschaftsgeschichte der 60er und 70er Jahre ist nicht jedem präsent. Wer sich aber vor Sichtung des Films etwas damit befasst, der wird mit dem Film viel Spaß haben und die Anspielungen feiern.

"I’ll do my best."

"Your best! Losers always whine about their best. Winners go home and fuck the prom queen."

MJ-Pat
Avatar
luhp92 : : BOTman Begins
16.12.2019 19:39 Uhr | Editiert am 16.12.2019 - 19:40 Uhr
1
Dabei seit: 16.11.11 | Posts: 17.420 | Reviews: 180 | Hüte: 635

@MobyDick
"sondern mit dem Schüren einer Erwartungshaltung und der Positionierung einer Figur, von der wir zwar vermeintlich wissen, wohin ihre Reise gehen wird, aber er es mit den stilistischen Mitteln inszeniert, dass das auch ein Mönch in Kalkutta verstehen würde, ohne die Hintergründe zu kennen."

Das kann ich so nicht unterschreiben. Ich war mit meinem Bruder im Kino, der im Gegensatz zu mir keine Ahnung von der Manson-Kommune und Sharon Tate hat und sich dahingehend zum Beispiel bis zum Schluss fragte, warum Sharon Tate überhaupt so eine wichtige Rolle im Film spielt. Dazu musste ich ihm im Nachhinein erst die Hintergründe erklären. Dementsprechend stimme ich da Silencio zu, die Erwartungshaltung und das Vorwissen sind hier klar von Vorteil.

""Once upon a time in Hollywood" ist im Grunde nur ein Streich gegenüber den Zuschauern"

Daran anknüpfend, weil es gut passt: OUATIH ist gleichzeitig auch ein Streich gegen jene Zuschauer und Kritiker, die ihm ständig Gewaltverherrlichung vorwerfen und nicht zwischen realer und filmischer Gewalt unterscheiden (können). Der Zuschauer erwartet das Abfilmen des real existenten, bestialischen Mordes an der hochschwangeren Sharon Tate und ihren Freunden - um sich zu ekeln, um sich zu ergötzen oder Ähnliches. Zugleich wird die Manson-Kommune im Film als Reaktion auf das Hollywood dargestellt, welches Kindern (die speziell hier nun junge Erwachsene sind) Gewalt, Kriminalität und Mord im Kino und TV anerzieht. Die Manson-Kommune möchte diesem Hollywood die eigene Medizin zu schlucken geben, Tarantino schreitet jedoch ein und wirkt dem entgegen, indem er den Manson-Killern Cliff Booth entgegenstellt, der selbst auf Drogen mit ihnen noch locker kurzen Prozess macht.


Was hier aufgrund der Diskussion verständlicherweise, aber leider untergeht: Tarantinos Herausarbeiten der Wesenhaftigkeit des Schauspielerberufs und des Schauspielens an sich sowie das Hervorheben des Stuntdoubleberufs in Anbetracht der mangelnden Aufmerksamkeit in der öffentlichen Wahrnehmung.

"Dit is einfach kleinlich, weeste? Kleinjeld macht kleinlich, Alter. Dieset Rechnen und Feilschen und Anjebote lesen, Flaschenpfand, weeste? Dit schlägt dir einfach auf de Seele."

Avatar
Silencio : : Moviejones-Fan
16.12.2019 20:25 Uhr
0
Dabei seit: 17.08.17 | Posts: 2.418 | Reviews: 54 | Hüte: 290

luhp:

Wenn du "als Reaktion auf" im Sinne von "Die Mansons im Film suchen eine Rechtfertigung" meinst, stimm ich dir zu, anderenfalls müssen wir diesen kleinen Unterschied über zwölf Seiten diskutieren!

"I am not fucking around here, I believe a well-rounded film lover oughta have something to say about Jean-Luc Godard and Jean-Claude Van Damme."

-Vern

Avatar
MB80 : : Black Lodge Su
16.12.2019 22:45 Uhr | Editiert am 16.12.2019 - 22:45 Uhr
0
Dabei seit: 01.06.18 | Posts: 2.919 | Reviews: 44 | Hüte: 261

Puh-uh-uh...

Sorry Moby, die Kritik ging gut runter, aber in der Diskussion bin ich da bei deinen Kontrahenten hier. Ich werde da als zu spät dazu gestoßener jetzt auch nix nochmal doppeln oder neu aufkochen wegen einem Nebensatz, nur fiel mir auf dass du dich sehr auf die Darstellung von den Hippies einschießt. So, Rick als Repräsentat vom "classic Hollywood" schimpft vielleicht gegen alle Hippies, aber Tarantino kanalisiert seine Wut gezielt gegen die Manson Family, die ja mit richtigen Hippies weniger Schnittpunkte hatten.

Und deshalb fällt auch die mögliche pro-old-Hollywood Interpretation eigentlich vom Tisch, da Rick am Ende zwar gewinnt, aber nur in unserer "so läuft ein happy End" Konditionierung. Denn den Wandel in der Filmindustrie wird diese Tat nicht ändern können, ohne den "was wirklich geschah" Kontext hat er in der Welt ja nur ein paar Einbrecher abgewehrt (ich habe in meiner Kritik zum Glück ambivalenter "Hollywood erfindet sich einfach neu" geschrieben, puh!).

Dafür habe ich die Godard zitierende Szene in meiner Kritik angesprochen, ohne den zitierten Film ("Ausser Atem") vorher gesehen zu haben. Aber ratet mal, was ich mir zu Weihnachten schenke tongue-out

"Fanatical legions worshipping at the shrine of my father’s skull."

MJ-Pat
Avatar
luhp92 : : BOTman Begins
16.12.2019 23:14 Uhr
0
Dabei seit: 16.11.11 | Posts: 17.420 | Reviews: 180 | Hüte: 635

@Silencio
Natürlich in dem Sinne, dass die Manson-Kommune das so sieht. Nicht in dem Sinne, dass Tarantino das ebenfalls so sieht und in die Richtung hin inszeniert.

@MB80
"Aber ratet mal, was ich mir zu Weihnachten schenke"

Aufgrund eines Tippfehlers kommt jetzt ein Film von Drew Goddard tongue-out

"Dit is einfach kleinlich, weeste? Kleinjeld macht kleinlich, Alter. Dieset Rechnen und Feilschen und Anjebote lesen, Flaschenpfand, weeste? Dit schlägt dir einfach auf de Seele."

Avatar
MobyDick : : Moviejones-Fan
16.12.2019 23:33 Uhr
0
Dabei seit: 29.10.13 | Posts: 7.688 | Reviews: 254 | Hüte: 620

Kayin:

Erstmal vielen Dank für den Hut :-)

MB80:

Eigentlich hatte ich ja jetzt nicht mehr groß vor, in dieser Diskussion mitzumischen, da es gerade in eine ganz falsche Richtung ausratet und mir etwas groß angekreidet wird, was ich als einen von zig manigfaltigen Deutungsmöglichkeiten nur in Erwägung ziehe. Und nebenbei noch deutlich andere Aspekte aufgreife. Zumal ich sehr sehr deutlich mache, dass die Bewertung nicht nur den Film per se wider spiegelt sondern eine ganzheitliche Betrachtung ist. Daher der einzige Grund warum ich jetzt noch was schreibe ist der, dass du meinen Verdacht wie diskussion ausgeartet ist erhärtest, indem du mir die Hippiethematik auch wichtiger machst als aich es meinte. Ich schreibe dazu sogar wortwörtlich in meinem Review: "wenn auch in diesem fall sicherlich recht ungewollt"

und damit zu

Silencio (and all others):

Nicht böse verstehen, aber ich muss glaube ich etwas deutlicher werden, was ich meine, ohne noch weiter in irgendeine Ecke gedrängt zu werden.

Dasselbe wie bei MB 80, und zusätzlich: Eigentlich ist es etwas schwierig, wenn ich eine Argumentation mit Beispielen anführe für verschiedene Deutungsmöglichkeiten, und die Diskussion versuche damit auch recht offen zu halten, und mir ständig recht ungreifbar nur entgegnet wird, dass sich Tarantino dem gewohnten Narrativ entzieht und ich es deshalb nicht verstanden haben soll. Wenn du meine Kritik genau liest, und es nicht nur ums Recht haben geht (was mir ein bißchen trotzdem so vorkommt), dann kannst du sehr wohl lesen, dass ich diese Aspekte sehr wohl aufgreife und würdige, sogar die Situation mit der ins Leere gehenden Spannungsschraube und dem Inhalt, daher auch Vergleiche zu Dolce Vita und anderen großen Filmen in meiner Kritik. Aber um es noch einmal ganz deutlich zu machen, was ich auch schon vorher deutlich gemacht habe, es geht mir hier nicht um diesen Film bei dieser Bewertung, es geht mir nicht um Deutungsmöglichkeiten oder nicht - deshalb finde ich auch die unnötig aus dem Ufer gelaufene Hippiediskussion so leidig, weil ich in eine Ecke manövriert werde, ohne dass ich es 100% so wahrnehme oder meine sondern nur eventuel problematische Ansätze hervorhebe (Wortklauberei und so). Ich sage auch mehrfach, dass man gerade über diesen Film ganze Dissertationen schreiben kann, weil er ohne viel zu erzählen eben sehr viel macht.

ABER Tarantino wiederholt sich, er dreht sich im Kreis und er zelebriert dies. An dieser Aussage werde ich nicht rütteln. Und für mich steht das fest. Bei aller Klasse, wenn ich die anderen Filme - auch schlechtere als diesen - eben wegen seiner filigranen Arbeit höher bewertet habe, und das habe ich sicherlich, dann ist das jetzt der Film, der als Ausgleich mal eine Watsche bekommt.

Da können wir uns über den einen oder anderen marginalen Punkt gerne zu Tode quatschen und du kannst mich wieder argumentativ in eine bestimmte Ecke verfransen und mir gerne nichtvorhandene Beispiele um die Ohren hauen als Beweis, was aber nur weil du es so nennst, nicht unbedingt ein Beweis ist, sondern lediglich ein Indiz für unsere uneinigkeit ineinem Punkt, aber gerade um solche Sachen geht es mir hier eben nicht.

Ich denke, dieses Detail bzw. diese Kritik ist nicht ganz verstanden worden?

Wer weiss das schon :-D

Dünyayi Kurtaran Adam
Avatar
MB80 : : Black Lodge Su
16.12.2019 23:55 Uhr
0
Dabei seit: 01.06.18 | Posts: 2.919 | Reviews: 44 | Hüte: 261

MobyDick:

Jetzt nicht angefressen sein, es ist ja auch zu mehr Punkten was gesagt worden und ich wollte nix wiederholen, also hab ich mir nen Punkt rausgesucht (bzw. zwei) zu dem mir noch was einfiel.

"Fanatical legions worshipping at the shrine of my father’s skull."

1 2
Neues Thema
AnzeigeY